Wegen wiederholten Fahrens ohne Fahrerlaubnis hat sich in Meßstetter in Hechingen verantworten müssen.  Symbolfoto: Maier Foto: Schwarzwälder Bote

Amtsgericht: Heute 28-jähriger Angeklagte bereut Taten / Ohne richitgen Führerschein in Auto unterwegs

Ein 28-Jähriger aus Meßstetten wurde vor dem Hechinger Amtsgericht zu einer einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. In Polizeikontrollen hat er wiederholt den Führerschein des "deutschen Reiches" statt eines offiziellen Dokumentes vorgezeigt.

Ein 28-Jähriger aus Meßstetten wurde vor dem Hechinger Amtsgericht zu einer einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. In Polizeikontrollen hat er wiederholt den Führerschein des "deutschen Reiches" statt eines offiziellen Dokumentes vorgezeigt.

Bisingen/Balingen. Der deutsche Rechtsstaat existiert also doch. Dieser wahren Tatsache musste ein 28-Jähriger Angeklagter nach dem gesprochenen Urteil im Hechinger Amtsgericht ins Auge sehen. Bei seinen Taten im vergangenen Jahr hatte er diesen noch geleugnet. Bei der Hauptverhandlung gestand der Angeklagte, der in die sogenannte Reichsbürger-Szene abgerutscht war, seine Taten und kündigt Besserung an. Was war passiert?

Im vergangenen Sommer hat der Angeklagte im Raum Bisingen und Balingen mit seinem Ford Focus ohne Führerschein mehrmals am Straßenverkehr teilgenommen. Unbemerkt blieb sein Verhalten nicht lange: Am 28. Juni vergangenen Jahres geriet der 28-Jährige in der Thanheimer Straße in Bisingen nahe der Avia-Tankstelle gegen 13 Uhr in eine Polizeikontrolle. Schnell wurde festgestellt, dass der Angeklagte kein offizielles Dokument besitzt. Laut damaligen Aussagen habe er das aber auch nicht nötig.

Mit einem Führerschein des "Deutschen Reiches" unterwegs

Denn: Mit dem Führerschein des "deutschen Reiches" – ausgestellt am 20. Mai 2020 – könne er problemlos durch die Gegend fahren. Der deutsche Staat existiere nämlich überhaupt nicht.

Gleiches Spiel, andere Ort am 20. August vergangenen Sommer um 22.50 Uhr: In der Waldstetter Straße in Balingen wurde der Meßstetter erneut kontrolliert – natürlich ohne Führerschein. Die Polizeibeamten bekamen dieselbe Ausrede und dasselbe Dokument vorgezeigt. In seinem Übermut teilte er der Polizeistreife mit, sich ein anderes Mal mit dieser Masche aus der Affäre gezogen zu haben.

Fünf Tage später am 25. August die nächste Polizeikontrolle: In der Ohnrastraße in Frommern – unweit des zweiten Tatorts – fuhr der Angeklagte abermals mit seinem Ford Focus und dem Führerschein sowie Ausweis des "deutschen Reiches" bei der Polizeikontrolle vor. Das dritte Vergehen binnen kurzer Zeit. Zu viel des Guten.

Bei der Sitzung im Amtsgericht hat sich der Angeklagte bereits von seinen geistigen Vorstellungen über die Existenz eines "deutschen Reiches" verabschiedet und sprach von "blöden Verschwörungstheorien". In den "Reichsbürger"-Sumpf sei er durch seinen Bruder geraten – den Kontakt habe er nun abgebrochen. Als im Frühjahr 2020 dieser Streit mit seiner Freundin hatte, nahm er ihn in seiner Wohnung auf. Als dann die Coronavirus-Pandemie ausbrach, fing der Bruder an, sich für die "Reichsbürger"-Szene zu begeistern.

Die Folge: Der Angeklagte wurde von seinem fanatischen Bruder dazu aufgefordert, sich seiner Gesinnung anzuschließen – was dieser dann auch tat. In der Verhandlung bestätigte der Angeklagte, dass die Rahmenumstände mit dem Lockdown und sein Ärger über die fehlende Fahrerlaubnis als Brandbeschleuniger dienten und den Einstieg in das "Reichsbürgertum" begünstigten.

Dass er heute wieder voll im Leben steht, habe er einem Polizeibeamten zu verdanken, der ihm während der Polizeikontrolle ins Gewissen redete, sodass er seinen Fehler erkannt hat. Er selbst könne sich nicht ausmalen, wie er solch einen "Schwachsinn" glauben konnte.

Polizist schafft es, den jungen Mann wieder auf die Spur zu bringen

Belastend kommt für den Meßstetter hinzu, dass er vorbestraft ist – und zwar für dasselbe Vergehen. Fünf Einträge über den Angeklagten weist das Bundeszentralregister auf. Im Zeitraum von 2015 bis 2018 war der 28-Jährige immer wieder ohne Führerschein im Auto unterwegs. 2018 saß er wegen ganzer 32 Delikte dieser Art auf der Anklagebank.

Allerdings unbewusst, wie die Verteidigerin erklärt. Als Taxi-Fahrer habe man seinem damaligen Arbeitgeber seinen Personenbeförderungsschein entzogen. Der ließ den Angeklagten darüber aber in Unkenntnis und so fuhr der Meßstetter weiter Taxi bis er den Führerschein endgültig abgeben musste.

2018 wurde er schon zu einer Bewährungsstrafe verurteilt – drei Jahre hätte er strafrechtlich nicht in Erscheinung treten dürfen. Mit dem nun gefällten Urteil tut er es aber doch. Eigentlich hätte das nun eine Gefängnisstrafe zur Folge gehabt, die von der Staatsanwaltschaft auch gefordert wurde.

Die Richterin ließ aber milde walten und beließ es bei einer erneuten einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Zudem muss der Angeklagte 1400 Euro an die Verkehrswacht Zollernalb spenden.

Die Richterin begründete ihr Urteil damit, dass der 28-Jährige erst kürzlich Arbeit gefunden habe und sich für sein Verhalten entschuldigte. Eine weitere gute Tat: Das Tatfahrzeug, der Ford Focus, hat er Anfang April an die Feuerwehr Hechingen gespendet.

Nun ist er zu Fuß und mit dem Rad unterwegs – den Führerschein will er bald nachholen und neu beantragen. Die Zukunft wird zeigen, ob der 28-Jährige sich bessert und diese "allerletzte Chance" nutzt. Sonst ist der Gang hinter Gitter nicht mehr abwendbar.