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Pfarrer geht nach 26 Jahren aus gesundheitlichen Gründen / Noch kein Nachfolger in Sicht

Frieder Gräter ist studierter Theologe, Familienvater und seit 26 Jahren mit Leib und Seele Pfarrer in Mötzingen. In wenigen Wochen wird er die Gemeinde allerdings verlassen. Bislang ist noch kein Nachfolger in Sicht.

Mötzingen. Seine Kindheit und Schulzeit verbrachte der heute 60-Jährige in Schwäbisch Hall. Für sein Studium der Theologie kam er nach Tübingen. Für sein Vikariat verschlug es ihn nach Schwaigern bei Heilbronn.

Fünf Jahre verbrachte er anschließend als Pfarrer zur Anstellung in Langenau bei Ulm. Dort war er für 1000 Gemeindeglieder und die Krankenhausseelsorge zuständig, wie er erzählt. Seine erste ständige Stelle trat er 1992 in Mötzingen an. Und blieb ihr bis heute gerne treu.

Dass er den Job übernommen hat, habe "sich so ergeben". "Die Gemeinde war interessant", sagt Gräter, "die Zeit hat gepasst, das Pfarrhaus hat gepasst." Gleich mit seiner ersten Bewerbung landete er also an der genau richtigen Stelle. Nach recht kurzer Vakanz hatte Mötzingen damit einen Nachfolger für Jan-Adolf Bühner gefunden.

Ob das nach Gräters Weggang auch so sein wird, wird sich zeigen. Am Sonntag, 22. Juli, wird er nach dem Gottesdienst in der Mötzinger Kirche um zehn Uhr verabschiedet. Anschließend findet ein Stehempfang statt. Frieder Gräter wird sich dann erst einmal etwas von seinen 15 Wochen Resturlaub nehmen. Ab 1. Oktober ist die Stelle dann vakant.

Derzeit gebe es viele freie Stellen in der Landeskirche, wie Gräter erzählt. "Deswegen braucht es Springer." Eben als solcher will der fünffache Vater und zweifache Großvater in Zukunft arbeiten. Zusammen mit seiner Frau Elsbeth wird er dafür in eine Ruhestandswohnung in Gammertingen im Kreis Sigmaringen ziehen.

Die Entscheidung für den Weggang sei aus gesundheitlichen Gründen gefallen, wie der Pfarrer erzählt. Vor drei Jahren habe er einen Schlaganfall erlitten. Es sei damals nicht klar gewesen, ob er überhaupt wieder arbeiten können werde, doch Gräter wollte es versuchen. Nun habe sich aber gezeigt, dass er die Arbeit nicht mehr so leisten könne, wie es die Kirchengemeinde brauche.

Außerdem brauche er selbst mehr Erholung und endlich mal die Zeit, seinen Urlaub auch zu nehmen. Die Springerdienste werden ihm das ermöglichen und versprechen trotzdem spannend zu werden. Darüber hinaus freue er sich, dass er so stufenweise in den Ruhestand geht und jetzt Kirchengemeinden betreuen wird, zu denen er dann eine losere Bindung hat.

Mötzingen wird Gräter natürlich vermissen. Für ihn und seine Familie sei der Ort ein Stück Heimat geworden. "Hier ist viel gewachsen, auch gute Beziehungen", sagt er. Seine Zeit hier sei "sehr abwechslungsreich" gewesen. "Die Kirchengemeinde hat viele Entwicklungen durchgemacht und ich habe viele Entwicklungen durchgemacht", erinnert er sich an die letzten 26 Jahre. "Das hat mir Spaß gemacht, das hier zu beobachten."

Früher sei viel über den Pfarrer gelaufen – also ihn. Irgendwann wurde es zu viel. "Ich konnte nicht alles schaffen", erklärt der Theologe. Aber die Kirchengemeinde habe sich entwickeln wollen. Also sei er auf den Kirchengemeinderat zugegangen und daraus wurde im Jahr 2000 eine Zukunftswerkstatt.

"Daraus ist unglaublich viel entstanden", erinnert er sich und führt eine lange Liste von Gruppen und Aktivitäten auf, ein begeistertes Lachen im Gesicht und sichtlich erfreut über die gewachsene Vielfalt. Das entscheidende daran sei für ihn gewesen, dass nicht er als Pfarrer etwas vorgab, sondern die Kirchengemeinde von sich aus sagte, sie will das, sie macht das.

Besonders die Jugendarbeit hebt Gräter hervor. Sie funktioniere, weil die Leute Spaß daran hätten. "Das läuft aus sich heraus", erzählt er. Um ihre Nachfolger würden sich die Freiwilligen der Jugendarbeit auch selbst kümmern.

Ebenfalls viel Freude habe Gräter die Ausbildung von sechs Vikaren bereitet. "Das hat immer wieder frischen Wind reingebracht."

Wie im Flug seien die 26 Jahre rückblickend vergangen. Nun bricht für den Pfarrer ein neues Kapitel an – hoffentlich mit genug Zeit für seine verdiente Erholung.