Auf einem Hausdach ganz oben im Ebinger Raidental soll im reinen Wohngebiet ein Mobilfunkmast aufgestellt werden. Zahlreiche Anwohner haben dagegen Einwendungen vorgebracht. Dem eigentlich unzuständigen Technischen und Umweltausschuss des Gemeinderats war der Kasus eine Debatte wert.
Der Sachverhalt war den Ausschussmitgliedern bereits bekannt: In der Bürgerfragestunde der jüngsten Gemeinderatssitzung hatten Anwohner der Lortzingstraße im Ebinger Raidental beredete Klage darüber geführt, dass genau vor ihrem Balkon ein Mobilfunktmast auf einem Dach des gegenüberliegenden Hauses errichtet werden solle.
Er werde, mitten im reinen Wohngebiet, den Blick beeinträchtigen und Strahlung verbreiten – ob die Stadt dagegen nichts unternehmen könne?
Schon in der Gemeinderatssitzung hatte Baubürgermeister Udo Hollauer erklärt, baurechtlich sei gegen den Mast nichts einzuwenden – und im übrigen komme der Mobilfunk nicht ohne Masten aus; wer sich gegen einen zur Wehr setze, der fordere mittelbar, dass er jemand anderem vors Haus gestellt werde. „Denn auf Mobilfunk verzichten mag keiner – Sie sicherlich auch nicht!“
Mobilfunk ist mit Handwerk nicht vergleichbar
Ende der Diskussion? – Nicht ganz. Am Dienstag war der Technische und Umweltausschuss um Kenntnisnahme ersucht worden; eine halbstündige Debatte war die Folge, und das, obwohl der Ausschuss überhaupt nicht zu beschließen hatte.
Er war nur deshalb informiert worden, weil es einer Befreiung von den Regelungen des Bebauungsplansbedurfte: Mobilfunk ist ein Gewerbe, und Gewerbe haben im reinen Wohngebiet nichts verloren.
Indes ist ein Funkmast mit einem Handwerksbetrieb nicht vergleichbar, und deshalb wird dieser Ausnahmefall in neueren Bebauungsplänen grundsätzlich berücksichtigt. Der Bebauungsplan im oberen Raidental stammt jedoch von 1968, und da gab es noch keine Funkmasten und somit auch keine Ausnahmeregelung – deshalb war die Befreiung erforderlich.
Für die war der Technische und Umweltausschuss aber unzuständig, weil ein besonderer Fall vorlag: Das Haus Im Raidental 86, auf dem der Mast errichtet werden soll, gehört den Albstadtwerken, und die sind eine hundertprozentige Tochter der Stadt. Die Ausschussmitglieder waren mithin befangen; die Entscheidung über die Befreiung obliegt nun dem Regierungspräsidium. Unter diesen Umständen, erklärte Uli Metzger von den Freien Wählern, erübrige sich die Diskussion um des Kaisers Bart. Das sahen aber nicht alle so. Die Beschwerdeführer im Gemeinderat stehen nicht allein da; es sind an die 20 Einwendungen gegen den Mobilfunkmast eingegangen, und unter diesen Umständen, fanden Nils Maute und Martin Frohme von der SPD, könne man schon mal nachfragen: Wie notwendig sei der Mast, wie gut sei die Netzabdeckung? Und wie hoch die Strahlenbelastung? Gebe es Alternativen am Waldrand?
Die Netzabdeckung, so die Antwort der Stadt, sei laut den Beschwerdeführern ausreichend – aber die seien Partei, und andere Einschätzungen lägen nicht vor. Die Strahlenbelastung liege deutlich unter den Grenzwerten, Sichtbeeinträchtigung sei im einschlägigen Gesetz kein Thema, und selbst am Waldrand werde der Mast ein Ärgernis sein – dann halt für Andere.
Schule und Kindergarten liegen zu weit weg
Gewiss, räumte Thomas Klink von der Abteilung für Bauordnung ein, man habe schon per Bebauungsplanänderung Funkmasten verhindert, weil eine Schule oder ein Kindergarten in der Nähe lagen. Aber das sei hier nicht der Fall, und ohne triftige städtebauliche Gründe gehe halt nichts.
Blieb die Frage, ob die Stadt die Albstadtwerke anweisen könne, in ihrer Eigenschaft als Grundstückseignerin ein Veto auszusprechen. Vielleicht – aber warum sollte sie? Oberbürgermeister Roland Tralmer resümierte abschließend, dass hier „der Fall St. Florian“ vorliege“. Genau wie sein Baubürgermeister schon vor Wochen festgestellt hatte.