Meßstetter Bürger trafen sich zu einem Bürgerworkshop. Foto: Eyrich

Ideen sammeln bei Bürgerworkshop. Drei Generationen treffen sich zur Beratung.

Meßstetten - Was ist Meßstetten – und wenn ja, wie viele? Fragen, ähnlich wie in Richard David Prechts fast gleichnamigem philosophischen Buch, sind gestern beim Bürgerworkshop aufgetaucht, an dem sich mehrere Generationen beteiligt haben. Meßstetten sucht seine Identität.

Grundehrlich, selbstbewusst, gesellig, hilfsbereit, mit einem eigenen Kopf ausgestattet und unverbiegbar – so sind die Meßstetter. Zu diesem Schluss kommen jene, die sich bisher aktiv an der Suche nach der "Corporate Identity" (CI), der gemeinsamen Identität der Meßstetter, beteiligt haben.

Und das sind eine ganze Menge Leute, wie Christoph Dickmanns von der Firma "cdi Projekte" und Josef Bühler von "neulandplus" gestern beim Bürgerworkshop in der Begegnungsstätte Hangergasse erklärt haben: Mit Schülern und jungen Familien, Vereins- und Kirchenvertretern, Azubi und Unternehmern, Stadtplanern und Jugendbetreuern, Vertretern des Tourismus, der Altenhilfe und der Verwaltung haben die beiden Firmen rund anderthalbstündige Interviews geführt.

Sie wollen herausfinden, wofür Meßstetten steht, welcher Menschenschlag dort heimisch ist, wie sich Meßstetten in seinem Umland positioniert und was seine Besonderheiten sind.

All diese Erkenntnisse sollen die Basis sein für ein "Corporate Design", also ein einheitliches Erscheinungsbild, das die Stadt und ihre Stadtteile unverwechselbar erkennbar machen soll: um für Meßstetten Gäste, neue Bürger und neue Unternehmen zu werben, um zu zeigen, "dass Meßstetten ein lebenswerter Ort ist, und darzustellen, dass man sich bei uns wohlfühlen kann", wie Dickmanns sagte. "Bei uns", damit meint der gebürtige Mönchengladbacher, dessen Firma in Friedrichshafen sitzt, natürlich die Heubergmetropole.

Wasserturm und Wildgehege sind zu wenig

Mit Wasserturm, Stausee, Skilift, Wildgehege und Vereinsvielfalt zu werben – das sei zu wenig, meint der Fachmann. "Das haben andere auch." Eine CI fuße vielmehr auf den besonderen Eigenschaften der Menschen und der Umgebung, auf dem Lebens- und Heimatgefühl der Bewohner.

Das herauszuarbeiten war danach eine Stunde lang die Aufgabe der Bürger, die den großen Saal der Begegnungsstätte locker füllten – auch mit ihren Ideen – und dabei mit gedanklichem Hammer und Meißel den Typus der Meßstetter freilegten.

Besonders auffallend: Die Tatsache, dass sie besonders tolerant und offen gegenüber den Bewohnern der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge sind, kommt nicht von ungefähr. In Jahrzehnten der Erfahrung mit der Bundeswehr und den Soldaten, teils von weit her, haben die Meßstetter gelernt, zu integrieren, und engagieren sich "aus Erfahrung" und "aus Vernunft" – so steht es auf zweien der Zettel an den Pinnwänden – für die Lea.

Aber nicht nur die Hilfe für Fremde, auch jene untereinander werde groß geschrieben, haben Dickmanns und Bühler festgestellt: Das Bewusstsein "Wir da oben" habe die Meßstetter zusammengeschweißt. Das kühle Klima – Elke Beuttler bevorzugt das Adjektiv "frisch" – hat zwar einen herben Menschenschlag geformt, doch die Höhenlage stehe schließlich auch für Weitblick, Übersicht und Freiheit.

Ein weiterer bedeutsamer Punkt: "Arbeitsam" sind sie, die Meßstetter, dabei "nicht unzufrieden" – und sie jammern nicht. Das Vereinsleben könnte besser nicht funktionieren. Familie hat einen hohen Stellenwert. Die Kinder sind gut aufgehoben. Auf ihre Leistungen sind sie ebenso stolz wie auf die guten Schulen, ihre Anständigkeit und den Stellenwert, den der Mensch in Meßstetten hat – an und für sich.

Ihre schöne Natur wollen die Meßstetter in jedem Fall in der CI wiederfinden: Attraktive Landschaft und Wanderwege, Blumenwiesen und Skipisten, der Stausee und die Wintermärchen, die Schnee und Sonne – ganz viel Sonne – alljährlich schreiben, all das gehört nach Ansicht der Einwohner zu Meßstetten wie das Amen in die Kirche.

Preiswert viel Platz – davon träumen die Großstädter nur

Josef Bühler hob noch ein seltenes Merkmal heraus: Preisgünstiger Wohnraum und viel Platz – all das hebe sich von den Großstädten ab, in denen die Menschen kaum einen Meter Freiraum um ihre Häuser hätten.

Gemeinsam trägt das alles – auch dies ist auf den Pinnwänden zu finden – zur guten Balance zwischen Arbeit und Freizeit, zum Lebensgefühl und zum Lebenswert bei. "Viele Junge sagen: ›Ich bleibe hier oder komme später wieder, denn hier kann man gut leben‹" – das erlebt Christoph Dickmanns offenbar nicht alle Tage. Auf ihn und Josef Bühler wartet nun noch eine Menge Arbeit, denn bis zum Stadtfest Mitte Juli sollen die CI und das neue einheitliche Design stehen – auch grafisch. Kein Wunder, dass Bürgermeister Frank Schroft am Ende scherzte: "In der Haut des Grafikers möchte ich jetzt nicht stecken!"