Rückkehr an alte Wirkungsstätte: der Olympiapark in München Foto: IMAGO/Andreas Haas/IMAGO/Andreas Haas / imago images

Von Donnerstag an finden in der bayerischen Landeshauptstadt Europameisterschaften in neun Sportarten statt – im Olympiapark, wo vor 50 Jahren die Sommerspiele ausgetragen wurden. Vielleicht macht die Großveranstaltung wieder Lust auf eine deutsche Bewerbung beim IOC.

Die Olympischen Spiele 1972 in München sind in mehrfacher Hinsicht unvergessen. Überschattet wurden sie von dem entsetzlichen Attentat am 5. September, bei dem elf israelische Athleten von Mitgliedern einer palästinensischen Terrororganisation zunächst als Geiseln genommen und dann ermordet wurden. Die Spiele wurden nach einem Trauertag dennoch fortgesetzt. Aber es gab auch diese schönen Momente: das farbenfrohe Spektakel auf dem Olympiagelände, das ein architektonisches Meisterwerk ist. Und es gab diese Helden des Sports: den US-Schwimmer Mark Spitz etwa mit seinen sieben Goldmedaillen und aus deutscher Sicht Sportgrößen wie Ulrike Meyfarth und Heide Rosendahl.

Sport im Herzstück Münchens

Das ist 50 Jahre her, und weil das so ist, hatte sich München auf die European Championships beworben – den Europameisterschaftsmarathon, der am Donnerstag beginnt. Der Olympiapark ist das Herzstück des Events, im altehrwürdigen Olympiastadion finden die Leichtathletik-Wettbewerbe statt. Bis 21. August treten mehr als 4700 Spitzensportlerinnen und -sportler in Leichtathletik, Beachvolleyball, Kanu-Rennsport, Klettern, Radsport, Rudern, Tischtennis, Triathlon und Turnen gegeneinander an – und kämpfen um Ruhm und Ehre. Nach Glasgow, wo 2018 schon einmal solch ein Sammelsurium von EM-Wettbewerben ausgetragen wurde, bekommt jetzt München sein Mini-Olympia. Und wird sich erinnern an die Spiele vor 50 Jahren.

Ist das der Testlauf für Deutschland als Olympia-Gastgeber? Wird sich das Land irgendwann wieder bewerben? So weit wird noch nicht gedacht, wenn unter dem Zeltdach des Olympiastadions gelaufen und gesprungen wird, Radsportler durch den Olympiapark den Medaillen nachjagen oder sich die Ruderer auf der Regattastrecke von 1972 messen. Es könnte aber sein, dass ein gutes Gelingen dieser Mehrfach-EM in Deutschland wieder eine etwas wohlwollendere Olympiadebatte entfacht. „Das Beispiel München kann auch dazu beitragen, Akzeptanz und Zustimmung für das Thema Olympia in unserem Land zu stärken“, sagt Thomas Weikert, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB).

Lust auf mehr?

Vielleicht macht Münchens EM-Fest 2022 am Ende ja wieder Lust auf mehr. Gescheiterte Bewerbungen gab es nach 1972 jedoch zuhauf, meist schon nach Bürgerbefragungen. Berchtesgaden (für die Spiele 1992) und München (2018 und 2022) scheiterten mit ihrem Vorhaben, Winterspiele auszurichten. Für Sommerspiele bewarb sich Berlin für das Jahr 2000 erfolglos, kam Leipzig für 2012 nicht einmal in die Finalrunde des IOC, scheiterte Hamburg für 2024 am Bürgerentscheid und wurde Rhein-Ruhr für 2032 schon aussortiert, bevor die Bewerbung abgeschickt werden konnte.

Der Sport abseits des Fußballs soll in den Fokus gerückt werden – das ist zunächst einmal das primäre Ziel dieser Münchner Multi-EM, bei der 177 Goldmedaillen in neun Sportarten verteilt werden. Das Fernsehen wird viele Stunden live übertragen. Die ARD will 300 Stunden auf Sendung sein, auch das ZDF ist im Boot, die öffentlich-rechtlichen Sender wechseln sich ab. Endlich mal wieder Rudern, Turnen und Leichtathletik satt – das mag sich der Sportfan denken, der nicht nur auf Fußball geeicht ist.

Nicht nur Fußball

Die Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo, deren Start in München wegen einer Covid-19-Infektion noch unsicher ist, hält die Veranstaltung für ein ganz wichtiges Zeichen. „Die Sportnation Deutschland kreist vor allem um eine Sportart. Das ist natürlich schade, weil Sport mehr ist als nur Fußball“, sagt sie.

Die Freude auf die Tage in München ist derweil groß. „Das passt wunderbar zusammen: eine Multisportveranstaltung 50 Jahre nach den Olympischen Spielen“, betont Marion Schöne, die Chefin des Olympiaparks und des Organisationskomitees der European Championships ist. Leicht war es ja nicht, das größte Sportfest in Deutschland seit den Sommerspielen 1972 zu bekommen – Schöne spricht von einer „zähen Angelegenheit“. Nicht zuletzt wegen der Finanzierung, aber auch, weil es Bedenken vom Innenministerium, vom DOSB und von Verbänden gab. „Erst hieß es, wir sollen in ein paar Jahren wiederkommen, aber dann wäre das 50-Jährige ja vorbei gewesen“, sagt Marion Schöne. Zum Glück hätten dann aber doch noch alle Ja gesagt zu München 2022.