Tarzan schwingt nach Stuttgart. Foto: Stage

Ab dem 21. November gibt es Dschungel-Action im Stuttgarter SI-Centrum: Dann kommt das Musical „Tarzan“ auf die Bühne. Das Ensemble nimmt derzeit noch Flugstunden im Hamburger „Tarzan“-Theater Neue Flora.

Hamburg/Stuttgart - Der echte Tarzan hat von den Affen gelernt. Gian Marco Schiaretti, demnächst in Stuttgart der Musical-„Tarzan“ lernt es von Angela Phillips, einer Engländerin. „Grab the liana and then take off – schnapp dir die Liane und dann heb ab“, ruft sie dem nächsten Herrn des Bühnen-Urwalds zu. Schiaretti nickt konzentriert, greift das Seil und hebt ab. Mit der Zottelfrisur sieht das alles schon recht ordentlich aus, bis – ja bis er die Ausgangsluke verpasst und gegen die gepolsterte Wand im Theater Neue Flora in Hamburg donnert. Blaue Flecken sind dabei inklusive.

Das Musical „Tarzan“ ist, zumindest im Teil vor der Pause, eine einzige Luftnummer. Dafür nehmen Schiaretti und auch die anderen Mitglieder des Stuttgarter Ensembles derzeit in Hamburg tagsüber Flugstunden, während abends in der Show manchem Besucher der Atem stockt. Denn nicht nur Tarzan schwingt über den Köpfen des Publikums durchs Theater, jede Menge als Affen verkleidete Darsteller vollführen waghalsige Flugmanöver und singen auch noch dazu. Wer unter Höhenangst leidet, hat in dem Stück keine Chance auf einen Job. Für das fantastische Moment sorgen übergroße durch den Besucherbereich schwebende exotische Pflanzen, deren Blüten sich ebenfalls per Seiltechnik öffnen.

Hunderte Seile halten Tarzan in der Luft

Um den Zuschauern glauben zu machen, sie seien tatsächlich Teil der Urwald-Action, bedarf es eines gewaltigen technischen Aufwands. Hinter der Bühne der Neuen Flora offenbart sich ein Gewirr aus Hunderten Seilen aus Stahl oder Kunststoff, die von einer Spezialkonstruktion gehalten werden. Im Dunkel unter der Theaterdecke sind Absprungrampen versteckt. Der höchste Punkt des Geschehens befindet sich bei rund 17 Metern. Für die Technik, ohne die sich die Sprünge nicht koordinieren lassen, wurden Materialien aus der Flugzeugtechnik verwendet.

Denn schief gehen darf nichts. „Einmal pro Woche erfolgt ein kompletter System-Check“, sagt Bühnenmeister Rüdiger Sothmann. Die Seile würden täglich überprüft. „,Tarzan‘ ist das technisch anspruchsvollste Musical in Deutschland“, sagt Sothmann – und übertreibt dabei vermutlich nicht einmal. So genannte Caller geben während den Shows die Kommandos zum Abheben. Diese überwachen sich gegenseitig. Bei einer technischen Panne wird die entsprechende Sequenz nicht geflogen.

Dass der Musical-Konzern Stage Entertainment „Tarzan“ einmal an einem andern Ort spielen würde als Hamburg, sei ursprünglich nicht geplant gewesen, sagt Johannes Mock-O’Hara. Der Stage-Deutschland-Chef räumt ein, „dass die Show eigentlich als unumziehbar galt“.

Der Affe im Mensch

Nun der Wechsel – nach Stuttgart ins Apollo-Theater. Die Musical-Bühnen im SI-Centrum sind rund 20 Jahre alt und wurden vom einstigen Musical-König Rolf Deyhle großzügig konzipiert. Sie sind mithin also dafür geeignet, dass man in ihnen einen künstlichen Dschungel installieren kann.

Dies geschieht angesichts der technisch komplizierten Show unter einem gewaltigen Zeitdruck. Der letzten Vorstellung in Hamburg am 2. Oktober folgt die Premiere in Stuttgart schon am 21. November. Gearbeitet wird dann in 24-Stunden-Schichten, sagt Sothmann. Darsteller und Bühnenmannschaft müssten innerhalb kürzester Zeit eingewiesen werden. Am wenigsten Probleme haben damit offenbar die um die zehn Jahre alten Buben, die Tarzan als Kind darstellen. „Die haben am meisten Bock aufs Fliegen“, berichtet der Bühnenmeister. Irgendwo sind wir Menschen wohl alle ein bisschen Affe.