Als Lehrling beschlug er Hufen, später reparierte er Pritschenwagen und betrieb eine Tankstellen: Im Leben des Ringsheimers Siegfried Biehler drehte sich alles um das Transportwesen. Und auch heute ist der 92-Jährige aktiv, wie er beim Besuch erzählt.
Auch im hohen Alter ist Siegfried Biehler voller Tatendrang und Unternehmungslust. Beim Besuch zeigt er unserer Redaktion seine zwei Fahrräder, die er im Moment fährt. Neben seinem gewöhnlichen Rad besitzt er mittlerweile ein Erwachsenen-Dreirad, mit dem er seine täglichen Geschäfte erledigt. Ende 2023 starb seine Frau Gudrun, seitdem lebt Biehler alleine in dem großen Haus in der Ringsheimer Hauptstraße. Seine vier Wände hält er trotzdem in einem ordentlichen Zustand: Im Keller hat Biehler bis heute eine bis ins Detail akkurate Schmiede mitsamt Amboss stehen, die er gerne vorführt.
Mit dem Schmieden hatte bei Biehler alles angefangen. Zu Beginn seines Arbeitslebens ging er bei seinem Vater, der Schmiedemeister für Huftiere war, in die Lehre. Als der Bedarf an Arbeitstieren auf dem Feld nachließ und die Nachfrage nach motorisierten landwirtschaftlichen Maschinen immer größer wurde, sattelte Biehler um. Aus der Schmiede wurde eine Werkstatt für Schlepper und Pritschenwagen. Tiere auf dem Hof gab es trotzdem noch: „Jeder Handwerker hat nebenher Viecher gehabt, vom Handwerk allein konnte damals niemand leben“, erinnert sich der 92-Jährige.
Biehler hat vor 80 Jahren angefangen, Handball zu spielen
1963 heiratete er Gudrun Schmidt. Das junge Ehepaar bekam zwei Kinder. Währenddessen begann das Familiengeschäft zu florieren. Der leidenschaftliche Unternehmer expandierte stetig. Biehler vergrößerte das Wohnhaus, baute einen Ausstellungsraum für den Verkauf von Fahrrädern und Mofas und stellte Zapfsäulen für Benzin und Diesel im Hof auf. Später hatte Biehler an der B 3 eine Elf-Tankstelle mit bis zu zwölf Zapfsäulen sowie Autowaschanlage und Ford-Niederlassung. Vom französischen Mineralölkonzern Elf wurde Biehler für seine Arbeit ausgezeichnet und bekam zur Belohnung Reisen nach Kreta, Kairo und Finnland gestiftet. Obwohl das Automobil sein ganzes Leben bestimmte, hat der Senior trotz 75 Jahre Führerschein nie einen Unfall gehabt . „Bis jetzt“, lacht Biehler.
Auch in den Ringsheimer Vereinen war Biehler präsent. Bereits vor 80 Jahren hatte er angefangen, bei der TuS Ringsheim Handball zu spielen. Damals wurde Handball üblicherweise draußen auf dem Großspielfeld gespielt, nicht wie heutzutage in der Halle. Durch seine Lehrjahre als Schmied habe er einen solch starken Wurfarm bekommen, dass er beim Gegner gefürchtet gewesen sei, berichtet Biehler. „Mit 16 durfte ich mit einer ärztlichen Sondergenehmigung in der ersten Mannschaft spielen“, erzählt er stolz. Später hat Biehler auch in der Südbadischen Auswahl mitgespielt und war für den Handballnachwuchs zuständig. Allerdings war der Senior nicht immer gut auf den Verein zu sprechen, wie er im Gespräch freimütig zugibt. Demnach habe der Verein einst versäumt, ihn für die richtigen Laufwettkampf beim Südbadischen Leichtathletikverband anzumelden. So sollte der junge Biehler 1500 statt 5000 Meter laufen. Da sei er wieder abgereist, erinnert er sich grinsend.
Biehler ist ein treuer Vereinsmensch
Mittlerweile könne er über solche Geschichten lachen, meint Biehler. Und auch wenn zwischen ihm und dem Verein nicht immer alles reibungslos verlaufen sei, ist Biehler bis heute ein treuer Vereinsmensch geblieben. Das gilt auch für den Musikverein: Dort hatte er mehr als 20 Jahre Trompete, Tenorhorn und Posaune gespielt. In seinem Leben hat der Ringsheimer einiges erlebt – das wird bei den unzähligen Geschichten, die Biehler parat hat, deutlich. Vieles, was er sich aufgebaut hatte, musste er allerdings auch wieder aufgeben. So wie die Elf-Tankstelle, die es seit Ende der 1990er-Jahre nicht mehr gibt. Sein altes Radgeschäft gibt es zwar noch und trägt weiterhin den Namen Biehler, die neuen Pächter sind allerdings nicht mit ihm verwandt.
Er habe in seiner Jugend bis zu 100 Stunden pro Woche arbeiten müssen
Manche Chance habe er auch verpasst, wie Biehler im Gespräch bedauert. In die Schule sei er wegen des Zweiten Weltkrieges und den Verpflichtungen zu Hause nur vier Jahre gegangen. 100 Stunden pro Woche habe er in jungen Jahren gearbeitet, erzählt Biehler. Trotz seines guten Gedächtnisses: Es wurmt ihn sehr, dass er seine Erinnerungen nur umständlich zu Papier bringen kann. Seine Schwierigkeiten beim Schreiben hat er zeitlebens als Makel empfunden.
Biehler erfreut sich weiterhin guter Gesundheit. Seine Kinder besuchen ihn häufig, ebenso seine drei Enkelkinder. Einer davon spielt Handball wie einst sein Großvater. Aus der Jüngsten wird mal eine Turnerin, ist Biehler überzeugt.
Info – Vorschläge für die Serie
Senioren sind so aktiv wie nie zuvor. Kennen Sie Menschen, die im Alter Außergewöhnliches leisten? Im Rahmen unserer Serie stellen wir aktive Senioren aus der Region vor. Wenn Sie jemanden vorschlagen möchten, melden Sie sich gerne und schreiben Sie uns eine E-Mail an redaktion@lahrer-zeitung.de.