Christof Terglane hielt die Rede. Foto: Kleinberger

BZ-Rektor Christof Terglane ruft dazu auf, Zivilcourage zu zeigen. Aus Vergangenheit lernen.

Mittleres Kinzigtal/Haslach - Braucht es den Volkstrauertag? Bei der Gedenkveranstaltung in Haslach haben Vertreter und Bürger der Stadt keinen Zweifel an der Antwort gelassen: Ja.

Am Sonntag ist vielerorts der Kriegstoten sowie Opfer der Gewaltbereitschaft und Gewaltherrschaft gedacht worden. In Haslach legte Bürgermeister Philipp Saar gemeinsam mit Nurullah Durmus, Vorsitzender der Türkisch-Islamischen Gemeinde, und dem diesjährigen Redner Christof Terglane, Rektor des Bildungszentrums, den Kranz am Ehrenmal nieder. "Unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Frieden unter den Völkern", sagte der Bürgermeister.

Die Gedenkfeier fand in der Klosterkirche statt. Sie wurde von Schülern des Heinrich-Hansjakob-Bildungszentrums (BZ) mitgestaltet und vom Adoramus-Chor unter Leitung von Bernhard Mussler würdig umrahmt.

Die Schüler trugen ihre eigenen Ansichten und Gedanken zu diesem Gedenktag vor. Dabei wurde deutlich, dass sie sich nicht vorstellen könnten, selbst im Krieg aufzuwachsen. "Ich weiß nicht, was ich tun würde", sagte eine 14-jährige Schülerin.

14 Jahre alt war auch Terglanes Vater, als er kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs noch eingezogen werden sollte. "Zum Glück", so der Rektor, passierte dies nicht mehr – und ebenso zum Glück kamen auch die beiden Brüder seines Vaters lebend aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Zunächst sei es ihm schwer gefallen, Worte zu finden, bekannte Terglane. Je länger er darüber nachgedacht habe, warum das so sei, desto mehr sei ihm bewusst geworden, wie Grundlegend das Thema des Gedenkens und die daraus folgenden Konsequenzen "bis zum heutigen Tag für uns alle sind".

Der Geschichtsunterricht sei für ihn selbst lange vom Thema Nationalsozialismus geprägt gewesen. Ihm blieb das Gefühl einer Schuld, wodurch er ein Problem mit dem Gedenktag bekommen habe – er habe ihn falsch verstanden. "Weil ich nicht verstanden habe, das die Toten und die Überlebenden vor allem auch Opfer waren, Opfer der Allmachtsfantasien und der Verblendung des totalitären Regimes".

Die Kriege haben nicht aufgehört, Millionen von Menschen sind gestorben. Noch immer sei Gewalt auf der Welt verbreitet, um andere zu unterdrücken und "ihnen im Namen von Nation, Volk, Rassen, Religion oder Ideologie den eigenen Willen aufzuzwingen".

Krieg, Terror und Verfolgung sind noch immer nah. "Das zeigen uns die Kinder in unserer Schule, die aus den aktuellen Krisen- und Kriegsgebieten auf lebensgefährlichen Routen zu uns geflüchtet sind". Sie würden manchmal erzählen, wie furchtbar es für sie war, aber oft blieben sie stumm, weil sie verunsichert seien. Und es passiere nicht in der Vergangenenheit, sondern jetzt.

Daher müsse das Gedenken eine Mahnung sein, aus der Vergangenheit zu lernen. "Wir dürfen nicht wegschauen, als ginge es uns nichts an." Das sei nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit, sondern auch der vorausschauenden Vernunft. "Der Glaube an die Begrenzbarkeit von Konflikten ist eine gefährliche Illusion." Und in Deutschland werden wieder Menschen bedroht, die für eine offene und tolerante Gesellschaft einstehen, das habe dieses Jahr deutlich gezeigt. Es dürfe nicht geschehen, dass Menschen wieder Angst haben müssten, für diese Werte einzustehen. Während alle Zivilcourage zeigen müssten, komme der Schule eine besondere Rolle zu, die nachfolgenden Generationen zu sensibilisieren.

Eine Schülerin hatte gefragt, ob es den Tag noch braucht. Er schließe sich ihrer Antwort an, sagte Terglane. "Wir brauchen ihn." Aus Respekt vor den Millionen Opfern von Krieg und Gewalt – und um zu wissen, was die Menschen nie wieder erleben sollen.