Beim Prozess gegen die Mörder von Umut K. 2017 hat eine Freundin ein Bild des Opfers an ihrem T-Shirt befestigt. Foto: Maier

Der Mord an dem 23-jährigen Umut K. der 2016 in Hechingen an der Staig mit Schüssen aus einem fahrenden Auto niedergestreckt wurde, hätte verhindert werden können. So sieht es jedenfalls der investigative Journalist, Blogger und Buchautor Sandro Mattioli.

Hechingen/Stuttgart - Der Mafia-Experte Mattioli erhebt schwere Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft Stuttgart, die einen früheren Haftbefehl gegen einen der Hintermänner der Hechinger Bluttat nicht vollstreckt hatte. Denn die italienischen Behörden hätten ihn schon vor dem spektakulären Mord gern überstellt bekommen, diesen Carmine M., der zur Tatzeit ein Obst- und Gemüsegeschäft in der Hechinger Unterstadt betrieb und nebenbei, wie sich im Hechinger Mordprozess herausstellte, auch Marihuna vertickte.

Italienische Behörden hörten ab

In seiner sizilianischen Heimatstadt soll der Gemüsehändler einem Drogenring mit "eindeutigen Mafia-Kontakten" wie Mattioli recherchierte, angehört haben. Die italienischen Behörden suchten Carmine M. jedenfalls im Rahmen ihrer Anti-Mafia-Operation Prato Verde schon im Jahr 2014 und hörten Gespräche in seinem Umkreis ab. Die, so die italiensichen Behörden und Mattioli hätten eindeutige Hinweise auf Drogenhandel gegeben. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wollte die verklausulierten "zweieinhalb Reifen" jedoch nicht als Code für Dorgenhandel anerkennen.

Der "Pate" von Hechingen zog die Fäden

Nach dem Mord an dem 23-jährigen Umut K. stand Carmine M. dann als Mittäter vor Gericht. Nachgewiesen werden konnte ihm allerdings nur Drogenhandel. Die beiden jungen Mitangeklagten im Hechinger Mordprozess vor fünf Jahren hatten wegen des Marihuana-Kaufes jedenfalls rund 5 000 Euro Schulden bei Carmine M. den sie im Telefonbuch unter dem Decknamen "Catania" führten. Die Hechinger Staatsanwaltschaft bezeichnete den damals 36-jährigen Carmine M. dann auch als den "Paten, der im Hintergrund die Fäden gesponnen" habe, der das Marihuna an die beiden Nachwuchs-Dealer verkaufte und auf Bezahlung bestand.

Das wiederum veranlasste die beiden Mitangeklagten zu ihrer Amokfahrt im kleinen Fiat, aus dem heraus sie, gewissermaßen als Zahlungserinnerung, auf einen ihrer Schuldner schossen – und tragischerweise den 23-jährigen Umut K. trafen, der zufällig daneben stand.

SPD stellt parlamentarische Anfrage

Bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart ist man jedenfalls aufgeschreckt und auch der Innenausschuss des Landes Baden-Württemberges tagte gestern und thematisierte die Vorwürfe, die der Mafia-Experte Mattioli unter anderem auch im SWR öffentlich erhebt. Die SPD hatte dazu eine parlamentarische Anfrage gestellt.