Der Viertklässler Henri, ein Kind mit Down-Syndrom, mit seinem Grundschullehrer. Foto: dpa

Seit Wochen wird darüber diskutiert, ob Henri, ein Junge mit Down-Syndrom, auf ein Gymnasium in Walldorf gehen soll. Der Landesschülerbeirat stellt sich hinter Henri und seine Familie. Auch der Lehrerverband zeigt Verständnis.

Seit Wochen wird darüber diskutiert, ob Henri, ein Junge mit Down-Syndrom, auf ein Gymnasium in Walldorf gehen soll. Der Landesschülerbeirat stellt sich hinter Henri und seine Familie. Auch der Lehrerverband zeigt Verständnis.

 

Stuttgart/Walldorf - Vertreter von Schülern und Lehrern haben sich für den Wechsel des geistig behinderten Schülers Henri auf ein Gymnasium in Walldorf (Rhein-Neckar-Kreis) ausgesprochen.

„Henri Ehrhardt hat wie alle Menschen in Baden-Württemberg das UN-Recht auf Bildung“, betonte der Landesschülerbeirat, der 1,5 Millionen Schüler im Südwesten vertritt. Es bestehe kein Grund, dem Jungen mit Down-Syndrom die ihm zustehende inklusive Bildung an einer Regelschule zu verwehren. Auch der Landeschef des Lehrerverbandes VBE, Gerhard Brand, zeigte Verständnis für den Wunsch der Familie, Henri gemeinsam mit Grundschulfreunden die weiterführende Schule besuchen zu lassen.

Eher ablehnend zeigte sich die CDU-Abgeordnete und ehemalige Lehrerin Nicole Razavi. Die Eltern des Kindes und der Junge selbst möchten, dass er nach der Grundschule mit seinen Freunden aufs Gymnasium wechselt. Die Schule lehnt das bislang ab.

Für Razavi ist entscheidend, dass jedes Kind gemäß seinen Leistungsfähigkeiten gefördert wird - egal, ob es zu den begabteren oder zu den schwächeren gehört. Im Gymnasium werde Henri vermutlich nicht die Förderung erhalten, der er dringend brauche. „Für Henri könnte die Teilnahme am Unterricht eine Reihe von Misserfolgen nach sich ziehen, die ihn deprimieren und möglicherweise isolieren könnten. Der Junge darf nicht das Gefühl bekommen, er sei nicht gleichviel wert wie seine Mitschüler.“

Dem Gymnasium, dessen Schulkonferenz sich gegen die Aufnahme Henris ausgesprochen hatte, könne keine Entscheidung aufgezwungen werden. „Die Lehrer haben sich ihre Entscheidung sicher nicht leicht gemacht. Es geht für sie nicht darum, dass sie das Kind nicht haben wollen, sondern darum, was gut für den Jungen ist.“

Brand meinte hingegen, ein stabiles soziales Umfeld für den Jungen habe „einen gewissen Wert“. Er fügte hinzu: „Ich würde mich freuen, wenn die Kollegen an dem Gymnasium akzeptieren könnten, dass das Kind an ihre Schule kommt.“ Voraussetzung sei, dass Henri zusätzliche Hilfe erhalte.

"Er wird immer Brüche haben"

Der Familie müsse aber auch klar sein, dass Henri nach seiner Gymnasialzeit seine Bezugsgruppe verlieren könne, erläuterte Brand. „Er wird immer Brüche haben in seinem Leben.“ Vielleicht sollte er jetzt an eine andere Schule wechseln, in der er Beziehungen aufbauen könne, die länger halten.

Die Schülervertreter betonten, anstatt Kinder wie Henri aus ihrer gewohnten Umgebung zu reißen, solle alles dafür getan werden, die Bildung durch einen angemessenen Ressourceneinsatz inklusiv zu gestalten. Voraussetzung sei, dass dies dem Wohle des Betroffenen diene. Henris Lernfortschritte und seine Integration in die Grundschulklasse seien bislang erfolgreich verlaufen.

Die Vorsitzende des LSBR, Johanna Lohrer, sagte: „Wir sind der Überzeugung, dass von der Inklusion von Menschen mit Behinderungen nicht nur diese selbst, sondern das Schulsystem als ganzes profitieren kann.“ Die Institution Schule erfülle dadurch ihren Erziehungsauftrag, Toleranz und gesellschaftlichem Zusammenhalt zu fördern.

Die Kultusverwaltung will nach der Bildungswegekonferenz, die derzeit vorbereitet wird, festlegen, wo Henri am besten den Unterricht besucht.

 In einer Petition unterstützen mittlerweile mehr als 22.500 Menschen das Anliegen der Walldorfer Familie.