Michael Ballack erhält keinen neuen Vertrag bei Chelsea. Foto: dpa

Ballack kann damit nach vier Jahren bei Chelsea ablösefrei zu einem anderen Verein wechseln.

London - Erst das WM-Aus, dann die Trennung von Chelsea: Michael Ballack steht nach zwei Hiobsbotschaften innerhalb kurzer Zeit vor einer ungewissen sportlichen Zukunft. Nach vier Jahren an der Themse heißt es für Deutschlands verletzten Nationalmannschafts-Kapitän bye-bye London.

"Wir haben uns nicht auf eine weitere Zusammenarbeit einigen können", bestätigte Ballacks Berater Michael Becker der Nachrichtenagentur dpa. Ballack, der die WM wegen einer Bänderverletzung verpasst, kann ablösefrei zu einem anderen Verein wechseln. Als mögliches Ziel des 33 Jahre alten Mittelfeldstars wird unter anderen Real Madrid gehandelt, wo Ballacks Ex-Trainer Jose Mourinho in der kommenden Saison das Zepter schwingt. Doch auch Vizemeister Schalke 04 gilt als heißer Kandidat. "Wir kommentieren das nicht", sagte Schalke-Sprecher Rolf Dittrich. Ein klares Dementi kam von Werder Bremen. "Da ist nichts dran", sagte Sportdirektor Klaus Allofs "Sportbild Online".

Absage im Urlaub

Im Urlaub in den USA erfuhr Ballack, dass er beim englischen Meister keinen neuen Vertrag erhält. Laut Becker habe zwischen Ballack und Chelsea seit drei Monaten Funkstille geherrscht. Ballack sei daher "völlig überrascht" gewesen, sagte Becker dem Fernsehsender RTL. Zumal Deutschlands Mittelfeldstratege bereit gewesen sei, deutliche Abstriche beim Gehalt zu machen.

Die Verhandlungen über einen neuen Vertrag hatten sich über Monate hingezogen und waren zeitweise von Chelsea-Boss Roman Abramowitsch ausgesetzt worden, dessen Vereinsführung immer rätselhaftere Züge annimmt. Eine Einigung scheiterte letztlich an der Laufzeit eines neuen Kontraktes: Chelsea wollte nur einen Einjahresvertrag anbieten, Ballack aber bis zur EM 2012 Sicherheit haben. Neben Ballack fiel auch Englands Nationalspieler Joe Cole dem von Abramowitsch verordneten Spar- und Verjüngungskurs zum Opfer.

Sofort Kontakt zu Löw gesucht

Noch in der Nacht hatte Ballack versucht, Bundestrainer Joachim Löw über die neueste Entwicklung zu informieren. "Ich habe erst gegen 23.30 Uhr gesehen, dass er mich auf dem Handy angerufen hat. Ich hatte mir vorgenommen, ihn zurückzurufen, habe es aber noch nicht geschafft", berichtete Löw.

Löw geht davon aus, dass Ballack seine Karriere trotz der Rückschläge fortsetzen wird. "Ich bin sicher, dass Michael noch zwei, drei Jahre auf hohem Niveau spielen wird. Er hat sicher viele Möglichkeiten", erklärte der Bundestrainer. Auf Sizilien, wo der verletzte Ballack trotz Gipsfuß das Team in der ersten Vorbereitungsphase besuchte, hatte der 33-Jährige über "konkrete Angebote von verschiedenen Vereinen aus verschiedenen Ländern" berichtet.

Rückkehr in die Bundesliga?

Schon Anfang Mai war über einen möglichen Wechsel des 98-fachen Auswahlspielers zu Schalke 04 spekuliert worden. Trainer und Manager Felix Magath, der jüngst 30 Millionen Euro für Verstärkungen gefordert hat, wollte dies damals weder bestätigen noch dementieren. "Michael Ballack ist ein Klassespieler", sagte Magath vor Monatsfrist.

Für Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff, der noch zusammen mit Ballack im DFB-Team gespielt hatte, ist eine Rückkehr des gebürtigen Sachsen in die Bundesliga denkbar. "Man kann sich alles vorstellen. Natürlich ist es so, dass er zuletzt mit Bayern München und dem FC Chelsea absolute Topclubs gewöhnt ist." Jetzt müsse Ballack überlegen: "Auf der einen Seite der Reiz, im Ausland nochmals neue Erfahrung zu sammeln oder zurückzukommen nach Hause in die Bundesliga, die von der Stimmung und Atmosphäre derzeit die beste Liga ist", sagte Bierhoff.

168 Einsätze für die "Blues"

Franz Beckenbauer, der im DFB-Quartier in Erasmia von Ballacks Aus bei Chelsea überrascht wurde, meinte: "Das ist schade, er ist ja nicht mehr der Jüngste." Doch er könne auch Chelsea verstehen, "dass sie die Mannschaft verjüngen wollen. Sie sind überaltert". Zwar hätten die Londoner die Meisterschaft und den Pokal gewonnen. "Aber die Absicht war es natürlich, die Champions League zu gewinnen."

In seinen vier Jahren bei Chelsea gewann Ballack einen Meistertitel (2010) und dreimal den englischen Pokal (2007, 2009, 2010). Der Gewinn der Champions League blieb ihm verwehrt, als er mit den Londonern im Moskauer Finale von 2008 unglücklich dem Erzrivalen Manchester United im Elfmeterschießen unterlag. Insgesamt absolvierte Ballack, der 2006 von Bayern München an die Themse wechselte, 168 Einsätze für die "Blues", in denen er 27 Tore erzielte.