Im Angesicht der Staatsmacht: Oppositionspolitiker Klitschko. Foto: dpa

Im Parlament wollte die ukrainische Opposition die Regierung stürzen. Der Versuch ging schief.

Im Parlament wollte die ukrainische Opposition die Regierung stürzen. Der Versuch ging schief.

Kiew - Die Entscheidung im ukrainischen Drama fällt auf der Straße. Davon ist zumindest die inhaftierte Oppositionsführerin Julia Timoschenko überzeugt. Ohne die Unterstützung der Menschen im Land könne sich die Regierung des autoritären Präsidenten Viktor Janukowitsch nicht auf Dauer an der Macht halten, teilte die 53-Jährige aus dem Gefängnis heraus mit. „Ich bin deshalb mit ganzem Herzen bei euch auf den Plätzen, ich bin stolz auf euch und euren Freiheitskampf“, hieß es in einer Erklärung, die Timoschenkos Tochter Jewgenija nach einem Besuch bei ihrer Mutter verbreitete.

Wie recht Timoschenko hat, zeigte sich am Dienstag im ukrainischen Parlament. Die Opposition scheiterte dort klar mit dem Versuch, die Regierung per Misstrauensantrag zu stürzen. Nur 186 der 450 Abgeordneten verweigerten Ministerpräsident Mykola Asarow die Stimme – eine deutliche Niederlage für die Regierungsgegner, die auf Überläufer aus der Partei der Regionen (PR) gehofft hatten. Die PR stützt Janukowitsch und Asarow. Am Ende stimmte nur ein einziger Parlamentarier der Regierungsfraktion gegen die eigene Führung, obwohl sich zuvor zahlreiche PR-Abgeordnete anders geäußert hatten. Was den Stimmungsumschwung bewirkte, blieb ungewiss. Im Parlament ist Abstimmungsverhalten nicht selten eine Frage finanzieller Zuwendungen.

Demonstranten harren Zelten aus

Seit zwei Wochen harren Zehntausende Ukrainer zwischen Lemberg im Westen und Odessa im Südosten in provisorisch errichteten Zeltstädten aus und fordern Janukowitschs Rücktritt. Am Dienstag strömten Tausende Regierungsgegner vor das Parlament. Neue Großdemonstrationen werden spätestens am Wochenende erwartet. Asarow seinerseits  richtete am Dienstag eine Kampfansage an die Protestierer: „Wir reichen euch die Hand. Wenn ihr mit der Faust antwortet, werden wir stark genug sein, zurückzuschlagen.“

Janukowitsch sucht unterdessen offenbar einen Weg zwischen Härte und Entgegenkommen. Nach Tagen des Schweigens rief er die Ukrainer in einem Fernsehinterview dazu auf, bis zur regulären Präsidentenwahl 2015 zu warten. Viele der Demonstranten seien noch jung, dozierte der 63-Jährige und bat sie zu warten, bevor er zu einer mehrtägigen Reise nach China und Russland aufbrach.

Aus Moskau erwartet Janukowitsch Hilfe

In Moskau kann Janukowitsch auf Unterstützung hoffen. Schließlich waren es der Druck und die Lockangebote des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die entscheidend zu jener antieuropäischen Kehrtwende beigetragen haben, gegen die in der Ukraine nun Zehntausende auf die Straße gehen.

Am vergangenen Freitag hatte Janukowitsch es beim EU-Osteuropa-Gipfel in Vilnius abgelehnt, ein längst ausgehandeltes Assoziierungsabkommen zu unterzeichnen. Asarow kündigte eine „Rückkehr nach Russland“ an. Wenn es nach Janukowitsch geht, soll Putin nun liefern. Vertraute des ukrainischen Präsidenten kündigten an, er werde in Russland lukrative Verträge unterzeichnen. Worum genau es sich handelt, blieb offen. Zuletzt war von Milliardenkrediten die Rede, aber auch von Wirtschaftshilfe etwa in der Luft- und Raumfahrtindustrie.