Neben Informationen bietet der vom Flüchtlingsfonds der Diözese Rottenburg-Stuttgart finanzierte Frauentreff in der Lea auch Kurse und Freizeitaktivitäten wie Basteln und gemeinsames Kochen an. Foto: Retter

Regelmäßiger Treff mit Sozialarbeiterinnen in Lea hilft bei Orientierung in Deutschland.

Meßstetten - Die Teilnehmerinnen des Frauentreffs in der Lea Meßstetten pflegen Gemeinschaft und staunen über Deutschland

Wo noch vor wenigen Monaten Betriebsamkeit herrschte, ist nur noch ganz vereinzelt jemand unterwegs: Das Gelände der Landeserstaufnahmestelle (Lea) wirkt fast verlassen; das Personal bangt um seine Arbeitsstellen, während sich an den EU-Außengrenzen die Hilfsbedürftigen drängen. Allein im Frauentreff der Lea geht es noch lebendig zu – Frauen jeden Alters, mit unterschiedlichen Religionen und Nationalitäten entdecken hier gemeinsam die neue Heimat und sich selbst darin.

An einem späten Vormittag Ende Juni wird im Frauentreff gekocht: Reis, Hühnchen, Salat und eine Tomatensauce mit Kidneybohnen – ein kurdisches Rezept ohne speziellen Namen. "Dass wir zusammen ein Essen zubereiten, gefällt den Frauen sehr", berichtet Pastoralreferentin Ulrike Erath, die an diesem Tag mit Heike Schuller von der Sozial- und Verfahrensberatung den Treff leitet. Sonst gibt es dazu keine Möglichkeit, nur Kantinenverpflegung.

Die ehrenamtlichen Dolmetscherin Naglaa Yusif Ali übersetzt, was die Frauen erzählen. Was hat die Frauen dazu gebracht hat, ihre Heimat zu verlassen? Wie geht es ihnen gerade und was bedeutet der Frauentreff ihnen?

Manisa, eine 21-jährige aus Irak, berichtet schüchtern lächelnd, dass sie über die Türkei und Griechenland nach Deutschland gekommen ist – auf der Flucht vor dem IS und dem Krieg im Irak. Manisa ist Jesidin.

Zehn Tage hat sie sich ohne Wasser und Nahrung im Wald versteckt. "Viele Frauen, die ich kannte, haben sich selbst getötet, als ISIS immer näher rückte. Wir wussten ganz genau, was sie mit uns machen, wenn sie uns in die Hände bekommen".

Sie sagt es nicht, aber es ist kein Geheimnis: Die Jesidinnen werden von der Terrormiliz als Kriegsbeute mitgenommen, vergewaltigt, zur Prostitution gezwungen, als Sklavinnen gehalten. Sie sind Ungläubige in den Augen der fanatischen Islamisten.

Manisa hatte großes Glück, das Schicksal tausender Jesidinnen nicht teilen zu müssen. "Hier sind wir endlich in Sicherheit", sagt sie, "jetzt ist alles gut, wir bekommen Hilfe". Im Frauentreff vermitteln die Sozialarbeiterinnen und Ulrike Erath Informationen über alles, was das Leben als Frau in Deutschland bestimmt. Rechte, Wissen über das Schulsystem, den Kindergarten.

Die 20-jährige Dalal, ebenfalls aus dem Irak, erzählt, wie glücklich die Frauen darüber sind: "Es ist alles so neu für uns. Der Frauentreff hilft uns bei der Orientierung wirklich sehr."

Alia (19) und Nuhat (22) sind auch vor allem für Informationen dankbar. "Ich bin aber immer dabei, egal ob wir etwas lernen, kochen, einen Film anschauen oder basteln", berichtet Nuhat. "Im Irak ist eine Frau nur für Kochen und Putzen da. Wir tun nichts anderes, wir gehen nicht zur Schule, nicht nach draußen, Treffen in Cafés sind auch nicht erlaubt." Es wird von den Männern in ihren Familien verboten.

Warum haben die Väter, Brüder und Ehegatten in Deutschland keine Einwände dagegen? "Es ist nicht so, dass die Männer ihnen das nicht gönnen würden", erklärt Übersetzerin Naglaa zusammenfassend: "Sie können sich dort einfach nicht frei bewegen, weil jeder Schritt auf der Straße bedeutet, dass sie von Fremden verfolgt, belästigt und beleidigt werden. Hier sind sie in Sicherheit."

Alia will jetzt vor allem eins: Lernen. Endlich zur Schule gehen. Jamela, eine 42jährige Christin, war Lehrerin. "Die Christen haben eigene Städte im Irak, da war es lange Zeit möglich, dass man als Frau einem Beruf nachgeht", erzählt sie. Doch in den vergangenen Jahren sei das immer gefährlicher geworden: "Ich konnte oft nicht zur Arbeit, zur Kirche schon gar nicht. Ich konnte nicht einmal anziehen, was ich wollte." Ihr Mann ist nach ihren Angaben glücklich, seine Frau jetzt als freien Menschen erleben zu können.

"Ich kann mich endlich wieder spüren", sagt Jamela. "Im Irak habe ich nicht einmal mehr gemerkt, dass ich eine Frau bin."