Vor dem Hechinger Amtsgericht ging es gestern um schweren sexuellen Missbrauch von Kindern. Foto: Maier

77-jähriger Rentner kommt wegen schweren sexuellen Missbrauchs drei Jahre in Haft.

Meßstetten/Hechingen - Gibt es für eine solche Tat eine moralische Wiedergutmachung oder gar Genugtuung für die Opfer? Vor dem Amtsgericht Hechingen wurde gestern ein 77-jähriger Rentner aus Meßstetten wegen mehrfachen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu drei Jahren Haft verurteilt. Der Angeklagte hatte seine Taten gestanden.

Das Leid der Angehörigen der drei missbrauchten Mädchen im Alter zwischen sechs und elf Jahren ließ sich am Mittwoch allenfalls daran ablesen, dass sie während der Verhandlung mehrmals verzweifelt in Tränen ausbrachen. Kaum verwunderlich, dass sich das Schöffengericht deshalb für die Beratung sehr viel Zeit ließ. "Was ist eine angemessene Strafe?", sinnierte Richter Ernst Wührl. Von einem Gericht müsse jede Tat "rein juristisch" bewertet und mit einer dem Gesetzesrahmen entsprechenden Strafe geahndet werden – auch in diesem emotional aufgeheizten Fall. Bewusst ging das Gericht nicht von einer "minderschweren Tat" aus, sondern suchte einen "niederen Strafrahmen für schweren sexuellen Missbrauch", sagte Wührl.

Für das Gericht habe es mehrere Gründe gegeben, diesen "milderen Strafrahmen" anzuwenden. Der 77-Jährige habe die Taten "ohne Wenn und Aber" eingeräumt. Bei der Beweisaufnahme konnte sich das Gericht deshalb im Einverständnis mit der Staatsanwältin und dem Verteidiger auf das Verlesen der Polizeiprotokolle mit den Aussagen der Mädchen beschränken. Damit blieb den Opfern eine erneute verbale Konfrontation vor Gericht erspart.

In einem "relativ frühen Stadium" selbst angezeigt

Mildernd wirkte sich auch aus, dass der Angeklagte die Mädchen jeweils nur kurz berührt hatte. Auch dass er zumindest versucht hatte, sich bei einem der Kinder und deren Mutter zu entschuldigen, rechnete ihm das Gericht positiv an. Schließlich habe sich der Angeklagte in einem "relativ frühen Stadium" selbst angezeigt, räumte die Staatsanwältin ein.

Auf die Frage, ob ein Täter selbst im hohen Alter noch ins Gefängnis müsse, antwortete Wührl, dass in diesem Fall eine Bewährungsstrafe "nicht angemessen" wäre. Bei den Missbrauchsfällen habe es sich schließlich nicht um einen einmaligen Ausrutscher gehandelt. Vielmehr hätten diese über einen längeren Zeitraum wiederholt stattgefunden.

Insgesamt achtmal hatte der 77-Jährige im Zeitraum von vier Jahren drei Schulfreundinnen seiner Enkeltochter in seiner Wohnung sexuell missbraucht, in mehreren Fällen schwer. Viermal hatte er es nicht dabei belassen, seine Hand in die Unterhose der Mädchen zu schieben, um sie im Genitalbereich zu streicheln, sondern war zusätzlich mit dem Finger in sie eingedrungen. Als die Mädchen sich sträubten, hielt er sie fest und bemerkte, sie sollten "sich nicht so anstellen".

Die Folgen für die weitere sexuelle Entwicklung der Kinder seien heute noch nicht absehbar, mahnte der Vertreter der Nebenklage. Die Mädchen seien verängstigt, zurückgezogen und hätten Kontaktschwierigkeiten, bestätigten die Mütter im Zeugenstand. Schockierend wirkte die Antwort des 77-Jährigen auf die Frage, warum es nie zu einem sexuellen Übergriff auf seine Enkeltochter gekommen sei. "Die hab ich so geliebt! Da hätte ich mich nie rangetraut!", sagte er.