Ein derartiger Funkmast darf in Bieselsberg gebaut werden. Foto: Buck

Der Mobilfunkmast in Bieselsberg ist genehmigt und wird gebaut. Doch Gegner des Projekts werfen der Gemeinde Schömberg vor, nicht genug für einen anderen Standort getan zu haben. Diesen Vorwurf weist die Gemeinde zurück.

Schömberg-Bieselsberg - Aus Sicht der Bieselsberger und Kapfenhardter Bürgerinitiative (BI) erinnern die Vorgänge um das Genehmigungsverfahren für den Mobilfunkmast auf der Gemarkung von Bieselsberg im Kapfenhardter Tal an ein abgekartetes Spiel zwischen dem Bauherrn, der American Tower Corporation (ATC), dem Landratsamt Calw und der Gemeinde Schömberg. Das machte die BI in einer Presseerklärung deutlich. So beklagt sie, dass die Gemeinde die Mittel für ein Mobilfunkvorsorgekonzept erst für 2023 einstelle. Angesichts des geplanten Masts im Bieselsberger Wald ändere sich nichts. Für den Mast habe es nur zwei Zeitfenster von je acht Wochen nach Eingang der jeweiligen Bauanträge gegeben, um ein Dialogverfahren zu eröffnen. Die BI fragt deshalb, warum die Gemeinde nicht längst einen unabhängigen Gutachter, wie bereits im Juni 2021 gefordert, beauftragt habe, um ihre Möglichkeiten im Planungsverfahren zum Schutz vor hoher Strahlenbelastung zu nutzen.

Privilegiertes Vorhaben

Dazu teilt Stefanie Stocker, Pressesprechern der Gemeinde Schömberg. mit, dass der Gemeinderat bei der Abwägung zu den Bauanträgen keinen Beschluss gefasst habe, weitere Maßnahmen zu veranlassen. Mobilfunkmasten seien nach dem Baugesetzbuch privilegierte Vorhaben. Die Thematik der planungsrechtlichen Steuerung habe sich nicht gestellt. "Der Gemeinderat sah dafür keine Notwendigkeit", so Stocker. Zum Dialogverfahren teilt Stocker mit, dass es grundsätzlich vor Eingang eines Bauantrags realisiert werden müsse, da der Bauantrag Fristen nach sich ziehe, die in der Landesbauordnung geregelt seien und keinen Spielraum ließen. Ein Vorsorgekonzept sei angeregt worden, so Stocker. Es habe aber bisher keinen Antrag aus dem Gemeinderat gegeben. Der Ortschaftsrat wolle ein solches Vorsorgekonzept und habe deshalb Mittel für 2023 angemeldet. Erst im Zuge der Haushaltsberatungen werde sich aber zeigen, ob und in welchem Zug der Gemeinderat die Idee eines solchen Konzeptes aufgreife. Ein solches Konzept gelte wenn, dann nur in Zukunft und verhindere keine bestehenden Masten oder laufende Verfahren, so Stocker. Zudem stelle sich die Frage, ob und inwieweit dies rechtlich dann durchsetzbar sei. Diese Punkte würden mit dem Gemeinderat erörtert.

Kein Spielraum

Janina Dinkelaker, Pressesprecherin des Landratsamtes in Calw, teilte mit, dass das Landratsamt die baurechtliche Zulässigkeit des eingereichten Antrags prüfe, nicht jedoch die Funknetzplanung der Mobilfunkbetreiber beziehungsweise die Funknetzanalyse. "Das baurechtliche Verfahren beziehungsweise die Fristen für die Nachbaranhörung und die Stellungnahme der Gemeinde zum Antrag sind in der Landesbauordnung geregelt. Für uns gibt es diesbezüglich keinen Spielraum", gibt Dinkelaker zu bedenken.

An die Adresse der Gemeinde gerichtet macht die BI deutlich, dass das Planungsrecht der Gemeinde im Zuge des Dialogverfahrens für alle vorgesehenen Sendeanlagen gelte, selbst auf Privatgrundstücken. Dazu teilt Stocker mit, dass die Gemeinde grundsätzlich die Möglichkeit habe, bauleitplanerisch tätig zu werden. Das sei aber nicht für erforderlich angesehen worden, da Mobilfunkanlagen im Außenbereich privilegiert zulässig seien. "Auf Privatgrundstücken sind solche Vorhaben bis zu einer Höhe von zehn Metern gar verfahrensfrei, also ohne Einbindung der Behörden möglich", so Stocker. Im vorliegenden Fall sei die Baugenehmigung erteilt. Daher könne niemand dagegen etwas unternehmen – auch nicht die Gemeinde. Vielmehr habe der Anwalt der Gemeinde die Baugenehmigung geprüft. "Aufgrund der Einschätzung unseres Anwalts hat der Gemeinderat von einem Einspruch gegen die Baugenehmigung abgesehen", war von Stocker zu erfahren. In die gleiche Richtung geht die Einschätzung des Landratsamtes. Eine Kommune habe grundsätzlich immer die Möglichkeit, innerhalb ihres Gemeindegebietes bauleitplanerisch tätig zu werden, teilt Dinkelaker mit. Das sei in diesem Fall aber nicht erforderlich, da Mobilfunkanlagen nach dem Baugesetzbuch im Außenbereich privilegiert zulässig seien.

Die BI schreibt in ihrer Presseerklärung, dass sie ein Gespräch mit Bürgermeister Matthias Leyn gehabt habe. Darin sei vereinbart worden, dass der Schömberger Rathauschef Kontakt mit der ATC aufnehme. Die BI beklagt, dass der Bürgermeister nicht bereit sei, sich für einen geeigneteren Standort des Funkmasts einzusetzen. Er möchte nur einen Kontakt zwischen ATC und BI vermitteln. Die BI fragt, warum sich der Bürgermeister nicht für einen, wie die BI fordere, geeigneteren Standort einsetze, da das Planungsrecht bei der Gemeinde liege. Stocker antwortet, dass Leyn entsprechend seiner Zusage Kontakt mit der ATC aufgenommen und sie gebeten habe, sich mit der BI auszutauschen. "Etwas anderes wurde nicht zugesagt, und im Übrigen hat der Gemeinderat ihm kein Mandat erteilt, sich für einen anderen Standort einzusetzen, zumal es auch keine gesetzlichen Vorgaben für Mindestabstände gibt", schreibt Stocker in einer E-Mail.

Definierte Grenzwerte

Zur Sprache bringt die BI in ihrer Presseerklärung auch die STOA Studie des Technikausschusses des EU-Parlaments zur Mobilfunkstrahlung. Die Studie halte Mobilfunkstrahlung für schädlich. Sie sei wahrscheinlich krebserregend und möglicherweise fruchtbarkeitsschädigend. "Es existieren keine anerkannten Studien, die eine schädigende Wirkung der 5G-Technologie belegen", schreibt Dinkelaker vom Landratsamt dazu: "Daher stehen wir dieser Technologie offen gegenüber." Vorrang habe für das Landratsamt eine flächendeckende Mobilfunkversorgung auf 4G-Standard. Sie bezeichnet die Mobilfunkversorgung als wichtigen Pfeiler im Ausbau der Infrastruktur: "In diesen Bereichen darf der ländliche Raum nicht von den Ballungszentren abgehängt werden." Für die Überwachung der 5G-Technelogie sei die Bundesnetzagentur zuständig. Das Landratsamt Calw könne nicht beurteilen, ob die STOA Studie wissenschaftlich fundiert sei. Bei allen 5G-Fragen orientiere sich das Landratsamt am Urteil des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS). Das BfS und die Bundesregierung gingen nach dem derzeitigen Stand von Wissenschaft und Technik davon aus, dass bei Einhaltung der gesetzlich definierten Grenzwerte keine Gesundheitsgefahr von der 5G-Technologie zu erwarten sei.

Eschen werden gefällt

Außerdem fragt die BI, warum das Landratsamt eine Ausnahmegenehmigung zum Fällen der Bäume während der Vegetationsperiode im Hinblick auf den Mobilfunkmast erteilt habe. Dazu antwortet Dinkelaker, dass das Fällen der zwei Eschen zum Freiräumen des Baufeldes notwendig sei. Der Betreiber des Masts habe ein Interesse daran, den Mast möglichst schnell zu bauen. Der Ausbau des Mobilfunks liege im öffentlichen Interesse. Die beiden Eschen seien durch das Eschentriebsterben bereits am Absterben. Daher habe die Untere Naturschutzbehörde das Fällen der Bäume innerhalb der Vegetationszeit ausnahmsweise genehmigt.

Fledermäuse kein Hindernis

Außerdem sprächen keine artenschutzrechtlichen Belange gegen ein frühzeitiges Fällen der Bäume, so Dinkelaker. Sie räumte ein, dass es in diesem Bereich Fledermäuse gebe. Das sei aber nichts Außergewöhnliches, da Fledermäuse an Waldrändern regelmäßig anzutreffen seien, um dort zu jagen. Zudem sei der 20 Meter vom Maststandort entfernte Teich für die Fledermäuse ebenfalls ideal zum Jagen, teilt Dinkelaker mit. Darüber hinaus gebe es keine Anhaltspunkte, dass die Fledermäuse die beiden Eschen als Tagesquartiere nutzten. Die Baugenehmigung werde deshalb nicht zurückgenommen.

Info

5G

Wie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) mitteilt, kommen beim Mobilfunk hochfrequente elektromagnetische Felder zum Einsatz. Bei 5G sind diese Frequenzen noch höher als bei vorherigen Standards. So überträgt 5G Daten bis zu hundertmal schneller als vorherige Standards. Das bedeutet, dass Daten schneller ausgetauscht werden können.