John Steed und Emma Peel in „Mit Schirm, Charme und melone“ Foto: Verleih

Der gemeine Brite trägt Tattoo, ist trinkfest und kann keine Elfmeter schießen? Falsch. Ganz falsch. Der Brite an sich, der Musterbrite sozusagen, ist dezent, gut gekleidet, schlagfertig und von einer lässigen Souveränität, die noch im Angesicht evidenter Todesgefahr eisern an der Gewohnheit des Five o’clock tea festhält.

London - Der gemeine Brite trägt Tattoo, ist trinkfest und kann keine Elfmeter schießen? Falsch. Ganz falsch. Der Brite an sich, der Musterbrite sozusagen, ist dezent, gut gekleidet, schlagfertig und von einer lässigen Souveränität, die noch im Angesicht evidenter Todesgefahr eisern an der Gewohnheit des Five o’clock tea festhält. Er ist, kurz gesagt, wie John Steed.

In der Kultserie „Mit Schirm, Charme und Melone“ ist Steed sozusagen die Melone. Ein weltläufiger Geheimagent im Dienst des Secret Service. Er ist so berechenbar britisch, dass es krachend langweilig sein könnte, wenn er nicht vor allem eines wäre: ironisch. Es ist ein Spiel, alles ist ein Spiel, dieser Auftrag, diese Serie, dieses Leben. Und gespielt wird es vom unvergleichlichen Patrick Macnee, der so mit der Rolle seines Lebens verschmolz, dass es für ihn zunächst kein Filmleben nach dem Tod von „The Avengers“ (Die Rächer), so der englische Titel, gegeben hat. Zu Beginn dieses Jahrzehnts tauchte er dann wie ein flüchtiger Geist für Sekunden in einem Musikvideo von Oasis auf. Ein kurzer Gruß aus einer untergegangenen Zeit.

Die Serie war Kult und ist es noch. Dass sie in den 60er Jahren in Deutschland einschlug wie eine Bombe, lag an der klugen Entscheidung, die deutschen Zuschauer zunächst mit der vierten Staffel zu beglücken. Da tritt nämlich Diana Rigg zum ersten Mal auf. Wenn Steed die Melone ist, ist Rigg in der Rolle der Emma Peel der Charme. Wobei das eine gewaltige Untertreibung wäre, „understatement“ eben.

Der Filmname Emma Peel ist dem Klang von „Man Appeal“ nachgebildet, eine Anspielung auf die magnetische Wirkung der kessen Lady auf die Männerwelt. Was übrigens nicht zuletzt an den Kostümen und Kleidern der Serie lag, die rasch Kultcharakter annahmen. Miss Peel hatte einen höchst ansehnlichen Hang zu Lack und Leder. Nicht ohne zu übertreiben, wie die deutschen Fernsehmacher damals fanden und die ominöse Folge 99 den deutschen Zuschauern vorenthielten, weil Peel als rattenscharfe Domina in (selbst entworfener) Lederkorsage mit Stachelhalsband auftrat. Ironie musste man hierzulande eben noch lernen. Wie übrigens auch die Tatsache, dass Peel ungefähr der Gegenentwurf zur „kriminalistischen Frau an seiner Seite“ war, wie sie hierzulande etwa „Rehbein“ verkörperte, die unendlich servile Sekretärin des „Kommissar“ Erik Ode. Peel war selbstbewusst, intelligent, zupackend (Karate!) und in jeder Hinsicht ebenbürtig. Wie überhaupt der bewusst unklare erotische Status der Beziehung der Protagonisten zueinander die Fantasie der Zuschauer mächtig beflügelte.

Überhaupt ging es in dieser Serie um Accessoires. Vielleicht vor allem darum. Denn die Handlung war stets ein wenig abstrus. Durchgeknallte Forscher, gespensterumwölkte Schlossbesitzer oder exzentrische Sammler – eben ein Querschnitt britischen Alltags – griffen nach Macht, nach Weltherrschaft gar, oft mit Mitteln futuristischer Apparate. Die Science-Fiction lernte hier das Laufen. Da mussten Steed und Partnerin ran. „Miss Peel, unsere Hilfe ist gefragt.“

Aber wichtig war nicht, was sie taten, sondern wie. Stil schlägt Story. Das war das ganze Geheimnis. Aber es war eben ein großes. Die Autos zum Beispiel. Steed fährt Bentley oder Royce, Peel Lotus Elan. In einer legendären Folge zwängen die beiden sich zur Verfolgungsjagd in einen Messerschmitt Kabinenroller. Oder die Möbel und die Muster. Herrlich schräg. Die Melone war stahlverstärkt, der Schirm auch ein kampfbewehrter Degen.

Ab Folge 131, das war im Jahr 1968, trat dann „Tara King“ ( Linda Thorson) die Peel-Nachfolge an. Schweigen wir davon. Es gibt nur eine Emma Peel und einen John Steed.

Aber es gibt Nachahmer. Die Serie hat Schule gemacht. Die Ähnlichkeit zur Grundidee der James-Bond-Filme ist eklatant. Kein Wunder, dass später mehr als 80 Schauspieler aus den „Avengers“ in Bond-Streifen auftauchten. Auch Diana Rigg. Als Tracy in „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ war sie das einzige Bond-Girl, das James heiraten durfte. Nicht zur übergroßen Freude des Publikums. Der Film floppte weitgehend. Riggs immerhin ist noch immer eine gefragte Schauspielerin. In diesem Jahr war sie in einer anderen britischen Kultserie, „Doctor Who“, erstmals zusammen mit ihrer Tochter Rachael Stirling zu sehen.

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