Dietrich Waidelich (links) verabschiedet Ulrich Jaggy nach 22 Jahren im Vorstand. Foto: Hild

Regional erzeugte Milch der Milcherzeuger-Genossenschaft (MEG) Pforzheim eG wird zukünftig von der Theo Müller-Gruppe verarbeitet und vermarktet. Die MEG tagte jetzt im Bürgerzentrum Langenbrand.

Nordschwarzwald - Obwohl Verbraucher regelmäßig Milchprodukte konsumieren, wissen sie oft nur wenig über die Herkunft der Produkte in den Regalen. Die MEG erwirbt die Milch von ihren Mitgliedern, die ihren Hof überwiegend im Raum Calw und im Enzkreis haben, und vermarktet sie weiter. Der derzeit größte Abnehmer ist der niederländische Konzern Friesland Campina. Es gibt einen deutschen Ableger, Friesland Campina Deutschland, mit Firmensitz sowie Produktion und Logistik in Heilbronn. Weitere Produktionsstätten befinden sich in Köln und Schefflenz im Neckar-Odenwald-Kreis.

Bekannte Landliebe-Produkte

In Heilbronn werden die bekannten Landliebe-Produkte hergestellt. Landliebe war bis zur Fusion mit Friesland Campina 1993 eine Marke der Südmilch AG. Friesland Campina vermarktet auch unter Marken wie Tuffi, Puddis, Mondelice. Außerdem gibt es zahlreiche Eigenmarken der Lebensmitteleinzelhändler.

Der MEG-Vorsitzende Dietrich Waidelich präsentierte viele Daten. Letztes Jahr lieferten von den 102 MEG-Mitgliedern 86 täglich im Durchschnitt 1351 Kilogramm Milch. Diese wurde hauptsächlich in den FrieslandCampina-Werken in Heilbronn verarbeitet. Die Anzahl der Milchlieferanten nahm in den vergangenen Jahren ab, die tägliche Abgabemenge pro Lieferant stieg jedoch um fast 200 Kilogramm an.

Bei insgesamt abnehmender Milchmenge entwickelte sich der Milchmarkt 2021 besser als in den vorangegangenen Jahren. Der Milchpreis stieg auf 36,27 Cent je Kilogramm Milch. Es gab auch wieder eine Nachzahlung, außerdem eine Energiekostenbeihilfe.

Aber die Landwirte treiben dennoch viele Sorgen um. Die Rahmenbedingungen fordern immer mehr heraus, denn die Produktionsauflagen nehmen zu, die Kosten für die Produktion und Milchanlieferung steigen. Die Engpässe bei verschiedenen Materialien schaffen Besorgnis und die Wirtschaftsprognosen sind unsicher.

Der Strukturwandel in der milcherzeugenden Landwirtschaft wird sich weiter vollziehen. Im Vergleich zu 2014 gibt es inzwischen 420 000 Milchkühe weniger. Doch die geringere Milchmenge und die niedrigen Milchvorräte in 2022 treffen auf eine gute Nachfrage.

Umsatzerlöse gesteigert

Die Formalien der Jahresversammlung wurden zügig vorgetragen. Die Bilanzsumme betrug am Stichtag (31. Dezember) exakt 3 682 865,61 Euro, etwa 4,9 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Umsatzerlöse erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr um über 640 000 Euro auf über 16,2 Millionen Euro.

Dem gegenüber steht jedoch ein höherer Materialaufwand. Die Verrechnung der weiteren Aufwendungen und Erträge führten zu einem ausführlich begründeten unproblematischen Bilanzverlust in Höhe von 56 187 Euro.

Der Vorstand rechnet für das Wirtschaftsjahr 2022 wieder mit einem positiven Jahresergebnis. Vorstand und Aufsichtsrat wurden jeweils ohne Gegenstimme entlastet.

Ulrich Jaggy aus Ötisheim, seit 22 Jahren im Vorstand, wurde offiziell verabschiedet. Marcel Gall aus Bad Teinach-Zavelstein rückte in den Aufsichtsrat nach. Die dreijährige Amtsperiode des Vorstandsvorsitzenden Diederich Waidelich war abgelaufen. Er stellte sich erfolgreich wieder zur Wahl. Außerdem erhielt der Vorstand die einstimmige Zustimmung für eine erforderliche Satzungsänderung. Damit kann die Genossenschaft für die Milchvermarktung der Mitglieder als Vermittler oder Vertreter mit Abnehmern Lieferverträge abschließen.

Wechsel im Deutschlandgeschäft

Walter Bauer aus Hemmingen informierte über das Thema, das an diesem Abend allen unter den Nägeln brannte. Die Mitglieder waren bereits vor der Versammlung informiert worden. Friesland Campina, international unter den Top zehn der weltweit milchverarbeitenden Betriebe, wird das Deutschland-Geschäft mit der Marke Landliebe und die Produktionsstätten in Heilbronn, Köln und Schefflenz bis Ende des Jahres an die Theo Müller-Gruppe (Müllermilch) verkaufen und will in Zukunft den Fokus auf internationale Marken wie Chocomel und Valess setzen.

Das kam nicht überraschend, denn das Milchgeschäft war seit Jahren rückläufig. Die Müller-Gruppe macht mit Marken wie Müller, Weihenstephan, Sachsenmilch, starken Handelsmarken sowie weiteren Unternehmen (Verpackung, Logistik, Fahrzeugtechnik usw.) einen Jahresumsatz von sieben Milliarden Euro. Sie gehört zu den Top 20 der milchverarbeitenden Betriebe.

Theo Müller übernimmt alle Mitarbeiter aus den drei Werken. Für die MEG-Mitglieder werde sich nichts ändern. Die ausgehandelten Verträge gelten weiterhin. Die Zustimmung des Kartellamts steht noch aus.

Übernahme zum 1. Oktober

Berthold Hungenbach, Einkaufsleiter bei Friesland Campina Deutschland kündigt die Übernahme der Produktion auf den 1. Oktober an. Auch er berichtet über die Entwicklungen im Milch-Sektor und die Auswirkungen des Ukraine-Krieges. Die große Anzahl der etwa 1700 Lieferanten erschwere neben weiteren Unabwägbarkeiten die Preisverhandlungen mit der Molkerei. Der Krieg veränderte das Kaufverhalten der Verbraucher. Die Preise für konventionelle Produkte stiegen mit zehn bis zwölf Cent schneller an als für die Bio-Produkte mit zwei bis drei Cent.

Glas, ein derzeit boomender Markt, werde für die Markenprodukte verwendet. Doch sei ungewiss, ob der Verbraucher bereit sei, auch zukünftig dafür mehr zu bezahlen.