Im Herbst und Winter legen Tiere längere Strecken zurück, um ausreichend Futter zu finden. Foto: Dedert

Im Herbst- und Winter passieren besonders viele Unfälle mit Wildtieren. Worauf man achten sollte.

Mittleres Kinzigtal - Es geht ganz schnell: Wie aus dem Nichts leuchten zwei Augen im Dunkeln auf, dann kracht es schon. Im Herbst und Winter passieren besonders viele Wildunfälle. Warum das so ist und wie sie vermieden werden können, erklärt Förster Frank Werstein.

Ob Reh, Wildschwein, Fuchs oder Igel: Gerade in der dunklen Jahreszeit werden sie häufig Opfer von Zusammenstößen mit Autos und Lastwagen.

Warum es passiert: Während im Sommer das Nahrungsangebot für Wild noch groß ist, müssen Reh und Wildschwein zum Jahresende hin größere Strecken zurücklegen, um ausreichend Futter zu finden. Sie sind länger und häufiger unterwegs – und das meistens in der Dämmerung. Im Herbst und Winter fällt diese mit dem Arbeitsbeginn und Feierabend der meisten Menschen zusammen, so dass just dann, wenn besonders viele Tier auf Futtersuche sind, zahlreiche Pendler auf den Straßen unterwegs sind. Hinzu kommt, dass im Herbst für viele Tiere Paarungszeit ist. "Da passen sie weniger gut auf", so Werstein, Revierleiter des Forstreviers Gutach.

Was man bei einem Unfall tun sollte

Das ist zu tun, wenn es passiert: Egal, ob das Tier, mit dem der Autofahrer zusammengestoßen ist, weiter läuft oder auf der Straße liegt, ob es ein großes Wildschwein ist oder ein kleiner Hase: Der Jagdausübungsberechtigte muss unbedingt verständigt werden. "Wer nicht weiß, wer das ist, ruft die Polizei an. Die kennt ihn und wird ihn benachrichtigen", sagt Werstein.

Wenn das Tier verletzt oder tot auf der Straße liegt, gilt wie bei jedem anderen Unfall, dass die Gefahrenstelle mit Warnblinker und einem Warndreieck gesichert werden muss. Ein totes Reh sollte der Fahrer im Zuge der Sicherung wie es die Straßenverkehrsordnung vorsieht von der Straße ziehen, so Werstein. Was bei einem Reh mit einem Gewicht von 20 bis 30 Kilogramm geht, wird bei einem Wildschwein, das im Schnitt 50 Kilo, manchmal sogar bis zu 200 auf die Waage bringt, allerdings schwieriger.

Bei verletzten Tieren sei die Situation komplizierter. Sind sie in einem derart schlechten Zustand, dass sie sich nicht mehr bewegen können, sollten sie von der Straße entfernt werden. Tiere, bei denen die Gefahr besteht, dass sie jeden Moment aufspringen und mit einem weiteren Auto zusammenprallen, könne man versuchen, von der Fahrbahn zu scheuchen. Gerade bei Wildschweinen sei aber Vorsicht geboten. Werstein betont: "Die eigene Sicherheit steht absolut im Vordergund."

Aber auch, wenn der Fuchs, Hirsch, das Reh oder Wildschwein scheinbar unverletzt weiter läuft, muss der Jagdausübungsberechtigte verständigt werden, denn: "Bei einer Kollision mit einem Auto ist davon auszugehen, dass das Tier das nicht unbeschadet übersteht. Viele rennen im Schock aber noch 200, 300 Meter, manchmal sogar bis zu mehrere Kilometer weiter, bis sie zusammenbrechen", weiß der Förster. In dem Fall sei es sehr wichtig zu wissen, wo genau der Zusammenstoß geschehen ist, damit das verletzte Tier, meistens mit einem speziell für die sogenannte Nachsuche ausgebildeten Hund, gefunden werden kann. "Ein verwundetes Tier, das nicht mehr aufstehen kann, leidet nicht nur Schmerzen, sondern muss oft elend verhungern, wenn wir es nicht finden", betont Werstein.

Wer die Stelle gut beschreiben kann, muss nicht unbedingt dort bleiben und auf den Jäger oder die Polizei warten, auch wenn das am sichersten sei. Werstein empfiehlt zusammenfassend: "Klären Sie am Telefon ab, ob sie warten sollen oder weiterfahren können."

Tipps zur Vermeidung von Wildunfällen

Das ist zu tun, damit es nicht passiert: Vorsichtig und mit angepasster Geschwindigkeit zu fahren, ganz besonders im Wald und an unübersichtlichen Stellen auf offenem Feld: ist laut Werstein und der Polizei die beste Strategie, um einen Wildunfall zu vermeiden. Die Schilder, die vor Wildwechsel warnen, seien zu beachten. Der Förster warnt auch: "Wenn Sie ein Tier sehen, müssen Sie damit rechnen, dass noch mehr folgen." Und auch wenn es nicht zu einem Zusammenstoß kommt, könne es passieren, dass das unverletzte Wild plötzlich kehrt mache und noch einmal über Straße renne. Die Tipps zur Unfallvermeidung sollten Autofahrer auch zu ihrer eigenen Sicherheit beherzigen. "Bei einer Kollision besteht je nach Gewicht des Tiers und Höhe der Geschwindigkeit nicht nur für das Wild Lebensgefahr", so Werstein. Wenn sich eine Kollision nicht vermeiden lässt, solle der Fahrer aber dennoch nicht versuchen auszuweichen.

Das passiert, wenn man flüchtet: Wolfgang Kramer von der Pressestelle der Polizei in Offenburg betont, dass es im Interesse der Fahrer liege, einen Wildunfall zu melden und die Zuständigen zu benachrichtigen. Denn wenn Versicherungen einen Schaden begleichen sollen, setzen sie oft einen Polizeibericht voraus. Dennoch gelte, dass eine fehlende Unfallanzeige bei einem Wildunfall kein Strafverfahren wegen Unfallflucht nach sich ziehen könne, weil es quasi keinen Geschädigten gibt. "Ein Tier zählt nach der Rechtsprechung nicht als Geschädigter. Somit kommt auch ein Schadensersatz in Bezug auf das verendete Wild nicht in Frage", führt Kramer aus. Trotz allem gebe es eine Meldeverpflichtung nach dem Jagd- und Wildtiermanagementgesetz speziell für Unfälle mit Schalenwild. Ansonsten kann sich eine Mitteilungspflicht aus dem Tierschutzgesetz ergeben. Ein verendetes Tier dürfe im Übrigen nicht mitgenommen werden. Das passiert mit verletzten Tieren: Schwer verletztes Wild ohne Aussicht auf Genesung erlösen der Jagdausübungsberechtigter und in seltenen Fällen die Polizei von ihrem Leid. Aber nicht jedes angefahrene Tier muss sterben: "Je nach dem, wie schwer die Verletzungen sind, schaut man, ob ihnen geholfen werden kann", so Werstein. Er selbst habe schon viele verletzte Tiere versorgt und jüngere groß gezogen. Wenn er selbst nicht in der Lage ist, sich um ein verwundetes Wild zu kümmern, suche er nach jemanden, der es aufnehmen kann.

Info: Statistik

In der polizeilichen Statistik werden nur Wildunfälle erfasst, bei denen Menschen verletzt wurden. Im Ortenaukreis waren das:

 2014: 6

 2015: 12

 2016: 11

 2017: 13

 2018: 12