Im Netz kursieren zahlreiche Videos von mutmaßlichen Würmern, die unter dem Mikroskop auf Coronatest-Wattestäbchen zu sehen sein sollen. Es ist aber so gut wie nichts dran an der Parasiten-Theorie.
Stuttgart - Dunkle Fäden winden sich unter dem Mikroskop und saugen Flüssigkeit auf, wenn man sie damit beträufelt. Die Fäden sehen aus wie kleine Würmer, die sich in alle Richtungen recken, bei Berührung zucken und sich bei einem Luftstrom zusammenziehen.
Es sind schaurige Clips, die über den Messenger Telegram geteilt werden, aber auch in sozialen Medien auftauchen. Laut den Urhebern der Videos sollen die Aufnahmen von der Oberfläche versiegelter Corona-Abstrichstäbchen stammen. In den vergangenen Wochen kursierten immer wieder solche Clips mit der Theorie, dass die Würmer bewusst auf den Stäbchen für Coronatests platziert würden. Über das Stäbchen sollen Parasiten und Nanoteilchen in den Körper geschleust werden – Wissenschaftler verweisen dies jedoch ins Reich der Fabeln.
Die Videos nehmen Verschwörungstheoretiker in den Kommentaren zum Anlass darüber zu spekulieren, ob es sich um einen „Gehirnwurm“ oder so genannte Morgellons handelt. Laut Medizinern sind Morgellons eine psychische Erkrankung, bei der Patienten von Parasiten oder Bakterien unter ihrer Haut berichten. Die Betroffenen leiden unter anderem an Symptomen wie Gelenkschmerzen und schwerer Müdigkeit. Einen medizinischen Beweis dafür, dass Morgellons tatsächlich existieren, gibt es allerdings nicht.
Apotheker geben Entwarnung
Auch gibt es keine Hinweise darauf, dass Abstrichstäbchen mit Würmern ausgeliefert werden. Christian Splett vom Deutschen Apothekerverband teilt auf Anfrage unserer Redaktion mit: „Es besteht kein Anlass zur Beunruhigung.“ Die Teststäbchen für den Abstrich seien steril und so abgepackt, dass das auch so während des Transports und der Lagerung bleibt. Das sei wichtig, „da ansonsten das Testergebnis verfälscht werden könnte und sich der zu Testende möglicherweise noch mit einem verunreinigten Teststäbchen kontaminiert“, sagt Splett. „Was auch immer mit den Videos bewiesen werden soll: Die Teststäbchen der in Deutschland vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassenen Selbsttests müssen steril, das heißt frei von jeglichen mikrobiologischen Verunreinigungen, sein“.
Bei den mutmaßlichen Parasiten auf den Wattestäbchen handelt es sich wohl auch nicht um Lebewesen. In einem YouTube-Clip erklärt Kriminalbiologe Mark Benecke, dass die Fäden vermutlich aus Kleidungsfasern bestehen, die mit Hautpartikeln verzwirbelt sind.
Wenn man Baumwollkleidung trage und über die verschwitzte Haut reibe, dann bildeten sich kleine Würmchen, sagt Benecke in dem Clip. „Das sieht wirklich aus wie ein wurmförmiges Lebewesen.“ Die Bewegungen entstünden dabei durch elektrostatische Kräfte und Feuchtigkeit. Seit mehr als 20 Jahren in seinem Beruf seien es allerdings „niemals Morgellons“ gewesen, die er in seinem Labor gefunden habe.
Auch die Faktenprüfer der Nachrichtenagentur Reuters halten die Behauptungen für falsch, dass Lebewesen oder Nanoteilchen auf den Wattestäbchen mitgeliefert würden. Das Material sei „nicht lebendig“, sondern aus synthetischen Stoffen, die für Abstrichstäbchen eher empfohlen würden als Baumwolle.