Welturaufführung: Das symphonische Blasorchester des Musikverein Rettigheim mit Vocalmania begeistern mit dem Werk "Calling All Dawns" in der St. Maria-Kirche in Stuttgart. Foto: Lück

Gotteslob mit Posaunen. Doch was ist, wenn die himmlische Geige fehlt? Diese Frage haben Vocalmania und der Musikverein Rettigheim beantwortet. Mit einer genialen Welt-Uraufführung.

Horb/Stuttgart/Rettigheim - Die Sankt-Maria-Kirche an der Tübinger Straße in Stuttgart. Eine Welturaufführung kurz vor Ende des Katholikentags. Vocalmania Horb mit dem Musikverein "Eintracht" Rettigheim und dem italienischen Chor aus Villimpenta.

Die Aufgabe: Die Grammy-prämierte Komposition "Calling All Dawns" von Christopher Tin, die Vocalmania 2016 schon in Horb aufgeführt hatte, Diesmal aber ohne Streicher, dafür nur mit Bläsern.

Oliver Eschelbacher, Vorsitzender des Musikvereins Rettigheim: "Ich habe den Komponisten angeschrieben, ob er mir einen Satz für ein symphonisches Blasorchester schreiben kann. Mein Argument war: Es gibt so viele Musikvereine – so kann man die Komposition in die Breite bringen!"

Akteure haben nur dreimal zusammen geprobt

Das musikalische Problem – knifflig. Eschelbacher: "Blasmusik ist viel lauter als Geigenmusik." Vocalmania-Leiter Rolf Wiechert: "Die Bläser singen sozusagen durch das Mundstück in ihr Instrument. Damit besteht die große Gefahr, dass sich die Musik überlappt. Die Geigenmusik ist eine Quinte tiefer – da sind die Chorfrequenzen und die Orchester-Frequenzen deutlich differenzierter."

Kann das klappen? Die Akteure haben nur dreimal zusammen in der Musikakademie in Plochingen geprobt. Dann geht’s los. Und – siehe da: Querflöte, Klarinette und auch das Saxofon können die himmlischen Geigen ersetzen. Fröhlich jubilieren.

Konzertbesucher bringen Holzboden zum vibrieren

Die Gotteslob-Posaunen, die Tubas bilden den Klangteppich – und wenn der Trichter vibriert, braucht es keine Bassgeige. Fein, fröhlich, aber auch mächtig umschmeichelt das symphonische Blasorchester den feinen Chorgesang. Nie zu dominant.

Kein Wunder, dass die Zuhörer nach dem gut 50 minütigen Konzert laut Bravo rufen. Mit den Füßen den Holzboden zum vibrieren bringen. Vocalmania-Leiter Rolf Wiechert: "Das war grandios – obwohl wir nur dreimal zusammen geprobt haben."

Musikverein Rettigheim-Vorstand Oliver Eschelbacher: "Wir sind sehr zufrieden. Wir haben es geschafft, die Epik der Musik auf die Bühne zu bringen. Damit unsere Spieler genau das richtige Maß finden, haben wir uns nicht nur mit der Musik beschäftigt, sondern auch intensiv mit den Geschichten. Der Ausdruck, der Klang zeigt – das hat funktioniert. Wir freuen uns schon darauf, das Werk mit Vocalmania am 24. Juli in unserer Sankt Nikolaus Kirche aufführen zu können."

Calling all Daws. Chor und symphonisches Blasorchester. Der Musikverein Rettigheim hat bewiesen, wieviel "Soul" in ihm steckt. Und Vocalmania, dass sie wieder da sind. Und wie!