1. Mai 1955: Die späteren Sieger der Mille Miglia Stirling Moss und Denis Jenkinson (Startnummer 722) im Mercedes-Benz Rennsportwagen 300 SLR (W 196 S) auf der Startrampe in Brescia. Foto: Mercedes-Benz Classic

Der Autobauer nimmt wegen Corona auch 2021 nicht an der Mille Miglia in Italien teil. Die Stuttgarter verpassen so eine Premiere, einer Rennsportikone huldigen sie trotzdem.

Stuttgart - Die Mille Miglia in Italien zählt zu den traditionsreichsten und schönsten Oldtimerrundfahrten der Welt. Der Stuttgarter Autobauer Daimler ist seit Jahren einer der Hauptsponsoren der Veranstaltung – und wird sein Engagement im zweiten Jahr hintereinander nach eigenen Angaben weitgehend auf das Sponsoring beschränken. „Die Teilnahme von Mercedes-Benz bei der Mille Miglia wird in sehr kleinem Rahmen stattfinden“, sagte eine Sprecher von Mercedes-Benz Classic.

Sicherheit und Gesundheit gehen vor

An der historischen Motorsportveranstaltung mit bis zu zehn eigenen Fahrzeugen teilzunehmen, einen Tross an Betreuern, Mechanikern, Fahrern und eine Begleitmannschaft nach Italien zu schicken – darauf verzichtet Daimler wegen der Corona-Pandemie nach 2020 in diesem Jahr erneut. Die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter und Gäste „steht an erster Stelle“, sagte der Sprecher. Im vergangenen Jahr fand die Veranstaltung, die einst ein anspruchsvolles Straßenrennen war und heute eine touristische Rundfahrt ist, im Oktober statt. Die Mille Miglia – italienisch für 1000 Meilen – sollte 2020 wie üblich im Frühjahr gefahren werden, wurde wegen Corona aber in den Herbst verschoben. 2021 startet sie zum ersten Mal im Juni. Von diesem Mittwoch an sind bis Samstag 375 Teilnehmer mit ihren Oldtimern unterwegs, überwiegend Privatfahrer, die mit ihren eigenen Autos und einem Beifahrer antreten.

Mehrere Monate Vorbereitung

Daimler bereitet sich sonst laut dem Sprecher in der Regel mehrere Monate auf das Ereignis vor: Für Mercedes-Benz bedeute eine Teilnahme unter anderem die Entsendung von Mitarbeitern für Werkstatt, Logistik und die Betreuung von Gästen vor Ort, erläuterte er. Die „vertraglich vereinbarten Leistungen“ als Sponsor würden erfüllt, Details dazu nennt Daimler nicht.

Gegen den Uhrzeigersinn

Die Streckenführung variiert jedes Jahr leicht. Gestartet wird traditionell in Brescia. Der Weg führt normalerweise am Gardasee vorbei, geht Richtung Süden durch verschiedenen Städte und ländliche Gegenden nach Rom und zurück in den Norden nach Brescia. Doch dieses Mal wird gegen den Uhrzeigersinn gefahren – eine Premiere in der jahrzehntelangen Tradition der Mille Miglia. Von Brescia aus geht es nach Viareggio im Nordwesten der Toskana, anschließend über Castiglione della Pescaia und die Maremma nach Rom. Die Rückfahrt am Freitag führt über Orvieto und Arezzo, die Appeninpässe bis nach Bologna. Von dort aus wird am Samstag nach Brescia zurückgefahren. Hunderttausende Zuschauer verfolgen das Spektakel entlang der Strecke.

Rekordfahrer Sir Stirling Moss

Daimler hat nach eigenem Bekunden 1100 Fahrzeuge in der unternehmenseigenen Sammlung, 160 davon sind im Mercedes-Museum in Stuttgart ausgestellt. Ein berühmtes Fahrzeug wird trotz der Zurückhaltung wegen Corona zu Ehren einer Rennsportlegende in Brescia zugegen sein: In Erinnerung an Sir Stirling Moss fährt am Mittwochmittag der originale Mercedes-Benz 300 SLR (W 196 S) mit dem 310 PS starken Drei-Liter-Achtzylindermotor beim Start der Mille Miglia in der historischen Altstadt von der Rampe. Moss ist am 12. April 2020 im Alter von 90 Jahren in London gestorben. In diesem Rennsportwagen mit der Startnummer 722 hat er zusammen mit seinem Kopiloten Denis Jenkinson 1955 „einen Rekord für die Geschichtsbücher aufgestellt“, wie Christian Boucke, Leiter von Mercedes-Benz Classic, sagt. Die beiden benötigten für die 1000 Meilen 10 Stunden, 7 Minuten und 48 Sekunden. Ihr Durchschnittstempo von 157,65 Stundenkilometern wurde bei der bis 1957 als Straßenrennen ausgetragenen Mille Miglia nicht mehr überboten. Ein Vergleich zu der auf mehrere Tage angesetzten historischen Rundfahrt hinkt natürlich. Ehrgeizig sind die Fahrer trotzdem, manche schonen ihre Fahrzeuge, die zum Teil Millionen wert sind, nicht. Nicht alle Oldies schaffen den Weg zurück nach Brescia auf eigener Achse.