Ursula von der Leyen wird künftig mehr politisches Fingerspitzengefühl an den Tag legen müssen. Foto: AFP

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen muss die Unzufriedenheit im Parlament und den Misstrauensantrag ernstnehmen, empfiehlt Brüssel-Korrespondent Knut Krohn.

Man könnte die ganze Aktion leichtfertig als politisches Sommertheater abtun. Der Europaabgeordnete einer eher zweifelhaften, rechtsextrem-nationalistischen Partei aus Rumänien wittert die Chance für einen großen Auftritt. Mit seinem Misstrauensantrag gegen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen schafft es der Hinterbänkler überraschend in die internationalen Schlagzeilen und erntet den Applaus bei den Wählern in seiner Heimat. Doch diese Erklärung wäre zu einfach.

 

Der Abgeordnete Gheorghe Piperea hat bei seinem Antrag erfolgreich eine tiefsitzende Unzufriedenheit genutzt, die in den vergangenen Monaten im Parlament immer deutlicher zutage getreten ist. Zum einen hat Ursula von der Leyen mit ihrem bisweilen rücksichtslosen politischen Vorgehen zuletzt selbst viele ihr im Grunde wohl gesonnene Abgeordnete vor den Kopf gestoßen. Zum anderen wird der CDU-Frau noch immer ihr mehr als zweifelhaftes Agieren während und nach der Corona-Pandemie zum Vorwurf gemacht.

Gemeinsame Sache mit der extremen Rechten im Parlament

Hinzu kommt der wachsende Ärger der linken und liberalen Abgeordneten, dass die Konservativen immer wieder mit den extremen Rechten im Parlament gemeinsame Sache machen, um etwa bereits beschlossene Umweltstandards zurückzuschrauben. Damit begeben sich Ursula von der Leyen und die Konservativen auf gefährliches Terrain und beschädigen allmählich die noch immer tragfähige demokratische Basis der Mitteparteien im Parlament. Der Misstrauensantrag wird mit größter Wahrscheinlich keine Mehrheit finden. Doch dieser Stolperer kurz vor der Sommerpause sollte Ursula von der Leyen eine deutliche Warnung sein, dass sie in Zukunft mehr politisches Fingerspitzengefühl an den Tag legen muss.