Die Werkrealschule Aichhalden wird zum Ende des aktuellen Schuljahres im Sommer aufgehoben. Foto: Herzog Foto: Schwarzwälder Bote

Bildung: Mindestschülerzahl mehrfach nicht erreicht / Eltern plädieren für sofortige Schließung / Gremium bedauert Entwicklung

Die Werkrealschule Aichhalden wird zum Ende des aktuellen Schuljahrs schließen. Das hat der Gemeinderat nun einstimmig besiegelt.

Aichhalden. Die Werkrealschule (WRS) Aichhalden wird aufgelöst, bereits zum Ende des Schuljahres 2020/21. Den "Gnadenstoß" hat ihr der Gemeinderat mit einem einstimmigen Beschluss verpasst. Zwar standen dem Ratsgremium drei Wahl-Möglichkeiten zur Verfügung, doch echte Alternativen waren das keine. Wie Bürgermeister Michael Lehrer in der jüngsten Sitzung einräumte, habe ihn in den Fastnachtsferien das Schreiben des Regierungspräsidiums (RP) Freiburg "aus heiterem Himmel" getroffen. Er habe gehofft, dass im Wahljahr 2021 das Thema noch einmal an der Gemeinde vorbeigehe. In dem Schreiben wurde die Kommune darauf hingewiesen, dass zum zweiten Mal in Folge die erforderliche Mindestanzahl von 16 Schülern nicht erreicht werde und die Schule aufzuheben sei (wir berichteten). Fakt sei, dass die WRS seit mehreren Jahren Probleme habe, eine ausreichende Anzahl von Schülern in der Eingangsklasse 5 auszuweisen.

Es sei deshalb mit der Einstellung eines Schulsozialarbeiters, Mittagessenangebot und Kooperation mit dem Gewerbeverein viel unternommen worden, um die Attraktivität der Schule zu steigern und ihr enormen Bezug zur Praxis zu verleihen. Die Schüler seien so bestens auf das Leben vorbereitet worden. Dennoch habe man es nicht verhindern können, dass 2019 nur acht und 2020 elf Schüler in die Klasse 5 wechselten. "Es ist bitter, wenn Eltern aus Aichhalden und Rötenberg ihre Kinder mit Werkrealschulempfehlungen auf anderen WRS im Umland anmelden. Bei Schulamt, RP und Kultusministerium zählen nur die nackten Zahlen. Und die hatten wir nicht ausreichend", musste der Bürgermeister eingestehen.

Der Gemeinde als Schulträger blieben drei Möglichkeiten, wie es weitergehe: die WRS zum Schuljahresende 2021 aufzuheben, für eine Übergangszeit von ein bis zwei Jahren weiterzuführen oder sie erst zu schließen, wenn alle WRS-Schüler ihren Abschluss erreicht hätten. "Selbst wenn alle Schüler in der Schule bleiben, ist zu befürchten, dass es weitere Abmeldungen gibt", sprach sich Lehrer indirekt für ersten Beschlussvorschlag aus.

Lisa Reinhardt, kommissarische Schulrektorin in Aichhalden, stellte die Problematik mit der Lehrerversorgung dar, die sich nach der aktuellen Schülerzahl (42) bemisst. Da diese in den kommenden Schuljahren weiter abnehme, müssten Klassen zusammengefasst werden und die Lehrerversorgung sinke erneut. Dies sei den Eltern beim Elternabend übermittelt worden. Dadurch sei diesen bewusst geworden, dass ihre Kinder künftig fachlich schlechter unterrichtet würden und sie ergänzenden Unterricht an anderer Schule besuchen müssten. Sie müssten eigenverantwortlich dorthin kommen. "Die Rückmeldungen der Eltern hätten wir uns anders gewünscht. Das Ergebnis zielt klar darauf ab, die Schule im Sommer zu schließen", folgerte Reinhardt.

Die Räte diskutierten die Vorschläge anschließend rege. Manfred Moosmann sagte: "Bei dem Elternabend war ich als Bürgermeister-Stellvertreter dabei. Über die harte Entscheidung des Schulamts waren die Eltern ziemlich enttäuscht. Die Gemeinde und der Gemeinderat haben über Jahre versucht, die Werkrealschule zu halten. Da kann es keine Vorwürfe geben. Mit der Schließung verlieren wir ein Stück Lebensgemeinschaft. Für die intakte Infrastruktur tut das besonders weh. Die Abstimmung der Eltern allerdings ist ernüchternd. Sie gehen davon aus, dass es den Schülern an Qualität mangelt, weil zu wenige Lehrkräfte für den Unterricht eingeteilt werden".

"Als ehemaliger Lehrer an dieser Schule blutet mir das Herz. Seit 2013 erlebte ich, wie Rückwärtsentscheidungen im Gange sind. Wir konnten bei den Eltern nicht punkten und sind von dem Trend eingeholt worden, dass nur noch rund zehn Prozent eines Schuljahrgangs an der Schule bleiben. Das haben die Eltern so entschieden und die Mühen des Schulträgers leider nicht honoriert. Es macht überhaupt keinen Sinn, sich irgendwelche Modelle auszudenken. Von 31 Eltern sind 27 für die Schließung. Die Lehrerversorgung hier vor Ort wird in einem Jahr so schlecht sein, dass die Schüler uns davon laufen. So ehrlich muss man sein. Vergessen wird, dass wir Schüler aus Nachbargemeinden nicht mehr aufnehmen dürfen. Wenn die WRS fehlt, wird das Handwerk darunter leiden und keine Lehrlinge mehr finden", meinte Stefan Wiedmann.

"Für mich ist es sehr bedauerlich, dass es allein am Klassenteiler ausgemacht wird. Ich habe mir einen besseren Übergang gewünscht", erklärte Michael Schwab. "Zu wenig Lehrerstellen und Zusammenlegung von Klassen finde ich nicht gut. Wenn wir eine Übergangszeit wählen, kann es passieren, dass wir trotzdem vorher schließen müssen. Uns bleibt eigentlich keine andere Wahl, nach Ende dieses Schuljahres die WRS aufzulösen", so eine Bilanz.

"Das ist ein trauriger Tag für Aichhalden", bekannte Alexander Kunz. Die Schule habe über Jahre gute Arbeit geleistet. "Die Schüler sitzen seit rund drei Monaten zu Hause vor dem Computer. So wie es jetzt kommt, hat es sich schon bei dem Elternabend in der Halle abgezeichnet. Schulamtsdirektorin Sabine Rösner hat alles so schlecht geredet, dass man sich über das Ergebnis der Elternabstimmung nicht wundern muss", kritisierte er.

"Den Schülern ist vom ehemaligen Schulleiter Josef Rack immer versprochen worden, dass sie ihren Abschluss an dieser Schule machen können. Für sie und die Eltern, die dieser Aussage vertraut haben, ist das eine bittere Pille, die sie schlucken müssen", bedauerte Marcus Storz