„Moulin Rouge“ ist in Deutschland derzeit das neueste Musical. Am 6. November feierte es im Kölner Musical Dome Premiere. Giovanni Zarrella aus Hechingen (Zollernalbkreis) ist Botschafter.
Die beiden Hauptdarsteller Sophie Berner (38) als Satine und Riccardo Greco (35) als Christian erklären im Interview, was das Besondere an Moulin Rouge ist – und wieso sich selbst eine Reise aus dem fernen Südwesten nach Köln lohnt.
Erst die Premiere, dann der Aufritt bei „Wetten, dass..?“: Bei euch jagt ein Highlight das nächste…
Riccardo Greco: Es passiert so viel. Es ist alles ein bisschen surreal. Bei den Proben waren wir in einem geschützten Raum, niemand außer uns hatte Einblick. Plötzlich geht die Tür auf, die Menschen, die Presse, der ganze Rummel um unser Musical – das ist überwältigend.
Sophie Berner: Wir werden gerade durch den Hype getragen. Wir haben drei Monate geprobt, wirklich hart gearbeitet. Unsere Erleichterung ist groß, dass die Menschen das Musical annehmen.
Das englische Original von Moulin Rouge gibt es schon länger. Wie groß ist der Druck, das Stück zumindest in Teilen einzudeutschen?
Sophie Berner: Das war eher schön, weniger ein Druck. Wir hatten die Chance, eine eigene Version zu finden, wir mussten nichts nachahmen. Selbst kreativ zu werden, das hat Spaß gemacht.
Riccardo Greco: Unser gesamtes Team musste sich neu finden, alle kannten Moulin Rouge nur aus London oder New York. Diesen Prozess zu erleben und zu gestalten, war sehr schön.
Was bedeuten euch die Rollen als Hauptdarsteller?
Sophie Berner: Ich bin seit 15 Jahren in dem Business, für mich ist Moulin Rouge die größte Produktion, die ich je gemacht habe. In der Gesamtheit ist es auch die perfekteste Produktion. Hochwertigste Kostüme, das Bühnenbild, die Lichttechnik der Saal…
Riccardo Greco: …So mittendrin im Geschehen, das gibt es vermutlich nur an ganz wenigen Orten auf der Welt. Als ich das erste Mal das ganze Rot im Saal gesehen habe, habe ich die Kinnlade nicht mehr zubekommen. Das wird der meistfotografierte Theatersaal Deutschlands. Auch von der Bühne aus ist der Blick großartig, mit dem Elefanten, der Mühle – das muss ich als Schauspieler kaum noch spielen, ich bin direkt in der Rolle…
Wo: Musical Dome in Köln
Adresse: Goldgasse 1, 50668 Köln
Tickets: Online unter ticketmaster.de
Anfahrt: Google Maps
Eure Charaktere spielen sich also von allein?
Sophie Berner: Naja…
Riccardo Greco: Nein, das war übertrieben, aber als Schauspieler oder Musical-Darsteller musst Du Dir vieles vorstellen, Dich in eine Situation hineinversetzen, diesmal sehen wir schon etwas. Das hilft enorm.
Sophie Berner: Die Leute betreten den Saal und haben direkt das Gefühl, mitten im Moulin Rouge zu sein. Das ist genial – übrigens auch für uns, wenn wir thematisch passend gekleidete Besucher sehen.
Riccardo Greco: Frauen in Korsagen, Männer mit Zylindern…
Sophie Berner: Für viele ist der Besuch im Moulin Rouge ein richtiges Event.
Waren euch die Dimensionen, als ihr die Zusage für die Rollen bekommen habt, bewusst?
Sophie Berner: Ich habe die Rezension aus London oder New York gelesen – insofern war es mir schon bewusst. Wenn man aber selbst in den Prozess involviert ist, dann überwältigt es einen noch einmal…
Riccardo Greco: Noch im Februar dieses Jahres war ich im Musical Dome und konnte mir nicht vorstellen, dass es so wird. Aber jetzt: Nichts mehr erinnert an den ursprünglichen Saal des Musical Domes. Er erstrahlt wie ein Diamant.
Vom Südwesten nach Köln ist es ganz schön weit: Wieso lohnt sich trotzdem ein Besuch bei Moulin Rouge?
Sophie Berner: Es ist ein Event, kein einfacher Musical- oder Theaterbesuch. Wir sprechen alle Sinne an, in der Form habe ich das noch nicht erlebt.
Riccardo Greco: Im Foyer spielt ein Pianist französische Musik. Es gibt Fotomotive en masse. Eine ganz tolle Erfahrung.
Sophie Berner: Es wurden 75 Songs im Musical verarbeitet, die die unterschiedlichsten Geschmäcker ansprechen…
Riccardo Greco: …Es geht von Lady Gaga bis Jaques Offenbach.
Sophie Berner: Inhaltlich ist es eine wahnsinnig schöne, dramatische und berührende Liebesgeschichte mit imposanten Tanznummern.
Moulin Rouge: Auch für Nicht-Musical-Fans geeignet?
Das erwartet man von einem Musical…
Sophie Berner: Aber ich kenne keines, dass diesen Umfang, dieses Gesamtpaket bietet. Ich lade nicht immer alle meine Freunde und Verwandte zu den Events ein, an denen ich mitwirke. Das ist diesmal anders: Auch Nicht-Musical-Fans werden bei uns sicher Spaß haben.
Riccardo Greco: Wenn ich das mit Tanz der Vampire vergleiche, an dem ich in Stuttgart mitgewirkt habe, dann ist es ein ganz anderes Feeling.
Sophie Berner: Die Besucher lachen und weinen, sie gehen glücklich und beschwingt nach Hause.
Riccardo Greco: Es gibt kein Happy End, aber der Abend endet beflügelt.
Sophie Berner: Wir durchleben so viele schöne und lustige Momente – und plötzlich wird es zu einem Drama. Der Abend entführt in eine andere Welt und lässt einen für ein paar Stunden abtauchen.
Apropos Happy End: Ist es schwierig, jeden Abend neu zu sterben?
Sophie Berner: Es ist jedes Mal etwas anders. Als Schauspielerin weiß ich, was ich tun muss. Aber ich mache mir keinen Druck, etwas zu spielen, dass nicht fühlbar ist. Ich vertraue auf den Moment. Es ist eine große Herausforderung, immer wieder frisch zu bleiben. Jeden Abend stirbt es sich anders.
Riccardo Greco: Es ist immer eine andere Energie. Das macht auch etwas mit uns.
Ich habe gehört, dass Du, wenn Satine stirbt, sogar echte Tränen vergießt. Stimmt das?
Riccardo Greco: Ja. Wenn die Tränen kommen, dann kommen sie. Jeden Abend spüre ich das anders. Die Szene, wenn Christian realisiert, dass Satine stirbt, nachdem er sie gerade wiedergewonnen hat, berührt mich. Da muss ich kaum etwas vorspielen, ich weine dann laut und hässlich.
Das Stück ist aber noch nicht zu Ende…
Riccardo Greco: Ich muss mich deswegen danach ganz schnell wieder fangen, um die letzte Nummer zu singen. In den Previews ist es mir sogar noch passiert, dass ich gar nicht richtig singen konnte, weil ich emotional so dabei gewesen bin. Da habe ich die Schublade mit den Emotionen nicht schnell genug wieder schließen können.
Sophie Berner und Riccardo Greco: Wenn zwei sich riechen können
Ein Liebespaar zu spielen, ist einfach, wenn die Chemie stimmt. Wie ist das bei euch?
Sophie Berner: Wir können uns riechen, verstehen uns blind. Ich sehe sofort, wenn mit Riccardo etwas ist – und umgekehrt. Da reicht ein Blick, so dass wir uns helfen und füreinander da sein können. Wir kommunizieren dann auf einer anderen Ebene. Es ist wahnsinnig angenehm, ein großes Glück, wenn Du Deinem Partner so vertrauen kannst.
Riccardo Greco: Ich liebe es an Sophie, dass sie so unaufgeregt ist wie ich. Viele Leute lassen sich von dem Stress anstecken, wir bleiben sehr bei uns, sind ruhig, fragen „Geht’s Dir gut?“. Wir stressen uns nicht und verstehen uns sehr gut.
Ist es schwierig, sich so häufig küssen zu müssen?
Riccardo Greco: Och ne, wir knutschen auch ohne Show mittlerweile jeden Abend.
Sophie Berner: Es ist ja jetzt alles keine Nahaufnahme beim Kuss. Da wird der Mund nicht endlos weit aufgemacht, aber alles ist leichter, wenn man sich riechen kann. Der Kuss ist ein technischer Vorgang, der geprobt wird. Ich muss mich nicht in ihn verlieben, um ihn küssen zu können.
Moulin Rouge: Komödie, aber auch tiefgreifende Szenen
Was sind die zwei schönsten Szenen aus Moulin Rouge?
Riccardo Greco: Ich liebe die Sterbeszene am Ende, aber auch die Verwechslung am Anfang. Und ich singe „Roxanne“ so gerne…
Sophie Berner: Wenn Christian in meine Garderobe kommt und ich denke, er sei der Duke, den ich verführen soll. Es gibt mehrere Verwechslungsspiele in Moulin Rouge, die Spaß machen. Wir haben so lustige Klipp-Klapp-Szenen, Komödie pur, und dann kommen kammerspielartige, tiefgehende Szenen.
Das Ensemble ist in Moulin Rouge nicht wegzudenken.
Riccardo Greco: Oh ja, aus tausenden Bewerbungen wurden 800 Tänzerinnen und Tänzer aus der ganzen Welt gecastet. Wie die tanzen, ist für mich auch nach vier Monaten immer noch beeindruckend.
Sophie Berner: Das Ensemble hat einen riesigen Anteil, die tragen auch einen großen Teil der Show. Es ist fantastisch.