Der Quadratmeter Wohnung kostet viel Geld in Stuttgart. Foto: dpa

Die Kaltmieten in Stuttgart sind von April 2010 bis April 2012 um durchschnittlich 5,5 Prozent gestiegen. Vermieter könnten mit den neuen Zahlen einen „gewissen Nachholbedarf befriedigen“, sagt Ulrich Wecker vom Haus- und Grundbesitzerverein.

Stuttgart - Der am Freitag von Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) vorgestellte neue Mietspiegel gilt vom 1. Januar 2013 an für zwei Jahre. Die nach Baujahren, Ausstattung und Lage gegliederten 255 Tabellenwerte setzten den Maßstab für 170.000 Mietwohnungen in der Stadt. Die restlichen 130.000 Einheiten sind Eigentumswohnungen oder, so Erhard Brändle vom Wohnungsamt, „Luxuswohnungen oder Mietwohnungen in exklusiven Lagen“.

Gewonnen wurden die neuen Werte, die für eine Mieterhöhung oder -senkung verwandt werden können und im Streitfall mit entscheidend sind, durch eine repräsentative Erhebung, an der 3000 Haushalten teilnahmen. 1766 Auskünfte bildeten letztlich die neue Datenbasis, so Thomas Schwarz, der Chef des Statistikamtes.

Die hohe Mietsteigerung von im Schnitt 5,5 Prozent gegenüber 3,8 Prozent 2010 ist für Schairer Ausdruck der Attraktivität der Stadt als Wohn- und Ausbildungsort. Junge Singles drängten in die Innenstadt, man zähle eine steigende Zahl von Haushalten und Einwohnern, und der robuste Arbeitsmarkt begünstige die Entwicklung.

Von der durchschnittlichen Erhöhung gibt es erhebliche, an Baujahren orientierte Abweichungen. Der höchste durchschnittliche Anstieg mit sechs Prozent trifft Wohnungen vor Baujahr 1975. Das ist mit 86 Prozent aller Wohnungen die Masse in Stuttgart. Bei bestimmten Altbausegmenten wurden 7,5 Prozent verzeichnet. In der Baualtersgruppe 1985 bis 1994 betrug die Steigerung im Schnitt 2,9, in der Gruppe 1995 bis 2004 nur 2,1 Prozent. In diesen Klassen finden sich nur sieben Prozent aller Wohnungen.

Wohnungsmangel schlägt durch

Stuttgart liege mit den Mieten im Bundesschnitt an Platz vier, gleichauf mit Leinfelden-Echterdingen und hinter dem Münchener Umland und München. Hinter Stuttgart rangierten Köln, Tübingen, Frankfurt, Ditzingen, Fellbach und Leonberg, zitierte Brändle eine Auswertung der Hamburger Forschung – und Beratung GmbH. Schwarz hält deren Datenmaterial allerdings für „nicht sehr belastbar“.

Die Steigerungsrate von 5,5 Prozent wurde bei der Pressekonferenz im Rathaus sehr unterschiedlich interpretiert. Erhard Brändle verwies darauf, dass sie in den 90er-Jahren sogar bei neun bis 12,2 Prozent lag. Im Schnitt ergebe sich von 1990 bis heute eine durchschnittliche Steigerung (alle zwei Jahre) von 6,1 Prozent, relativierte er den Aufschlag. Angelika Brautmeier, Geschäftsführerin des Mietervereins Stuttgart und Umgebung, konnte dieser Rechnung nichts abgewinnen. In den 90ern hätten die Aufschläge anders als heute über Lohnsteigerungen noch abfangen werden können. Nun schlage der Wohnungsmangel durch. Geringverdiener müssten inzwischen „Wohnkosten von bis zu 50 Prozent des Haushaltseinkommens tragen“. Braumeiern fordert daher, bei der Erhebung nicht nur Preisänderungen der letzten vier, sondern der letzten zehn Jahre zu erfassen, was die Aufschläge dämpfen würde.

Für Ulrich Wecker, Geschäftsführer des Haus- und Grundbesitzervereins, ergibt sich mit den neuen Zahlen für Vermieter die Chance, „einen gewissen Nachholbedarf zu befriedigen“. Mancher habe sich in der Krise ab 2009 mit Aufschlägen zurückgehalten.

Die 19.000 Mitglieder des Vereins halten in Stuttgart 90.000 Wohnungen. Größte Preistreiber seien nicht die Vermieter, sondern der Staat, der Energie stark verteuere, und die Stadt mit der hohen Grundsteuer, sagt Wecker. Auflagen wie die Legionellenprüfung der Wasserleitungen und bald die Brandmelder-Pflicht würden die Wohnkosten absehbar noch weiter steigen lassen.