Experten arbeiten an der Absturzstelle des Fluges MH17. Foto: dpa

Leichenteile von der Absturzstelle des Fluges MH17 sind in die ostukrainische Stadt Charkow transportiert worden. In Charkow werden die Überreste von ukrainischen Beamten und Experten aus den Niederlanden begutachtet.

Leichenteile von der Absturzstelle des Fluges MH17 sind in die ostukrainische Stadt Charkow transportiert worden. In Charkow werden die Überreste von ukrainischen Beamten und Experten aus den Niederlanden begutachtet.

Charkow - Mehr als zwei Wochen nach dem mutmaßlichen Abschuss einer malaysischen Boeing über der Ostukraine haben internationale Ermittler bei einem Großeinsatz weitere Opfer geborgen.

Mehr als 100 Helfer - vor allem aus den Niederlanden und Australien - sammelten am Wochenende mit Hilfe von Leichenspürhunden menschliche Überreste und persönliche Gegenstände der Toten auf.

Der Einsatz sei der erste vollwertige seit einem Zugang zu dem Gebiet am 25. Juli gewesen, teilte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit. Es ist zwischen ukrainischen Regierungstruppen und Separatisten umkämpft, deshalb konnten Bergungskräfte dort lange Zeit nicht arbeiten.

Bei dem Absturz am 17. Juli waren alle 298 Passagiere ums Leben gekommen. Die Ukraine und die Separatisten werfen sich gegenseitig vor, die Boeing 777-200 mit der Flugnummer MH17 mit einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen zu haben.

Die Leichenteile wurden von einer Autokolonne mit Kühlabteilen in die Stadt Charkow transportiert, wo sie zunächst in einer Fabrikanlage aufbewahrt wurden. Aus Rücksicht auf die Hinterbliebenen gebe es keine Angaben zur Zahl der Fragmente, sagte der niederländische Polizist Pieter-Jaap Aalbersberg der Agentur Interfax zufolge. Die Überreste sollten an diesem Montag in die Niederlande geflogen werden. Dort laufen die zentralen Ermittlungen, weil die meisten Opfer Niederländer gewesen waren.

Die prorussischen Separatisten hätten in dem Ort Tores einen Güterwaggon mit persönlichen Gegenständen der Opfer zunächst nicht freigegeben, sagte Aalbersberg. Der Sprecher des ukrainischen Nationalen Sicherheitsrates, Andrej Lyssenko, warf den militanten Kräften vor, die Arbeiten der Ermittler immer wieder zu behindern. Sie hätten auch Schüsse abgefeuert, sagte Lyssenko.

Australier dürfen keine Drohne über Absturzort fliegen lassen

Die OSZE teilte mit, dass die Arbeit "gut organisiert" gewesen sei. "Die vereinbarte Feuerpause schien zu halten", hieß es in einer Mitteilung. Die Teams aus niederländischen und australischen Experten hätten ihr Einsatzlager in Soledar rund 100 Kilometer nordöstlich der umkämpften Stadt Donezk aufgeschlagen.

Nach Darstellung der OSZE lehnten die Separatisten allerdings Pläne der Australier ab, eine unbemannte Drohne einzusetzen, um aus der Luft die Lage am Absturzort besser zu überblicken. An diesem Montag werden nach ukrainischen Angaben noch mehr Experten am Ort der Tragödie in Grabowo nahe der Stadt Donezk erwartet.

In den Konfliktgebieten Lugansk und Donezk gingen die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten unvermindert weiter. In Lugansk seien erneut Bürger zwischen die Fronten geraten. Drei Zivilisten seien ums Leben gekommen und acht weitere verletzt worden, teilte die Stadtverwaltung am Sonntag mit. Aus Donezk gab es Berichte über nächtliches Feuer. Auch eine Schule sei zerstört worden.

Die ukrainischen Regierungstruppen rückten nach eigenen Angaben immer weiter vor. Sicherheitsratschef Lyssenko teilte mit, dass das Separatistengebiet seit Beginn der Kämpfe Mitte April um drei Viertel seines ursprünglichen Umfangs geschrumpft sei. Er rechne mit einem baldigen Sieg des Militärs, sagte er.

Bei einer Kundgebung in Moskau forderten Hunderte Unterstützer der russischsprachigen Bevölkerung in der Ukraine Kremlchef Wladimir Putin zu einem militärischen Eingreifen auf. "Einmarsch der Truppen!" und "Putin, rette den Donbass!" skandierten die Menschen am Samstag in der Nähe des Olympia-Stadions. Der für den Grenzschutz zuständige Inlandsgeheimdienst FSB teilte mit, dass von ukrainischer Seite aus erneut russisches Staatsgebiet beschossen worden sei. Russland hatte zuletzt wiederholt mit Konsequenzen gedroht, sollten die Angriffe nicht aufhören.

Das russische Außenministerium gab der Europäischen Union eine Mitverantwortung an dem Blutvergießen. Die EU habe im Zuge ihrer Unterstützung für die proeuropäische Regierung in Kiew ein im Februar erlassenes Exportverbot für Spezialausrüstung und Militärgüter "heimlich" wieder aufgehoben, kritisierte das Außenamt.

Ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton bestätigte die Aufhebung des seinerzeit beschlossenen Ausfuhrverbots für Materialien, die für die Unterdrückung der Bevölkerung eingesetzt werden können. Dies habe der Europäische Rat am 16. Juli beschlossen - und zwar "öffentlich, nicht wie behauptet heimlich". Ein Waffenembargo für die Ukraine habe es nie gegeben.