Im Gemeinderat stellte Thomas Krebs (rechts), Leiter des Polizeireviers Albstadt, auch den neuen Chef des Polizeipostens Meßstetten, Sven Groß (links), vor. Foto: Eyrich

Flüchtlings-Unterkunft wirkt sich nur im Hinblick auf absolute Zahlen auf Kriminalitätsstatistik aus.

Meßstetten - Die Flüchtlinge in der Landeserstaufnahmestelle (Lea) sind nicht krimineller als alle anderen – das wollte Thomas Krebs, der Chef des Polizeireviers Albstadt, doch betont haben, als er im Gemeinderat seine Statistiken vorstellte: an seinem Geburtstag.

Lag es nun daran, dass Thomas Krebs etwas zu feiern hatte, oder daran, dass er von Bürgermeister Frank Schroft ein Fläschchen Meßstetter Sekt zum Geburtstag bekam, dass der Leiter des Polizeireviers Albstadt so guter Laune war in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats, wo er die Jahresbilanz 2015 vorlegte? Mitnichten. Der Polizeioberrat hatte sichtlich Freude daran, Gerüchte widerlegen zu können, die von Gegnern der Merkelschen Asylpolitik gerne ins Feld geführt werden, um gegen Flüchtlinge Stimmung zu machen.

Vom Dunkel ins Licht

Zwar seien die Straftaten von 232 im Jahr 2014 auf 874 im Jahr 2015 gestiegen, so Krebs, wobei die Kernstadt mit 571 Taten (2014: 100) an der Spitze liege, gefolgt von der Lea mit 153 (sieben), jedoch liege das auch an der Erfassung. Im Klartext: Ladendiebstähle würden landesweit kaum angezeigt. Er habe die Polizisten in der Lea jedoch angewiesen, wöchentlich bei den Einzelhändlern nachzufragen und habe vor, das für das Jahr nach Ende der Lea beizubehalten. Somit habe die Polizei "viele Fälle vom Dunkel ins Licht gezogen", sagte Krebs.

Rechne man die Einwohnerzahl der Lea in die Kriminalitätsbelastung – also die Zahl der Straftaten pro 100 000 Einwohner – ein, zeige das Ergebnis, "dass die Bewohner der Lea weder mehr noch weniger kriminell sind als andere". Bei 2613 liegt sie demnach 2015, bei 2321 im Jahr zuvor und bei 2788 im Jahr 2013.

Umgerechnet auf die 22 000 Personen, die 2015 durch die Lea gegangen seien, liege die Belastung dort nur bei 690, so Krebs – also weit unter dem Durchschnitt. Dass Asylsuchende aus Serbien – gemessen an ihrer Zahl – den höchsten Anteil an den Straftaten haben, führt Krebs darauf zurück, dass Flüchtlinge aus Kriegsgebieten eine höhere Motivation hätten, ihr Asylgesuch nicht durch Straftaten zu gefährden, während Flüchtlinge vom Balkan oft im Winter kämen und im Sommer wieder verschwänden.

Wie teilen sich die Delikte auf? Mit 551 (53) ist die Zahl der Diebstähle ohne erschwerende Umstände – eben auch weil sie 2015 genauer erfasst worden seien – am stärksten gestiegen. Diebstähle unter erschwerenden Umständen gab es 27 (acht), Vermögens- und Fälschungsdelikte 58 (53), Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zehn (zwei), Rohheitsdelikte und Delikte gegen die persönliche Freiheit 105 (41) und sonstige Straftatbestände 98 (66). Straftaten gegen das Leben hat die Polizei nicht zu verzeichnen.

Unter den 571 Straftaten in der Kernstadt machen die einfachen Diebstähle mit 481 den Löwenanteil aus. Allein 479 Ladendiebstähle entfallen auf das Einkaufszentrum am südwestlichen Ortsende, wobei durchschnittlich ein Schaden von 16 Euro entstanden sei, so Krebs. In der Lea selbst mit ihren 153 Straftaten liegen Rohheitsdelikte mit 66 an der Spitze, gefolgt von einfachen Diebstählen mit 35.

Deutsche Jugendliche liegen unrühmlich vorn

Die Zahl der Tatverdächtigen ist 2015 von 153 auf 286 hochgeschnellt, wobei 192 (115) Erwachsene, 40 (18) Heranwachsende, 43 (sieben) Jugendliche und elf (13) Kinder waren. Bemerkenswert: Unter den Jugendlichen sind mit 24 mehr deutsche als nichtdeutsche (19) Tatverdächtige.

Ebenfalls aussagekräftig: Die Tatverdächtigenbelastung lag 2011 und 2012 – rechnet man die Lea-Bewohner zu den Einwohnern hinzu – fast doppelt so hoch wie 2015.

Was sagt die Polizeistatistik über Verkehrsunfälle aus? 90 hatten sich 2015 in Meßstetten ereignet, und damit 26 mehr als vor Jahresfrist. Bei 36 davon war Personenschaden zu beklagen – 35 Leicht- und acht Schwerverletzte, aber keine Toten weist die Statistik aus. Damit liegt die Unfallbelastung – die Zahl der Ereignisse auf 100 000 Einwohner hochgerechnet – bei 190 und damit um 80 höher als 2014. Im Zollernalbkreis waren es 154, im Land 219.

Am häufigsten gekracht hat es an der Kreuzung zwischen Rathaus und Lamprechtskirche sowie in der Gartenstraße an der Abzweigung zum Schulzentrum – das Sachgebiet Verkehr habe Vorschläge zur Verbesserung gemacht, erklärte Krebs auf Nachfrage von Oliver Rentschler (Bürgerliste).

Dass der volkswirtschaftliche Schaden durch Unfälle 2015 in Meßstetten bei vier Millionen Euro, jener durch Straftaten nur bei 200 000 Euro gelegen habe, vergaß Krebs nicht zu erwähnen.

Die Besetzung bleibt vorerst erhalten

Auf Nachfrage von Tarzisius Eichenlaub (Freie Wähler) versicherte er, dass die personelle Besetzung der Polizei in der Lea mit 3,5 Personalstellen trotz der derzeit niedrigen Bewohnerzahl vorerst nicht zurückgefahren werde, stellte Krebs in Aussicht: Seine Kollegen seien noch dabei, Fälle von 2015 abzuarbeiten.

Der Polizeiposten Meßstetten sei mit vier Personen besetzt – dessen neuen Leiter, den 32 Jahre alten Polizeioberkommissar Sven Groß, stellte Thomas Krebs im Gemeinderat vor.