Blick in eine Zelle. Ob es so oder so ähnlich mal in einer JVA bei Rottweil oder Meßstetten aussehen wird, ist offen. Foto: dpa

Versammlungen in Rottweil und Meßstetten. Bürgermeister lässt keine Auswärtigen zu Wort kommen. Mit Kommentar

Meßstetten/Rottweil - Die in Meßstetten bislang eher behäbig geführte Debatte um ein neues Großgefängnis auf dem ehemaligen Kasernengelände gewinnt an Fahrt, Widerstand formiert sich. Am Montagabend hat sich eine Bürgerinitiative (BI) gegen eine Vollzugsanstalt gegründet.

Der Name ist Programm: "Bürgerinitiative für ein lebenswertes Meßstetten ohne JVA". Laut der Seite der BI im sozialen Netzwerk Facebook haben 51 Interessenten am Gründungsabend die Ziele der BI unterschrieben.

Aus Rottweiler Sicht interessant zu beobachten ist in Meßstetten der Versuch der Gegner, das Konversionsargument zu entkräften. So heißt es auf der FB-Seite: "Die Probebohrungen waren auch außerhalb des bestehenden Geländes. Auch von Eingeweihten haben wir erfahren, dass das Gelände unter Umständen bis zum jetzigen Schotterweg geht... Sollte das Gefängnis hierhin kommen, so wird definitiv nicht nur Konversionsfläche, sondern auch landwirtschaftliche Fläche verbaut. Hinzu kommt, dass der Sportplatz und die Turnhallen, die von den Vereinen und Schulen genutzt werden, dahin wären."

Ob das tatsächlich so ist, oder ob es sich anders verhält, das lässt sich noch nicht sagen. Schlussendlich ist es in Meßstetten wie in Rottweil: Erst während des Planungsverfahrens kann festgelegt werden, wie das neue Großgefängnis aussieht, wo genau es steht, welche und wie viel Fläche verbraucht wird.

Dennoch ist dieser Aspekt bedeutend. Denn Meßstetten gelang nur ins Rennen um eine neue JVA aufgrund der vorgebrachten Behauptung, dass mit dem ehemaligen Kasernengelände genügend Konversionsfläche zur Verfügung stünde und so weiterer Landschaftsverbrauch vermieden werden könne. Das ist das Argument, mit dem offensichtlich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) unterwegs ist, wohingegen Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) die vollzuglichen Aspekte betont. Je schwächer also das Konversionsargument im Laufe der kommenden Wochen wird, desto stärker die Position Rottweils und desto höher die Chancen für den traditionellen Justizstandort, bei der Entscheidung im Kabinett Mitte Juli die Nase vorne zu haben.

Weitere Erkenntnisse versprechen sich die Gegner und Befürworter einer JVA von den beiden Bürgerversammlungen in dieser Woche. In Meßstetten findet sie am heutigen Mittwoch in der Turn- und Festhalle statt. Interessant dabei ist, dass der dortige Bürgermeister Lothar Mennig nur Meßstetter Bürger zur Veranstaltung zulässt. Auswärtige dürfen die Bürgerversammlung nicht besuchen. Der Schultes argumentiert so: "Die Begrenzung auf Einwohner von Meßstetten wurde aufgrund der Erfahrungen im Zusammenhang mit der Informationsveranstaltung anlässlich der Einrichtung der LEA festgelegt. Nur so kann nämlich bei entsprechendem Interesse der hiesigen Bevölkerung gewährleistet werden, dass angesichts der vorhandenen Kapazitäten möglichst viele Meßstetter Einlass finden." Mennig will diese Anordnung überprüfen lassen, ein Sicherheitsunternehmen kontrolliert die Zugänge. Wer rein will, muss sich ausweisen können – als Meßstetter.

Anders in Rottweil. Die Bürgerversammlung am Donnerstag in der Stadthalle sollen auch Einwohner außerhalb von Rottweil besuchen dürfen. Und sie sollen ihren Standpunkt darlegen dürfen. Einlass ist um 18.30, Beginn um 19 Uhr.

Kommentar: Offen und fair

Von Armin Schulz

Lange Zeit sah es danach aus, als würde in Meßstetten kein Hahn danach krähen, dass vor die eigene Tür vielleicht ein Großgefängnis hingestellt wird. Erst jetzt wird debattiert. Den Anstoß lieferten die Gegner. Das Gegenteil ist in der Konkurrenzgemeinde Rottweil der Fall. Hier ist das Thema seit Jahren ein Dauerbrenner, knallen sich Gegner und Befürworter die Argumente gegenseitig an den Kopf. Das ist Bürgerbeteiligung, wie sie kaum besser geht – sieht man einmal davon ab, dass man auch noch einen Bürgerentscheid hätte machen können. Doch auch so steht Rottweil im Vergleich zu Meßstetten deutlich besser da. Dazu beigetragen haben, trotz mancher Fragwürdigkeiten, alle Protagonisten: Gegner und Befürworter, Stadträte, Bürger und Verwaltung. Ein gutes Vorzeichen für die morgige Bürgerversammlung, der man eine offene und faire Diskussion wünscht.