Optimistisch, was Meßstettens Zukunft angeht (von links): Bürgermeister Frank Schroft, Unternehmer Christoph Larsén-Mattes, Moderator Roland Heck und der engagierte Bürger Heinz Roth. Foto: Eyrich

Podiumsdiskussion des SWR4 in Festhalle zeigt: Bausteine für Weg in Zukunft liegen griffbereit.

Meßstetten - Die Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge (Lea) hat den Meßstettern die Chance gegeben, zu zeigen, was in ihnen steckt. Nun wollen sie dieses Potenzial für noch mehr nutzen – das war am Donnerstag der Tenor einer Podiumsdiskussion des SWR4 in der Festhalle.

"Die Zukunft gestalten – gemeinsam. Meßstetten macht sich auf den Weg" lautete gestern das Motto der informativen, anregenden und kurzweiligen Podiumsdiskussion, die Roland Heck und Thomas Hagenauer vom SWR4, Radio Tübingen, in der Turn- und Festhalle moderierten. Doch wohin führt der Weg? In eine gute Zukunft – davon sind alle Disputanten spürbar überzeugt.

"Die Meßstetter sind unglaublich pragmatisch", schwärmte Katharina Thoms, die mit ihrer Kollegin Sandra Müller eine Langzeit-Dokumentation über die Lea verfasst hat. Vor zwei Jahren habe sie Bedenken verspürt, so Müller: "Wie sollen wir das schaffen?" Doch der Moment, nach der ersten Sorge, "als die Menschen hier aufstanden und sagten: ›Wir schaffen das!‹", sei für sie ein Höhepunkt ihres Berufslebens gewesen. "Als so viele Menschen da waren und es durchaus Probleme gab, hat man sich nicht auf Grundsatzdiskussionen verlegt und die Weltpolitik auf Meßstetten projiziert, sondern immer sehr gut differenziert", betonte Thoms. "Meßstetten hat sehr viel Potenzial, sich auf den Weg Richtung 2030 zu machen."

Diese Zahl trägt die Agenda, die Bürgermeister Frank Schroft vorgegeben hat, dem es um mehr geht als um die Nachnutzung der Lea: ein ganzheitliches Konzept. Ihn freute die Botschaft von Michael Scharf, der die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), Eigentümerin des vormaligen Kasernengeländes, vertrat: dass dessen Erwerb durch die Stadt nicht am Kaufpreis scheitern werde. "Das Konzept muss passen!" Und da die Stadt eine Option auf das Areal habe, werde vorerst nur mit ihr verhandelt. Zudem sehe sich das Land in der Pflicht der gastfreundlichen Kommune.

Dafür, "jetzt mal die Industrie ein bisschen zu forcieren", plädierte Christoph Larsén-Mattes, Inhaber der Tieringer Firma Mattes & Ammann, der dem jungen Bürgermeister ein glänzendes Zeugnis für einen "klugen Schachzug" ausstellte: Schroft habe für die Verlegung der Landesstraße 440 in Tieringen "einen erfahrenen Baubürgermeister a.D." – Rainer Mänder aus Albstadt – "gewonnen, der das Projekt in einem Jahr vorangetrieben hat wie andere vorher in zehn Jahren". Nach Abschluss bestehe endlich die Möglichkeit zur Expansion für seine Firma und den Nachbarn "Interstuhl".

"Nicht warten, bis Daimler oder Bosch kommen – selber hingehen!"

Mit Blick auf das Kasernengelände, das nicht an Wohnsiedlungen grenze und somit ideal auch für Industrie sei, riet der Unternehmer dazu, "nicht zu warten, ob Daimler oder Bosch kommt", sondern hinzugehen. "Wen interessiert die halbe Stunde zur Autobahn? Hier sind fleißige, tüchtige Menschen mit Verantwortung und einem Bezug zur Arbeit – das ist es, was zählt!"

"Ich komme aus einem Ort, der mehr Arbeitsplätze hat als Einwohner", freute sich Zuhörer Alfred Clesle aus Tieringen. Solche und andere Bedingungen nimmt das Stuttgarter Planungsbüro Reschl unter die Lupe, das Philipp König vertrat. Er betonte, dass aber auch die 3400 Auspendler ein Signal sendeten: "Dass es attraktiv ist, hier zu wohnen", sagte König mit Blick auf Kernstadt und Stadtteile. Im Bereich Bildung und Betreuung seien die Hausaufgaben gemacht, die Ausgangsbasis in punkto Gewerbe sei "nicht die schlechteste". An Bevölkerung habe die Stadt nach dem Abzug der Bundeswehr zwar eingebüßt, doch die Wohnbau- und Beschäftigungsentwicklung seien positiv. Nun komme es auf eine "generationengerechte Stadtentwicklung" an: Die Infrastruktur so zu gestalten, dass junge Familien und betagte Senioren sich wohl fühlten. "Die Erfahrung zeigt, dass man die Zeit, die man sich für eine vernünftige Bestandsaufnahme nimmt, hinterher zwei- bis dreifach einspart", sagte König und kündigte eine rege Diskussion mit den Bürgern, voraussichtlich für den Herbst, an: "Das ist dann Ihr Abend", rief er den gut 120 Zuhörern zu. Der Gemeinderat müsse zwar über die Maßnahmen entscheiden, "aber in Kenntnis dessen, was der Bürger will".

"Wenn man sich auf seine eigenen Stärken verlässt, hat man auch Chancen", zeigte sich Jürgen Katz von der LBBW Immobilien Kommunalentwicklung überzeugt und fügte – nicht nur mit Blick auf das Kasernengelände – hinzu: "Da muss die ganze Region zusammenstehen, dann wird das auch etwas."

Was gilt es anzupacken? Heinz Roth, der als "engagierter Bürger" aufs Podium eingeladen worden war, nannte die Sportanlagen, nicht nur in der Kernstadt, als Beispiel. Durch den Abzug der Bundeswehr, die ihre Anlagen auf dem Kasernengelände "großzügig zur Verfügung gestellt" habe, sei deutlich geworden, "was fehlt". Eine hervorragende Heuberghalle mache die Defizite nicht wett. Das Konzept des einstigen Bürgermeisters Willi Fischer sei vor 20 Jahren ad acta gelegt worden, sagte Roth mit Blick auf dessen Nachfolger. "Das ist einer Stadt wie Meßstetten nicht würdig."

Der Applaus für diese Aussage machte auch deutlich: Das Sportstättenentwicklungskonzept für alle Stadtteile, das Frank Schroft gemeinsam mit dem Gemeinderat auf den Weg gebracht hat, verspricht eines der Projekte zu werden, die Meßstettens guten Weg in die Zukunft pflastern.

Ein weiterer Pflasterstein könnte der naturnahe Tourismus sein, meint Schäfer Harald Höfel aus Heinstetten: "Wieder Bodenhaftung finden, wieder mit der Natur verwurzelt sein", das könne Meßstetten den vielen Menschen, denen die Welt ein bisschen zu schnell geworden sei, bieten. "Der weite Raum – das macht eine Seele offen." Und diesen gelte es besser zu vermarkten, wofür vor allem Gästeunterkünfte fehlten. "Wir brauchen die Kinder nicht mit Ritalin vollstopfen – schickt sie einfach mal wieder raus!"

Nach kurzweiligen anderthalb Stunden – Roland Heck: "Länger wäre Freiheitsberaubung" – stand fest, dass Frank Schroft mit seiner Beobachtung seit seinem Amtsantritt im Dezember Recht haben dürfte: "Die Meßstetter sind sehr mutig vorangeschritten und sehr aufgeschlossen."

"Ich hoffe, dass die Meßstetter aus allen Stadtteilen sich beteiligen!"

Diesen Schwung und dieses Selbstbewusstsein – nicht zuletzt ein Resultat der Erfahrungen mit der Lea – gelte es einzusetzen, wünscht sich Heinz Roth, der wohl vielen Zuhörern aus dem Herzen sprach und an alle appellierte: "Ich hoffe, dass die Meßstetter aus allen Stadtteilen die Chance nutzen, sich zu beteiligen und sich zu engagieren."

Nicht nur Roland Heck wird ihnen dafür die Daumen drücken: "Meßstetten hat eine gute Zukunft – davon bin ich überzeugt!"

  In SWR4, Radio Tübingen, werden Beiträge des Abends am heutigen Freitag in den Sendungen zwischen 12.30 und 13 Uhr sowie von 16 bis 17 Uhr gesendet.