Italiens ultrarechte Premierministerin Giorgia Meloni bestimmt im Moment den Ton bei den Debatten zum Thema Migration. Das ist auch im Europaparlament spürbar. Foto: AFP/ANWAR AMRO

Die EU-Kommission will ein Gesetz für Abschiebungen auf den Weg bringen. Dazu sollen auch Lager außerhalb der EU aufgebaut werden. Scharfe Kritik kommt aus dem Straßburger Parlament.

Giorgia Meloni gibt beim Thema Migration in der EU den Ton an. Die ultrarechte Premierministerin Italiens ist mit ihren Abschiebelagern in Albanien durch die Gerichte zwar gebremst worden, hält aber an der Idee fest. Am Mittwoch hat sich nun auch das Europaparlament in Straßburg in einer kurzen, aber hitzigen Debatte mit der Situation befasst. Vor allem die Parlamentarier aus dem extrem-rechten Lagen nutzten die Gelegenheit, um sich zu profilieren.

 

Der Ton in der Migrationsdebatte wird schärfer

Bevor aber die Abgeordneten Redezeit erhielten, trat die zuständige EU-Kommissarin Helena Dalli ans Pult. Auch sie zeigte, dass sich die Haltung der Kommission verändert hat. Die Behörde will nach ihren Worten möglichst schnell ein neues Gesetz für Abschiebungen auf den Weg bringen. Dabei wolle die Politik neue Wege gehen, etwa mit Abschiebezentren außerhalb der Union. „Die Kommission wird prüfen, wie die Idee von Rückführungszentren außerhalb der EU vorangebracht werden kann, insbesondere im Hinblick auf einen neuen Gesetzesvorschlag“, sagte die EU-Kommissarin in Straßburg. Eine wirksame Rückführungspolitik sei „das noch fehlende Puzzleteil“ in der EU-Migrationspolitik, betonte Dalli. Bisher könnten nur rund 20 Prozent der abgelehnten Asylbewerber tatsächlich abgeschoben werden.

Harsche Kritik an den schärferen Asylregelungen

Die EU-Kommissarin erntete jedoch scharfen Widerspruch. Erik Marquardt forderte, „diesen Überbietungswettbewerb zu stoppen“. Die Union sollte nicht ständig neue Vorschläge auf den Tisch legen, sagte der Grünen-Politiker, sondern sich um die Umsetzung der Asylreform kümmern. Damit bezieht sich Marquardt auf die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS), auf die sich die EU erst im Frühjahr nach jahrelangen Verhandlungen geeinigt hatte. Das Gesetzespaket zur Verschärfung des Asylrechts enthält zehn Bausteine und sieht unter anderem vor, dass Asylsuchende mit geringer Bleibechance schneller und direkt von den EU-Außengrenzen abgeschoben werden. Die neuen Regeln treten laut Plan aber erst 2026 in Kraft.

Rückendeckung erhielt die EU-Kommissarin Dalli von der CDU-Europaabgeordneten Lena Düpont. „Derzeit wird in Europa nur einer von fünf Migranten ohne Bleiberecht abgeschoben“, betonte die innenpolitische Sprecherin der konservativen EVP-Fraktion. Aus diesem Grund forderte sie „eine dringende Überarbeitung der geltenden Regeln, um die Rückführung von illegalen Migranten ohne Bleiberecht in Europa zu beschleunigen“. Und die CDU-Frau unterstrich, dass die Umsetzung der EU-Asylreform nur der erste Schritt im Kampf gegen die illegale Migration sein könne. „Wir haben immer betont, dass wir uns auf die externe Dimension der Asyl- und Migrationspolitik konzentrieren müssen, denn alles beginnt in Drittländern“, sagte die Europaabgeordnete. Um Rückführungen zu beschleunigen und das Asylsystem zu schützen, seien „Zentren in sicheren Drittstaaten der Schlüssel“.

Ein Abkommen auf wackeligen Beinen

Ihr Kollege Erik Marquardt von den Grünen hielt dem entgegen, dass „zweifelhafte Abkommen“ zur Auslagerung von Asylverfahren rechtlich und politisch auf wackeligen Beinen stünden. „Immer wieder zeigt sich, dass die Umsetzung populistischer Auslagerungsforderungen am Ende viel Steuergeld kostet, vor Gerichten scheitert und keines unserer Probleme löst“, sagte Marquardt und bezog sich damit direkt auf Italiens Premierministern Giorgia Meloni und deren Niederlage vor Gericht.

Während sich die Parlamentarier in Straßburg über die umstrittene Zusammenarbeit mit Drittstaaten außerhalb der EU stritten, äußerte sich die europäische Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly in Brüssel in einem Bericht besorgt über den EU-Migrationspakt mit Tunesien. Das Abkommen wurde im Juli 2023 nach einem Besuch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vereinbart. Emily O’Reilly kritisierte den „Mangel öffentlich verfügbarer Informationen“.

Schwierige Zusammenarbeit mit Drittstaaten

Medienberichten zufolge sollen Asylsuchende von tunesischen Behörden in Wüstengebieten ausgesetzt worden sein. Auch von Gewalt gegen Migranten und sexuellen Übergriffen ist die Rede. Die italienische Regierung feiert den Migrationspakt als Erfolg. Nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex ging die Zahl der illegalen Grenzübertritte über die zentrale Mittelmeerroute in den ersten neun Monaten des Jahres um 64 Prozent zurück. Die EU schloss im Frühjahr ein ähnliches Abkommen mit Ägypten und plant ein weiteres mit Marokko.