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FDP beklagt Telefonqualität in Zügen - Minister Hermann sieht Netzbetreiber gefordert.

Stuttgart - Wer im Land mit dem Zug unterwegs ist, sollte nicht darauf setzen, dass er unterwegs mobil erreichbar ist oder online arbeiten kann. Abhilfe ist kaum in Sicht, die Mobilfunkbetreiber scheuen die Kosten für den Ausbau der Netze.

Wer kennt das nicht. Da sitzt man im Zug, telefoniert gerade mit dem Büro oder mit daheim, und plötzlich herrscht Funkstille - im wahrsten Sinn des Wortes. Bahnreisende beklagen sich zunehmend über diese Zustände, sowohl in ländlichen Regionen als auch auf Fernstrecken. Aus Sicht der oppositionellen FDP ist das für ein Fortschrittsland wie Baden-Württemberg auf Dauer nicht akzeptabel. Der Landtagsabgeordnete Friedrich Bullinger hat deshalb Alarm geschlagen und das neue Verkehrs- und Infrastrukturministerium von Minister Winfried Hermann (Grüne) in einer parlamentarischen Anfrage um Auskunft gebeten, was die neue grün-rote Landesregierung zu tun gedenke, damit sich die Qualität der Telefonie auf den Strecken der Deutschen Bahn im Südwesten bessert.

Doch die neue Koalition mag sich da offenbar nicht einmischen. Zwar räumt das Ministerium ein, dass es nach Aussage der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg auf diversen Bahnstrecken im Land durchaus Funklöcher gibt - zum Beispiel auf der Strecke Lauda-Würzburg, im Schwarzwald und in Hohenlohe. Und Hermann bestätigt in seiner Antwort auf Bullingers Anfrage auch, dass die Probleme "in der Regel auf eine fehlende Netzabdeckung zurückzuführen" seien. Mehr mag der Minister in dieser Angelegenheit aber derzeit nicht tun. "Die Mobilfunkbetreiber nehmen den Ausbau ihres Netzes in eigener Verantwortung wahr", lässt Hermann mitteilen. Im Übrigen gehe die Landesregierung davon aus, "dass die Betreiber der Netze von sich aus die Maßnahmen ergreifen, die sie im Kunden- und Firmeninteresse für notwendig erachten". Soll heißen: Anbieter wie T-Mobile, Vodafone, O2 und E-Plus müssten ein eigenes Interesse haben, die Zustände zu verbessern.

Aus Sicht von Bullinger ist die Antwort des Ministers jedoch "völlig unzureichend". Es sei Aufgabe der Landesregierung, bei den Netzbetreibern darauf hinzuwirken, dass die Netze ausgebaut würden und die Qualität der Telefonie damit besser werde. "Mich enttäuscht es, dass die Landesregierung offenbar nicht bereit ist, sich für eine Verbesserung einzusetzen", so Bullinger an die Adresse des Infrastrukturministers.

Die Bahn hält sich in der Angelegenheit zurück. "Die Mobilfunkbetreiber sind letztendlich für die Netze verantwortlich", bestätigt ein Sprecher der DB Regio in Stuttgart auf Anfrage unserer Zeitung. Zwar sorge die Bahn auf bestimmten, stark frequentierten Abschnitten wie der ICE-Strecke zwischen Stuttgart und Mannheim mit dem Einbau von sogenannten Repeatern dafür, dass die Funksignale in einzelnen Waggons verstärkt werden und das Telefonieren besser möglich ist. Aber landesweit sei dies nicht zu realisieren. "Die Netzbetreiber prüfen genau, ob sich der kaufmännische Aufwand für den Netzausbau rechnet und im richtigen Verhältnis zum Nutzen steht", so der Bahn-Sprecher. Es sei die Linie der Betreiber, vor allem die Hauptstrecken, aber nicht alle Nebenstrecken "handytauglich" zu machen.

In der Tat ist der Ausbau der Netze eine Geldfrage. Zwar wollen sich die großen Anbieter wie T-Mobile nicht zu Kosten äußern, aber der Finanzierungsaufwand für neue Sendemasten geht in die Millionen. "Wir haben in den vergangenen Jahren deutlich nachgebessert und auf vielen ICE-Strecken die Waggons mit Repeatern ausgestattet", so ein Telekom-Sprecher. Auf Nebenstrecken sei das nicht immer möglich. "Unsere Entscheidungen richten sich auch nach dem Fahrgastaufkommen."

Ein Weg zur Verbesserung der Empfangbarkeit unterwegs könnte sein, dass die Mobilfunkbetreiber in Zukunft verstärkt die Sendemasten der Deutschen Bahn nutzen. Deren Zugbegleiter arbeiten mit Smartphones und bewegen sich dabei laut Minister Hermann im Netz von T-Mobile. "Wenn die Technik der Bahn vorhanden ist, wird es immer eine machbare Lösung geben, damit andere Anbieter ebenfalls bei uns an den Sendemast kommen", sagt der Bahn-Sprecher. Nur eines sei ausgeschlossen: Dass die Bahnreisenden künftig über den separaten Zugbahnfunk privat telefonieren oder im Internet surfen. "Das ist ein geschlossenes Netz, das nur für interne Zwecke zugelassen ist und für Notfälle stets freigehalten werden muss", so die Bahn.