Die Waagensammlung von Martin Sauter, dem Seniorchef der Balinger Waagenfabrik Kern & Sohn, gehört nun dem Waagenmuseum – anlässlich der Schenkung referiert Sauter zu Haus-, Elektro- und Mostwaagen.
Martin Sauter hatte 2005 dem Balinger Waagenmuseum seine umfangreiche Sammlung an historischen Waagen als Leihgabe überlassen. Vor wenigen Tagen wurde im kleinen Sitzungssaal im Balinger Rathaus der Schenkungsvertrag unterzeichnet, so dass diese Sammlung sich nunmehr komplett im Waagenmuseum der Stadt befindet.
„Das ist eine sehr großzügige Schenkung mit einem hohen materiellen Wert, die für die Stadt Balingen sehr erfreulich ist und die wir gerne der Öffentlichkeit präsentieren möchten“, meinte Balingens Oberbürgermeister Dirk Abel. Im Anschluss referierte Sauter zum Thema „Balingen – die Waagenstadt“. Musikalisch wurde der Vortrag von den „Saxo maniacs“ der Jugendmusikschule Balingen umrahmt.
Waagenindustrie als Säule der Stadt
„Wir sind stolz darauf, dass wir deutschland- und vermutlich auch europaweit die wichtigste Waagenstadt sind. Dieser Industrie hat Balingen viel zu verdanken und sie war immer eine Säule, die viele Arbeitsplätze mit sich brachte und immer noch bringt, da wir mit Kern & Sohn und Bizerba zwei Großunternehmen haben, die immer noch in diesem Bereich vertreten sind“, sagte Abel.
In seinem Vortrag ging Sauter vor allem auf die Person Philipp Matthäus Hahn ein, der unter anderem mit seiner „Hahn´schen Waage“, die er als „bequeme Hauswaage“ bezeichnete, für Furore sorgte. Diese war eine automatische Waage, bei der das Gewicht an einer Skala direkt abgelesen wurde. Im Gegensatz zu vorherigen Waagen mussten keine Steine zum Abwiegen mehr benutzt werden.
Das strenge Eichgesetz in Deutschland bremste die Waagenmacher aus
Andreas und Johannes Bitzer setzten die Arbeit von Hahn fort, ehe das Bruderpaar die Firma 1906 an Professor Wilhelm Kraut verkaufte, der mit seiner „Bizerba“ genannten Neigungs-/Schaltgewichtswaage weltweit einen laut Sauter „absoluten Volltreffer“ landete, nicht aber in Deutschland, wo er durch das „strenge Eichgesetz“ ausgebremst wurde.
Irgendwann sei laut Sauter aber der Siegeszug der Elektronik nicht mehr aufzuhalten gewesen, so dass 1965 bei Bizerba die elektronische Ladenwaage und 1981 die vollelektronische Ladenwaage jeweils mit Digitalanzeige ins Sortiment aufgenommen wurde. Auch die Erfolgsgeschichte von „Kern & Sohn“ ist auf Hahn zurück zu führen, der sich auch für die Erfindung der allgemeinen hydrostatischen Waage verantwortlich zeigte, mit der Flüssigkeiten in bemerkenswerter Genauigkeit gemessen werden konnten.
Je mehr Zucker desto besser
Die dritte große Erfindung von Hahn war die Aräometer genannte Most- und Weinwaage von 1780, von der trotz intensiver Suche kein Original mehr zu finden war, allerdings wurde ein Aräometer nach Originalzeichnung nachgebaut, der am Donnerstagabend in den Besitz des Waagenmuseums überging. „Mittels Beschwerungsgewichten wurde der Zuckergehalt nachgemessen. Je mehr Zucker im Most sich befand, desto qualitativ besser war dieser und von daher herrschte das Motto: „Der schwerste Most gibt den gestrecktesten Wein“, erörtert Sauter. „Durch die Waagenindustrie waren in Balingen und Umgebung sehr viele hochqualifizierte Mechaniker vor Ort, so dass auch die Werkzeugbau- und die Metallindustrie und in Hechingen die Medizintechnik florierten“, ergänzte Sauter.