Wolfgang Bruder, Referent des Verkehrsministeriums (von links), Landtagsabgeordneter Uwe Hellstern (AfD), Landtagsabgeordnete Katrin Schindele (CDU), OB Peter Rosenberg und OB Julian Osswald mit Taxi-Schild, Vgf-Geschäftsführer Franz Schweizer, Landrat Klaus Michael Rückert Foto: Jansen

Eine Mobilitätsgarantie im ÖPNV wird im Landkreis Freudenstadt ab September eingeführt. Auch Taxiunternehmen sind in das Pilotprojekt eingebunden.

Kreis Freudenstadt - Mindestens einmal pro Stunde mit dem öffentlichen Nahverkehr an jeden beliebigen Ort im Landkreis kommen? In vielen Kommunen war das bislang nur Wunschdenken. Doch nun soll sich das ändern. Ab September soll es im Rahmen des Projekts "Mobilerleben" eine Mobilitätsgarantie geben, erklärt Landrat Klaus Michael Rückert bei einem Festakt in der Vgf-Zentrale in Waldachtal. Mindestens einmal pro Stunde soll eine Verbindung verfügbar sein, an Werktagen von fünf bis 24 Uhr, an Wochenenden von sieben bis ein Uhr nachts.

In einem Pilotprojekt, das am 1. September startet, wird dafür das sogenannte "ÖPNV"-Taxi eingerichtet – zuerst in Freudenstadt und Horb samt der Teilorte, später, wenn es gut läuft, soll es auf den ganzen Landkreis ausgeweitet werden.

Preise sind kaum höher als im Nahverkehr

Das Taxi soll eine Ergänzung zum bisherigen Nahverkehr sein: wenn innerhalb einer Stunde keine öffentliche Verbindung per Bus oder Bahn möglich ist, kann das Taxi gerufen werden. Die Preise sind dabei nicht viel höher als für den regulären Nahverkehr. Jugendliche zahlen einen Euro Aufschlag zum normalen Nahverkehrspreis, "alle über 18 dürfen zwei Euro bezahlen", erklärt Rückert. Wer direkt bis zur Haustür gefahren werden möchte – oder abgeholt – zahlt fünf Euro Aufschlag. Gerufen werden kann das Taxi über eine eigens eingerichtete App, die ab September im Google Play Store und im App Store verfügbar ist oder per Telefon unter 07443/24 78 88.

Übernommen wird dieser Dienst von ansässigen Taxiunternehmen. Es handle sich um eine "Win-win-Situation", so Rückert. Die Taxiunternehmen hätten mehr Aufträge, der Landkreis ein besseres Infrastrukturnetz. Langfristig wünscht sich Rückert, dass die Infrastruktur im Landkreis an die in den Städten heranreicht. Kein leichtes Unterfangen, angesichts der ländlichen Beschaffenheit.

"Fortkommen ist schwierig"

Notwendig und gewünscht sei es auf jeden Fall. Die Natur im Landkreis sei einzigartig, wie auch zahlreiche Touristenbesuche zeigten. Aber: "Das ganz normale Leben, das Fortkommen ist schwierig", meint er. Auch Oberbürgermeister Osswald weiß von Bedarf zu berichten: "Die Hotels in den Teilorten müssen sich von ihren Gästen anhören: ›Was hab ich denn jetzt davon, hier fährt ja gar kein Bus‹." Auch die Jugendlichen beklagten, dass sie in den Teilorten keinen ÖPNV nutzen könnten. Dem schließt sich der Horber OB Peter Rosenberger an: "Die Jugend brennt darauf: ›Lasst uns von A nach B kommen‹". Horb sieht er gerade deshalb auch als gutes Probefeld. Mit seinen 17 Teilorten sei Horb "ein kleiner Landkreis zum Üben".

In kleineren Orten, mit sehr wenigen Einwohnern – Rückert nennt als Beispiel Unterbrändi – werde allerdings ein regelmäßig verkehrender Nahverkehr nicht benötigt. Hier möchte man mit Ruftaxis Abhilfe schaffen.

Land unterstützt mit 1,8 Millionen Euro

Wolfgang Bruder, Referent für Rufverkehr beim Landesverkehrsministerium, lobt den Vorstoß. Der Landkreis Freudenstadt gehe als "Pilotprojekt vorne weg". Das Land fördert das Projekt auf fünf Jahre mit insgesamt 1,8 Millionen Euro. bis 2030 sollen die Fahrgastzahlen in Baden-Württemberg verdoppelt werden – ein ambitioniertes Ziel, gibt Bruder zu. "Es geht um nichts geringeres als ein neues Zeitalter im ÖPNV", erklärt Rückert.

Nichts desto trotz: Das Projekt ist erst mal nur zur Probe. Franz Schweizer, Geschäftsführer der Vgf, machte deutlich, dass nicht alles perfekt laufen werde. Was für einen Landkreis gut sei, funktioniere nicht zwingend in allen anderen auch: "Mobilität ist lokal", sagt er. Man müsse sich vom Anspruch verabschieden, dass nur das, was "zu 100 Prozent perfekt ist", eingeführt werden dürfe. Es bedürfe auch pragmatischer Lösungen. Um die Fehler und Verbesserungsvorschläge aus der Bevölkerung aufzunehmen, gibt es eine eigens eingerichtete E-Mail-Adresse: mobilerleben@kreis-fds.de. Hier und beim Landratsamt können Rückmeldungen gegeben werden.