Ein Gastspiel in der Ebinger Festhalle haben Wolfgang Heyer und Barny Bitterwolf im Rahmen Albstädter Literaturtage gegeben. Es wurde, wen wundert’s, viel gelacht und auch gesungen; das Motto lautete "Mundart".
Albstadt-Ebingen - Eigentlich scheut der Schwabe ja die große Bühne, zurückhaltend und bescheiden, wie er von Haus aus ist. Aber wenn alle mitmachen, wie in der Ebinger Festhalle geschehen, dann kann es schon mal passieren, dass er aus sich herausgeht – so richtig heraus.
Dabei war das gemeinsame Singen noch die einfachste Übung. Barny Bitterwolf, der oberschwäbische Barde, hatte allerlei Instrumente mitgebracht und forderte gleich zu Beginn alle auf, das gendergerechte schwäbische Begrüßungslied "Griaß Gott mitenand" mitzusingen – er selbst begleitete den munteren Gesang auf dem Piffel, dem schwäbischen Hütehorn. Anschließend stimmte er das schwäbische Lied vom "Apparat" an, für das er zum Akkordeon griff, und die Gitarre kam bei einer Tanzmelodie aus der Barockzeit – der Titel lautetet "Annegret" – zum Einsatz.
Von der Relativitätstheorie zum Zungenbrecher
Bis dahin war alles ruhig und beschaulich geblieben – schwäbisch eben. Doch nun griff Wolfgang Heyer, seines Zeichens schwäbischer Poetryslammer, ins Geschehen ein, und damit nahm es eine gewisse Rasanz an. "Radikal cool" findet Heyer das Schwäbische: Schlag auf Schlag stellte er die unterschiedlichsten schwäbischen Begriffe vor, übertrug Sätze von weltgeschichtlicher Bedeutung in den Dialekt – Einsteins Relativitätstheorie wird dabei zu einem schlichten und ergreifenden "Ach, rutsch mr doch de Buckel na" – und gab den Pfandflaschensammler-Rap zum Besten. Ein Kapitel für sich sind Flüche und Schimpfwörter – das Spektrum reichte vom Lombeseggel bis zum Pfennigfuchser – , und dann gibt es ja auch noch, und nicht erst seit Mörike, den schwäbischen Zungenbrecher. Das Publikum ließ sich, nach Beispielen gefragt, nicht lange bitten.
Eine Luftpumpe als Korkenkanone
Auch die Besonderheiten der schwäbischen Küche wurden beleuchtet – Most, Dennede, Maultasche und Spätzle, alle kamen sie zu ihrem Recht. Und dann waren da noch die schwäbischen Volksweisheiten: "En halber Schofseckel isch no lang koi Vollpfoschda." Richtig ausgelassen wurde die Stimmung, als unverhofft die beiden Geburtstagskinder Petra und Edgar aus dem Publikum auf die Bühne durften, um beim Lied über den Leberkäs zu assistieren. Wenn Bitterwolf seine Rassel am Fuß schellen ließ, schoss Petra mit der Luftpumpe Weinkorken in die Menge, und Edgar lud sogleich wieder nach – amüsant und sehr verbindend, wie Bitterwolf wiederholt anmerkte. Danach blies er die schwäbische Sackpfeife, und Kulturamtsleiter Martin Roscher schlug dazu die Pauke respektive Landsknechttrommel.
HDS – das Hochdeutschdefizitsyndrom
Das Publikum blieb gefordert – zwei Gäste mit Namen Hans-Martin (Haller) und Holger mussten sich eine Mannschaft zusammenstellen und deren Mitglieder mit Großbuchstaben auf Brust und Rücken Worte bilden, die ihnen zugerufen wurden – hier blieb kein Auge trocken. Der Kehrvers "Dätsch du de Datschi deule" wurde im Chor skandiert und erwies sich als Heiterkeitserfolg. Wolfgang Heyer veranstaltete ein Quiz mit tiefsinnigen Zitaten – Beispiel: "Ich grüße meine Mutter und meinen Vater und vor allem meine Eltern" – , und am Ende kam man überein, dass Schwaben zwar am HDS, dem Hochdeutschdefizitsyndrom, leiden, dass ihnen so ein Unfug aber nicht von den Lippen geht.