Die Stellenanzeige ist das klassische Instrument, Personal zu finden. Foto: Sonthe

Mittelständler haben es oft schwer, offene Stellen zu besetzen. Unternehmer reagieren mit Imagewandel, verbesserten Strategien und auffälliger Werbung.  

95 Prozent der mittelständischen Unternehmen haben offene Stellen zu besetzen. Für diese Vakanzen finden Firmen in mehr als der Hälfte der Fälle nur schwer Personal oder gar nicht. Diese Zahlen stellte die Jobbörse Monster.de im Juli zusammen. Der Fachkräftemangel wächst sich mehr und mehr zur Wachstumsbremse aus. Die Situation habe sich 2013 sogar noch weiter verschärft.

Die von Monster Deutschland befragten Unternehmen sehen die demografische Veränderung klar als Ursache der Personalverknappung. Der Anteil der schwer besetzbaren offenen Stellen ist im Vergleich zum Vorjahr sogar noch um 2,1 Prozentpunkte gewachsen und der Anteil der nicht besetzbaren Vakanzen um drei Prozent. 'Der Fachkräftemangel wird für immer mehr Unternehmen des Mittelstands zur akuten Belastung', sagt Bernd Kraft, Topmanager bei Monster Deutschland. "Jede nicht besetzte Stelle birgt das Risiko eines wirtschaftlichen Verlusts. Das Unternehmen muss sich die Frage stellen, ob es wirklich alle Möglichkeiten bedacht hat: von der Optimierung der Zielgruppenstrategie bis hin zum richtigen Layout seiner Stellenanzeige", betont Kraft.

Spezialist für die Gestaltung der perfekten Stellenanzeige ist Kay Tangermann. In seinem Buch "Die neue Stellenanzeige" gibt der Geschäftsführer einer Werbeagentur Tipps für Anzeigen, die auffallen und gelesen werden. "Seriosität verpflichtet nicht zur Langeweile. Deckt man den Firmennamen ab, sehen viele Anzeigen gleich aus", weiß Tangermann. Dabei soll eine Einladung zum Bewerben ganz anders aussehen: originell, anregend, unverwechselbar. Um das zu erreichen, plädiert Tangermann für klar formulierte Texte. "Je präziser, anspruchsvoller und kompromissloser eine Anzeige formuliert ist, desto weniger unnötige Bewerbungen bringt sie. Das entlastet auch die Personalabteilung bei der Auswahl", sagt der Werbeprofi. Anzeigen mit Charakter verwirklichen Rekrutierer, die Mut zum eigenen Gesicht haben, mit eindrucksvoller Typografie. Plastische Sprache und anschauliche Formulierungen seien der Weg zum Traumkandidaten.

"Wir setzen bei all unseren Anzeigen auf das gewisse Augenzwinkern", sagt Roland Rüdinger. Der Geschäftsführer der gleichnamigen Spedition in Krautheim visualisiert seine Anforderungen mit passendem Bildmaterial. "Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen" - versprechen seine Anzeigen mit der humoristischen Anspielung auf den Standort in Hohenlohe, weitab von der nächsten großen Stadt. "Obwohl wir ein mittelständischer Logistikdienstleister sind, lassen wir unsere Anzeigen professionell gestalten und betexten", sagt Rüdinger, der in durchdachtes Werbematerial investiert. Die Firmenfarben, ein knalliges Orange und dunkles Blau, kommen ihm ebenso zupass. Besonders leide seine Firma unter dem Mangel an Berufskraftfahrern. Sowohl für den Nahverkehr mit kleineren Lkw bis 18 Tonnen sowie für Fahrten in Europa und der ganzen Welt sucht der Traditionsunternehmer mit auffälligen Anzeigen Fahrer sowie Auszubildende.

Professionelle Stellenanzeigen sind nur eine Option, die Mittelständler ziehen. Für 83,1 Prozent ist die eigene Ausbildung ein Instrument. So macht das auch Rüdinger mit einer Ausbildungsquote von 20 Prozent. "Im ländlichen Raum ziehen die Jugendlichen weg, um in der Stadt zu lernen. Dann bleiben sie dort, und die Dörfer veröden. Ich möchte Nachwuchs von hier, der zur Stabilität meiner Firma und der Region beiträgt", ergänzt der Geschäftsführer.

Außerdem setzen die Befragten laut Monster Deutschland auf die Rekrutierung von Frauen (63,5 Prozent) und Älteren (56,9 Prozent). Für 56,3 Prozent sind flexible Arbeitszeitmodelle eine Möglichkeit. Nur 17,7 Prozent sehen internationale Rekrutierung als Lösung ihrer Probleme. "Die Bindung der Mitarbeiter und die Pflege des eigenen Images sind für die befragten Mittelständler die Schlüsselherausforderung", sagt Kraft.

Ein Werkzeug, bei der eigenen Firma zu erkennen, woran es hakt, ist der Unternehmercheck der Offensive Mittelstand. Der Check "Guter Mittelstand" soll helfen, Entwicklungspotenziale in Firmen aufzuspüren. Er beruht auf den Erfahrungen erfolgreicher Unternehmen sowie auf Erkenntnissen wissenschaftlicher Forschung. Dass die ehrenamtlich geführte Offensive Mittelstand ihren Partnern einen direkten Nutzen bringt, bestätigt Geschäftsführerin von Art of Hair Studio, Andrea Menze, aus Esslingen. Durch den Unternehmercheck konnte sie die bestehenden Probleme in ihrem Friseurbetrieb ausmachen. "Diese lagen vor allem im Bereich der Personalführung meiner drei Mitarbeiter", sagt Inhaberin Menze.

Der Check soll ihr helfen, Beschäftigte zu motivieren und sie an das Unternehmen zu binden. Das ist ein entscheidender Erfolgsfaktor angesichts des Fachkräftemangels und einer immer älter werdenden Bevölkerung. Auch an der strategischen Ausrichtung möchte die Wellnesstrainerin und Make-up-Spezialistin arbeiten. "Um meinen Betrieb wieder auf Kurs zu bringen und zukunftsfähig aufzustellen, habe ich das Förderprogramm der Offensive Mittelstand beantragt", berichtet Menze. Mit einem selbst gewählten Berater stellt sie nun im Rahmen des Programms einen Handlungsplan für die kommenden Monate auf. "Erste Punkte auf der Liste konnte ich bereits erfolgreich umsetzen", weiß die Chefin.

"Der Check fördert, was Mittelständler immer stark gemacht hat: eine Kultur des Vertrauens und der Wertschätzung. Das ist Voraussetzung für Engagement, Ideen und Innovation", sagt Angelika Stockinger von der Offensive Mittelstand. Dem guten Unternehmer liegt die Qualität seiner Produkte und Leistungen am Herzen, und ihm ist die Zufriedenheit seiner Kunden und Beschäftigten wichtig.