Reh in Mühlenbach gerissen. Herrchen und Frauchen sollten ihre Tiere in Brut- und Setzzeit anleinen.
Mittleres Kinzigtal - Wolf und Luchs sind im Schwarzwald keine Unbekannten mehr, doch Wildtiere müssen sich nicht nur vor ihnen fürchten: Ein Hund hat vor Kurzem in Mühlenbach ein Reh gerissen. In der Brut- und Setzzeit sollten Hundehalter ein paar Dinge beachten.
Der Hund stammt vom Wolf ab und so ist auch des Menschen liebstes Haustier ein Raubtier. Ob Dackel, Pudel oder Schäferhund, jeder von ihnen besitzt einen mehr oder weniger ausgeprägten Jagdtrieb. Und dem ist vor Kurzem ein Reh in Mühlenbach zum Opfer gefallen. Ein wildernder Hund hatte dort ein trächtiges Reh gejagt und dann erlegt. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen. Ein Einzelfall? Oder sind wildernde Hunde eine größere Gefahr für das Wild als Wolf und Luchs?
"Solche Fälle dringen immer mal wieder an mein Ohr oder ich lese Berichte über wildernde Hunde, die etwas gerissen haben. Ich selbst habe so etwas aber noch nicht erlebt", berichtet Kreisjägermeister Hans-Jürgen Schneider aus Gutach auf Anfrage. Auch seine Oberwolfacher Kollegen Heiner Dieterle und Hegeringleiter Martin Bonath können aus ihrem Bereich nicht von wildernden Hunden berichten.
Trächtige Tiere können nicht schnell fliehen
Das bedeute allerdings nicht, dass es so etwas nicht gebe, sind sie sich einig. Doch man müsse einen Hund auf "frischer Tat" erwischen, um zweifelsfrei sagen zu können, dass er gewildert hat, und bei einem toten Reh im Wald kämen auch andere Tiere als Täter in Frage. Ob es sich um einen Hund handelt, wird nur dann mittels einer Speichelprobe überprüft, wenn der Verdacht besteht, dass es ein bestimmtes Exemplar verantwortlich ist.
Das Problem sei allerdings nicht einmal unbedingt, dass Hunde Wild erlegen. "Gerade kleine Hunde sind meistens zu langsam, um nachzustellen oder werden von der Botanik aufgehalten", erklärt Schneider. Jeder wildernde Hund erzeugt aber Stress für Reh, Hase und Hirsch – zumal ein Familienhund im Gegensatz zu einem ausgebildeten Jagdhund stumm jagt. So fällt es einem aufgescheuchten, flüchtenden Wildstück schwer, einzuordnen, wo der Feind sich gerade befindet, was es noch zusätzlich stresst. Ein trächtiges Tier könne dann auch einmal kollabieren.
Generell erlebt Schneider die meisten Hundehalter aber als verantwortungsbewusst – gerade jetzt in der Brut- und Setzzeit, in der trächtige Tiere Stress nicht gut vertragen und nicht mehr so schnell fliehen können.
Ob er eine Leinenpflicht, wie sie ganzjährig oder zumindest für diese sensible Zeit, in der viele Wildtiere ihre Jungen bekommen, in vielen anderen Bundesländern angeordnet ist, für sinnvoll hält, will Schneider offen lassen. "So eine Verordnung ist schnell aufgestellt, aber irgend jemand muss ja auch die Einhaltung kontrollieren", gibt er zu bedenken. Außerdem: "Es gibt hier keine klassischen Freilaufflächen und ein Hund muss in einer artgerechten Haltung auch einmal rumtollen dürfen." Schneider empfiehlt Hundebesitzern allerdings, in der jetzigen Jahreszeit ihre Tiere anzuleinen und besonders gut aufzupassen.
"Die Idee für eine generelle Leinenpflicht im Wald finde ich gar nicht so schlecht", meint hingegen Bonath. Nicht nur wegen der Wildtiere. "Fast die Hälfte der Bevölkerung fürchtet sich vor großen Hunden und selbst mir wird etwas mulmig, wenn ich mir ein großes Tier entgegen läuft und der Besitzer nicht zu sehen ist", sagt er. Doch auch er meint: "Was ich im Wald erlebe, ist eigentlich nicht zu beanstanden." Er spreche die Leute freundlich an und empfehle ihnen, ihre Hunde anzuleinen. "Die meisten sind einsichtig, zumal ich als Oberwolfacher den Großteil von ihnen kenne", so Bonath.