Am Tübinger Landgericht ging der Mordprozess gegen eine 48-jährige Frau weiter, die in Gechingen ihre Mutter erschlagen haben soll. Foto: Sebastian Bernklau

Sie soll ihre eigene Mutter mit einer Eisenstange erschlagen haben – aus Habgier, so die Anklage. Beim Prozess vor dem Landgericht Tübingen begann jetzt die Beweisaufnahme. Die Angeklagte schweigt beharrlich.

Tübingen/Gechingen - Ganz in schwarz gekleidet erscheint die Beschuldigte aus Gechingen vor dem Landgericht Tübingen, die Haare sind rot gefärbt. Ein Justizangestellter nimmt der 48-Jährigen die Handschellen ab, dann nimmt die Angeklagte neben ihrem Verteidiger Platz. Mit interessierter Miene verfolgt sie die Aussagen der ersten Zeugen. Fragen stellt sie keine, Kommentare gibt sie nicht ab, die Angeklagte hüllt sich in Schweigen.

Es ist der zweite Prozesstag in dem Mordfall, der im vergangenen Oktober die Gäugemeinde Gechingen in einen Schockzustand versetzt hatte. Knapp 18 000 Euro habe die Beschuldigte, die finanziell klamm gewesen sei, laut Anklage aus den Bankkonten ihrer Mutter geplündert. Als die 75-Jährige ihr auf die Schliche gekommen sei und sie zur Rede stellte, habe die Tochter sie brutal mit der Eisenstange getötet. Anschließend habe sie vorgetäuscht, die Mutter sei aus dem Bett gefallen und habe sich dabei verletzt. "Mord aus Habgier mit Verdeckungsabsicht", heißt das auf Juristendeutsch.

Dürfte ein langer und schwieriger Prozess werden

Fest steht: Es dürfte ein langer und schwieriger Prozess werden. Bereits zum Auftakt hat der Verteidiger erklärt, seine Mandantin wolle sich weder zur Sache noch zur Person äußern – und sie habe auch ihm nicht aufgetragen, sich zu äußern. Die wichtigste Zeugenaussage am Donnerstag macht ein junger Polizeibeamter, der bei den ersten Vernehmungen nach der Mordtat am 26. Oktober 2021 dabei war. Es geht um die Finanzen der Toten – und die Manipulationen auf deren Konten.

"Es haben ziemlich viel Online-Einkäufe stattgefunden"

Insgesamt fünf Konten hatte die 75-jährige Tote auf der Sparkasse, sagt er. "Es haben ziemlich viel Online-Einkäufe stattgefunden", fügt er hinzu. "Auffällig war, dass es gerade in den letzten Wochen viele Überweisungen auf Amazon und Paypal gab." Und auch nach dem Tod der Mutter habe es noch Bewegung auf den Konten gegeben – "mit abweichenden Unterschriften" unter den Bankaufträgen, die nicht mit der Unterschrift der Mutter übereinstimmten, so der Polizeibeamte. Auch eine Bankangestellte sagt aus, dass es Kontobewegungen noch nach dem Tod der alten Frau gegeben habe. Allein 31 Unterschriften seien nach dem Tod des Opfers gemacht worden, so der Polizeibeamte. Akribisch deutet der Beamte auf die abweichenden Unterschriften: "Die Zahl Neun etwa sieht ganz anders aus als zuvor, auch die Buchstaben G und das A weichen ab."

Wer könnte die Unterschriften gefälscht haben?

Allerdings: Er äußert sich nicht zu der Frage, wer die Unterschriften gefälscht haben könnte. Der Kern der Anklage, der Vorwurf des Mordes, blieb denn an diesem zweiten Prozesstag noch unerwähnt. Laut Anklage hat die Tochter in jener Oktobernacht zunächst versucht, ihre Mutter mit einem Kissen zu ersticken – doch die alte Frau habe sich gewehrt. Dann habe die Tochter eine Eisenstange geholt und damit auf den Kopf des Opfers eingeschlagen. Später habe sie versucht, alle Spuren akribisch zu beseitigen.

Ein Highlight des zweiten Prozesstages war das Protokoll eines abgehörtes Telefongesprächs, das im Gerichtssaal verlesen wurde. "Mama hat Geld auf ihr Konto überwiesen", sagt darin der Sohn. "Sie hat das auch noch nach dem Tod der Oma gemacht." Wenn die Polizei dahinter komme, "dann sehen sie, dass die Mama den Scheiß schon öfters gemacht hat".

Bei den nächsten Prozesstagen dürfte es um die Mord selbst gehen, insgesamt sind noch fünf Verhandlungstage vorgesehen, das Urteil ist für Ende September geplant.