Drei Jahre ist es inzwischen her, seit die Lea in Meßstetten wieder geschlossen wurde. Foto: Sauter

Ehemaliger Leiter der Flüchtlingsunterkunft Frank Maier und Bürgermeister Frank Schroft blicken zurück. 

Meßstetten - Drei Jahre ist es her, seit die Landeserstaufnahmestelle (Lea) in Meßstetten geschlossen wurde. Frank Maier, einer der ehemaligen Lea-Leiter, blickt gerne auf eine schöne, wenn auch intensive Zeit zurück. Ebenso wie Bürgermeister Frank Schroft, der zwar lobende Worte findet, sich aber auch an die nicht so schönen Momente erinnert.

 

Zusammenhalt und Engagement: Davon sei Frank Maiers Zeit als Leiter der Lea vor allem geprägt worden. "Für mich war das damals die schönste Zeit in meinem bisherigen Arbeitsleben", resümiert er. Als erster Lea-Leiter baute er die Einrichtung, die im Oktober 2014 öffnete, mit auf - bis er das Zepter Anfang des Jahres 2016 an seinen damaligen Stellvertreter, Herbert Scheffold, übergab. "Es war einfach der richtige Zeitpunkt aufzuhören" erinnert er sich. Die "Hochphase" sei damals vorbei gewesen, die Zahl der neu einreisenden Flüchtlinge sei massiv zurückgegangen. Die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), dem Gesundheitsamt und anderen Schnittstellen habe gut funktioniert. 

3600 Flüchtlinge treffen auf 5500 Einwohner

So einwandfrei wie zu diesem Zeitpunkt lief es in der Lea jedoch nicht immer: "Es war ja eine Entwicklung, die wir da erlebt haben", erklärt Frank Maier: "Wir haben bei Null angefangen und am Ende des Jahres 2015 hatten wir über 400 Mitarbeiter." Die waren damals auch notwendig, denn die Lea, in der die Landesregierung eigentlich zeitgleich bis zu 1000 Flüchtlinge unterbringen wollte, war im März 2015 hoffnungslos überbelegt. "Damals lebten über 3600 Flüchtlinge in der Lea", erinnert sich Maier. Das sei die intensivste Zeit auf dem ehemaligen Kasernengelände gewesen. 

"Wir wussten damals gar nicht, wo die Flüchtlinge alle herkamen", erzählt Maier. Diese haben sich teilweise auf eigene Faust auf den Weg zur Lea gemacht. Irgendwann habe sich herausgestellt, dass das Bekannte und Familienmitglieder von damaligen Bewohnern waren, die von ihren Angehörigen nach Meßstetten gelotst worden seien, erklärt Maier. 

"Das sind Bilder, die man nie vergisst"

Diese Zeit hat den ehemaligen Lea-Leiter auch mitgenommen: "Teilweise gab es da auch solche Tage, an denen ich die Lea gar nicht verlassen wollte. An denen ich mich gefragt habe, was passiert, wenn ich heimgehe", erinnert sich Maier. Angst vor Auseinandersetzungen habe er nicht gehabt. Ihm habe eher der Gedanke an neu ankommende Flüchtlinge Sorgen bereitet, weil nicht genügend Platz für so viele Menschen vorhanden war. "Ständig mussten wir schauen, wo wir neue Feldbetten herbekommen, die auch akzeptable Schlafplätze sind. Wir mussten auch bestimmte Vorgaben, wie beispielsweise den Brandschutz, beachten", erklärt der ehemalige Lea-Leiter. Er erinnert sich daran, wie unzählige Menschen am damaligen Infopoint der Lea standen, um einen Schlafplatz zugewiesen zu bekommen. "Das sind Bilder, die man nie vergisst."

Prägend war für Maier die Zusammenarbeit und Unterstützung der Meßstetter. "Zu Beginn haben wir von den Bürgern eine immense Hilfsbereitschaft erfahren", sagt Maier. "Sehr viele Ehrenamtliche haben sich gemeldet, wir wurden von Anfang an sehr unterstützt." Natürlich habe es auch Missmut und Personen gegeben, die die Lea sehr kritisch betrachtet haben. Doch auch das müsse man verstehen: "Da kamen auf rund 5500 Einwohner zeitweise 3600 Flüchtlinge. Das stand natürlich in keinem Verhältnis", meint Maier. Doch auch andere Leas waren damals überfüllt, da sei Meßstetten kein Einzelfall gewesen, sagt er.

Bürgermeister: "Nicht nur schöne Momente"

Auch der Meßstetter Bürgermeister Frank Schroft (CDU) erinnert sich an die "aufregende Zeit" damals: "Wenn man ehrlich ist, gab es da nicht nur schöne Momente." Für die kleine Stadt seien die vielen Flüchtlinge eine Riesen-Herausforderung gewesen. Vor allem das Ortsbild sei durch die Situation geprägt worden: "Beispielsweise wegen der starken Vermüllung durch die Flüchtlinge", erzählt der Bürgermeister. Auch der Zusammenprall der verschiedenen Kulturen sei sicherlich nicht einfach gewesen. "Man musste manchen Lea-Bewohnern erklären, dass sie ihre Notdurft nicht in den Gärten der Bürger verrichten dürfen." Nachdem man jedoch ins Gespräch gekommen sei und auch Streetworker engagierte, habe das besser funktioniert. 

Zeitweise machten auch böse Gerüchte die Runde: Die Bewohner der Lea hätten nachts heimlich Schafe geschlachtet. Ein Bewohner sei sogar enthauptet worden. "Ich konnte es damals nicht fassen, dass solche Gerüchte verbreitet werden", erzählt der ehemalige Lea-Leiter. Die Einrichtung habe sich damals größte Mühe gegeben, Einblicke in die Arbeit dort zu gewähren. Sogar ein Begegnungszentrum habe es gegeben. Dort konnten Bürger und Interessierte zuhören und sich informieren. 

Auch kritische Bürger haben sich mit Lea arrangiert

Auch Frank Schroft erinnert sich an diese Gerüchte und auch daran, dass diese von außerhalb in den Ort getragen wurden. "Da wollten welche ein feindliches Stimmungsbild schaffen. Das hat aber nicht funktioniert", sagt der Bürgermeister. Natürlich seien Teile der Bevölkerung nicht mit der Lea einverstanden gewesen. "Aber man wusste von Anfang an, dass es eine Lea auf Zeit sein wird und dass sie nach zwei bis drei Jahren wieder geschlossen wird", so Schroft. Das sei deshalb bereits vorab klar gewesen, weil das Kasernengelände so weit außerhalb und die Anbindung dorthin und nach Meßstetten nicht gut sei, erklärt der Bürgermeister. Deshalb hätten sich auch kritische Bürger mit der Flüchtlingsunterkunft arrangiert, meint Schroft.

Außerdem gibt der Bürgermeister zu, dass er sowohl Frank Maier als auch die vielen ehrenamtlichen Helfer für deren Job nicht gerade beneidet habe. Vor allem die intensive Phase, in der so viele Flüchtlinge in der Lea lebten, sei sicherlich sehr anstrengend für alle Beteiligten gewesen. "Ohne Frank Maier und die vielen Ehrenamtlichen hätte Meßstetten das nicht gemeistert", lobt der Bürgermeister. Dafür sei er sehr dankbar. Und auch er bestätigt, dass die Arbeit der Lea damals sehr transparent gewesen sei und man sich stets um Kommunikation bemüht habe. 

"Beispiellose Unterstützung" von so kleiner Stadt

Frank Maier sagt ebenfalls, dass das Lea-Team um ihn herum einfach klasse gewesen sei. Und auch für die Meßstetter findet er nur lobende Worte: Auf die Frage hin, was die Stadt aus Bundeskanzlerin Angela Merkels berühmten Satz "Wir schaffen das" gemacht haben, antwortet er: "Meßstetten hat einen großen Beitrag dazu geleistet, es zu schaffen. Die Stadt hat zur Unterbringung der vielen Menschen beigetragen. Doch auch die anschließende Integration ist wichtig", betont er.

In Anbetracht der vielen Flüchtlinge und der intensiven Zeit im Jahr 2015 sei von einer so kleinen Stadt wie Meßstetten jedoch eine beispiellose Unterstützung gekommen. Darüber ist Frank Maier noch heute sehr froh.