Viele Tipps in Sachen Nachhaltigkeit hat Rudolf Reim (rechts) bei seiner „Schmutzigen Stadtführung“ parat. Foto: Martina Zieglwalner

Mit Rudolf Reim geht es in Villingen auf eine „schmutzige Stadtführung“ mit Mehrwert für Mensch und Natur. Beim gemeinsamen Sammeln von Müll gibt es Ideen für ein nachhaltiges Leben zu entdecken – und jede Menge Tipps für den eigenen Alltag.

Unmengen von Zigarettenkippen liegen rund um Sitzbänke, an der nächsten Ecke dreckige Taschentücher oder einfach neben dem Abfalleimer entsorgte Plastikverpackungen. Flugs mit der Zange aufgegriffen, landet der Unrat in den Beuteln. Mit dem Blick am Boden geht es durch die Villinger Innenstadt, um dem Müll zu Leibe zu rücken – und gleichzeitig Tipps für ein nachhaltiges Leben zu bekommen.

 

Unter dem Motto „Schmutzige Stadtführung mit Sack und Zange“ macht sich Rudolf Reim mit einer Gruppe auf einen Streifzug, erzählt vom Abfall und seiner Beseitigung, hat auch jede Menge Ratschläge parat, um im täglichen Leben nur wenig oder erst gar keinen Müll zu produzieren. Er nutzt die fünften „Schwarzwald CleanUP Days“ der Schwarzwald Tourismus GmbH und des Vereins Patron, um die Werbetrommel für eine seiner Herzensangelegenheiten zu rühren: die Nachhaltigkeit.

Herter handelt nachhaltig

Dass dieser Begriff schon im 18. Jahrhundert eine Rolle spielte und Müll mit nicht mehr weiter verwertbaren Resten erst mit der Industrialisierung entstand, stellt der Stadtführer an den Beginn seines Rundgangs, um für das Thema zu sensibilisieren. Eigentlich stehe ja schon der Herter für diese Idee, habe er als Viehhirte doch Sorge tragen müssen, dass die Weidetiere vor den Toren der Stadt nicht alles abgrasten, die Wiesen sich erholen und weiter als Futterquelle dienen konnten, verdeutlichte Reim am Denkmal in den Anlagen.

Dieser sorgsame Umgang mit der Umwelt scheint heute vielen nicht mehr wichtig zu sein, wie sich auch für Miriam Steup von den City-Cleaners Schwarzwald-Baar-Kreis immer wieder zeigt. Rasch füllen sich die eigens für Zigarettenstummel mitgebrachten Gefäße, sogar der Verdampfer einer E-Zigarette, der nichts im Haushaltsmüll zu suchen hat, sondern in den Elektronikschrott gehört, findet sich mitten auf dem Weg. Inakzeptabel für die Umweltaktivistin, da diese Überreste die Umwelt samt dem Grundwasser durch Gift und Mikroplastik belasten.

Wie Zigarettenkippen die Umwelt belasten, erläuterte Miriam Steup von den City-Cleaners Schwarzwald-Baar-Kreis. Foto: Martina Zieglwalner

Überhaupt füllen sich die Säcke zusehends mit den Hinterlassenschaften argloser Zeitgenossen. Schon länger gehe er regelmäßig auf Tour, um Müll einzusammeln, erklärt Reim, zunächst an seinem früheren Wohnort im Kurgebiet. In Zusammenarbeit mit dem Landratsamt sei daraus das Konzept der Landschaftspaten entstanden. An die 30 Mitstreiter gebe es inzwischen, die über diese Urkunde berechtigt seien, die gesammelten Abfälle an bestimmten Stellen zu entsorgen.

Doch Reim will mit der Führung nicht nur weitere Paten gewinnen, sondern auch die Augen für den sparsamen Umgang mit Ressourcen öffnen. Er habe früher selbst viel konsumiert und Unmengen weggeschmissen, gibt er zu. Vor einigen Jahren habe er sich mit den daraus entstehenden Problemen befasst, seinen Lebensstil verändert und sich von Überflüssigem befreit.

Reparatur statt Tonne

In der Villinger Innenstadt gebe es jede Menge Beispiele, wie sich Ressourcen schonen lassen, betont Reim und zeigt den zehn Teilnehmern einige nachhaltige Geschäftsmodelle. Beispielsweise die Bäckerei Beha, bei der die Regale abends leer seien, denn Bäckermeister Manuel Beha produziere eben nicht wie andere Betriebe bis zum Schluss neue Ware, oder auch Gabi Beitz von der Schuhmacherei Keller und Wilhelm Felde mit seinem Schuh- und Schlüsseldienst, die sich beide der Reparatur und damit der Langlebigkeit von Produkten verschrieben hätten. Auch beim Einkauf auf dem Wochenmarkt und im Unverpacktladen falle kein Verpackungsmüll an.

Da bringt Reim sogar unsere Zeitung ins Spiel, die sich zum Verpacken von Gemüse und Geschenken ebenso eignet wie zum Putzen oder Basteln. Gerade die drei Jungs, die bei der Führung dabei sind, haben manch einen Vorschlag, was sich mit einer Zeitung alles anstellen lässt. Überhaupt beteiligen sie sich voller Spaß, nicht zuletzt an den Rätseln, zumal Preise für die Lösung winken.

Fülle an Informationen

Aber auch die Erwachsenen folgen dem aus Franken stammenden Stadtführer begeistert, erfahren anhand von Wandgemälden, wie nachhaltig das Tragen von Trachten war, oder gewinnen einen Einblick in das Engagement der Foodshare-Bewegung, der sich Reim angeschlossen hat, um Lebensmittel vor der Tonne zu retten. Und keiner wusste wohl, dass die Stadt erst vor 100 Jahren den ersten Pritschenwagen kaufte, um die Entsorgung des Mülls zu organisieren.

Eine ganze Fülle an Informationen hat Reim parat. Nach zwei Stunden sind nicht nur die Beutel reichlich gefüllt, sondern auch das Bewusstsein für Recycling geweckt. Und auf dem Heimweg sticht einem an jeder Ecke achtlos entsorgtes Plastik oder Papier ins Auge.

Weitere Führungen

Altes Handwerk
Zwei weitere von Rudolf Reim konzipierte Führungen durch Villingen sind die Bierstädtetour zusammen mit Biersommelier Karl Fleig und die mit Bäckermeister Manuel Beha organisierte Brotstädtletour samt Besuch in der Backstube. Für Terminanfragen und Anmeldungen steht die Tourist-Information im Franziskaner Kulturzentrum in der Rietgasse 2, Telefon 07721/82 23 40 und E-Mail tourist-info@villingen-schwenningen.de zur Verfügung

Schwenninger Geschichtswoche
Vorträge und Führungen rund um die Geschichte der Region gibt es von Samstag, 17. Mai, bis Samstag, 24. Mai. Eine Führung „Auf den Spuren der Zeit“ bietet Rudolf Reim am Dienstag, 20. Mai, an. Treffpunkt ist um 17 Uhr an der Neckarhalle. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.