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Im Prozess um den grausamen Mord an einer Sechsjährigen schweigt der Beschuldigte – und scheint alles selbst kaum glauben zu können.

Ein sechsjähriges Mädchen ist auf bestialische Weise getötet und anschließend missbraucht worden. Nun liegt es aufs Grausamste verstümmelt im Bett des mutmaßlichen Täters, doch die Propangasflasche, die ein Feuer entfachen soll, um die Tat zu verdecken, will einfach nicht explodieren. Schließlich wird sogar der Weihnachtsbaum lichterloh in Brand gesteckt, der an diesem Vierten Advent schon bereitsteht.

Der Mann, der all das getan haben soll, wird am Mittwoch mit Handschellen und Fußfesseln in den kleinen Baden-Badener Gerichtssaal geführt. Vor das Gesicht hält er einen roten Aktendeckel. Er trägt eine weißgraue Hose und ein weißgraues Hemd mit Stehkragen. Das Tattoo am Hals unterhalb des Ohres ist dennoch zu erkennen. Ein Hüne ist er, sein Körper gedrungen, seine Augen wandern mit fast unschuldigem Blick durch den Saal, offenbar bestrebt, niemanden direkt anzusehen. Er sei gelernter Straßenbauer, geboren vor 34 Jahren in Rastatt, sagt er dem Gericht. Dann wird die Öffentlichkeit noch vor der Verlesung der Anklageschrift ausgeschlossen.

Die Sechsjährige wurde im Schlaf getötet

Der mutmaßliche Mord an dem kleinen Mädchen kurz vor Weihnachten hat weit über Baden-Baden hinaus Entsetzen ausgelöst und hart gesottene Ermittler an ihre Grenzen geführt. Mit einem Messer soll der Mann das schlafende Kind getötet haben. Mehrfach und in massiver Weise habe er sich an dem toten Körper sexuell vergangen und ihm unter anderem im Intimbereich verstümmelt, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Die Details, die sie nennt, übertreffen jedoch vieles, was bereits in der Öffentlichkeit kursierte. Die wenigen Zuschauer, die es in den Saal geschafft haben und von denen einige den Angeklagten kennen, können ihre Empörung kaum unterdrücken. „Feigling“ zischen sie ihm zu.

Auch der Angeklagte selbst scheint es nicht glauben zu wollen. Die Hände hat er vor dem Bauch verschränkt. Immer wieder schüttelt er während der Anklageverlesung den Kopf. Dann, die Anklage ist verlesen, fragt ihn der Vorsitzende Richter, ob er sich äußern möchte. „Nein“, sagt er, „ich möchte schweigen.“ Nicht einmal zu seinem Lebenslauf will er Angaben machen.

Die Mutter der getöteten Sechsjährigen nimmt am Prozess nicht teil

Am Tattag war das Mädchen eigentlich bei dem sechsjährigen Sohn des Mannes zu Gast gewesen. Vorbestraft ist der Mann nicht. Zeugen, die den 34-Jährigen vom Spielplatz her kennen, hätten ihn als liebevollen Vater beschrieben, hieß es im Vorfeld.

Zunächst waren die Einsatzkräfte in jener Nacht ausgerückt, um den Brand zu löschen. Dann entdeckten sie im Schlafzimmer die Leiche des Mädchens. Wie sich herausstellte, handelte sich um die Spielplatzfreundin des Sohnes, die mit Erlaubnis ihrer Mama – offenbar nicht zum ersten Mal – dort übernachtet hatte. Den Beschuldigten fanden die Rettungskräfte in einem benachbarten Garten. Auch er wies Verletzungen auf. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft habe er sich nach der Tat selbst töten wollen.

Ein Urteil soll Ende September fallen

Auch der Sohn sowie der Bruder des Angeklagten und dessen beiden Kinder schliefen in dem Haus und kamen mit Rauchvergiftungen ins Krankenhaus. Auch deren Tod habe der Mann billigend in Kauf genommen, so der Vorwurf der Anklage. Sie sind vom Gericht wie die getrennt lebenden Eltern des Mädchens als Nebenkläger zugelassen. Seine Mandantin werde an dem Prozess aber nicht selbst teilnehmen, hatte der Rechtsanwalt, der die Mutter vertritt, vorher erklärt. Sie sei der Konfrontation mit dem Mann nicht gewachsen.

Einzig der Vater des Mädchens verfolgte zum Auftakt das Verfahren. Sein Mandant hoffe auf Erklärungen. War es Pädophilie, war es Nekrophilie oder Rassismus? Der Vater des Mädchens stammt aus Gambia, die Mutter ist Deutsche. Bisher sei nicht absehbar, ob sich der Angeklagte noch äußere, sagte sein Verteidiger. Insgesamt sind acht Verhandlungstage angesetzt und 13 Zeugen geladen. Ein Urteil soll Ende September fallen.