Andreas Bott dirigiert seit diesem Jahr beim Musikverein Meßstetten: "Die sind gut und können ihr Handwerk" / Von Beruf Musiker
Von Christoph Holbein
Meßstetten. Über den Musikunterricht kam der Kontakt zustande: Die Tubistin der Meßstetter Kapelle hatte E-Bass-Unterricht bei ihm und erzählte, dass der Dirigent aufhört. Andreas Bott war sofort interessiert: "Ich hatte das noch nie gemacht." Mittlerweile ist der 40-Jährige Dirigent beim Musikverein Meßstetten.
Eigentlich hatte Andreas Bott es nur so mal als Gedanke geäußert, dass ihn das Amt als Dirigent beim Meßstetter Musikverein reize: "Diese Aufgabe fehlte mir noch." Doch die Verantwortlichen in Meßstetten ließen sich nicht zweimal bitten und bekundeten "äußerst großes Interesse" an einem Engagement des 40-jährigen Berufsmusikers. "Ich habe viel mitbekommen und verstehen gelernt, wie Dirigenten arbeiten, habe mir das 20 Jahre angeschaut." Beim Musikverein Meßstetten wartet dennoch eine besondere Herausforderung auf Andreas Bott. Dort liegt der Schwerpunkt auf der Polka: "Das ist eine ganz eigene Art des Dirigierens." So hat sich der 40-Jährige sehr viel mit Ernst Mosch auseinandergesetzt, um zu erkunden, was der macht und was nicht.
Entscheidend ist zu wissen, wann der Dirigent sein Orchester selbstständig spielen lässt: "Du musst nicht immer von vorne nach hinten dirigieren." Die Polka sei "sehr, sehr klar". Die Hauptaufgabe des Dirigenten sei es, die Stücke zu er- und auszuarbeiten, die Nuancen herauszufiltern, das Laut und Leise: "Das ist nichts Neues für mich, mein Studium in München war sehr auf die Rhythmik ausgelegt. Ich habe gelernt, zu hören und nachzuvollziehen, warum funktioniert ein Walzer, eine Polka." Da er Bandcoaching an der Musikschule macht, Erfahrungen als Lehrer und Dozent gesammelt hat, besitzt er das Handwerkszeug als Dirigent und hat viele verschiedene Ansätze mitbekommen: "Die Summe aus dieser Arbeit lassen mich den Job gut machen."
Das sehen wohl auch die Meßstetter Musiker so, wie Bott sagt zu den Rückmeldungen: "Die Musiker in Meßstetten sind begeistert." Dabei ist es nicht so einfach, die vielen verschiedenen Charaktere zu vereinen und unter einen Hut zu bringen, damit alle zusammen an einem Strang ziehen: "Für mich ist es ein Ritterschlag, dass die alten Hasen mir vertrauen und daran glauben, dass das, was ich mache, Hand und Fuß hat."
Die ersten Monate in der neuen Aufgabe sind also durch positive Erfahrungen geprägt: "Dass ich mich so schnell einarbeite, hatte ich mir nicht gedacht. Es ist brutal viel Arbeit, vor allem weil mein Ziel ist, wenn ich etwas mache, das dann auch richtig zu machen." Und der Musikverein Meßstetten sei gut: "Die können ihr Handwerk." Joachim Bock habe ihm eine gute Kapelle übergeben.
Es ist eine sensible Aufgabe für Bott, der sonst mit Profis zusammenarbeitet: "Das hier sind lauter Leute, die arbeiten und danach keine übertriebenen Höchstleistungen bringen wollen, die sehr gerne Musik machen und das auch gut, aber bei denen ich gewisse Abstriche hinnehmen muss, denn das alles ist für diese Menschen Freizeitvergnügen als Ausgleich zum täglichen Beruf." So versucht Bott die Balance, ein musikalisches Ziel und Niveau zu erreichen und trotzdem auch den Menschen zu sehen.
Es geht ihm um eine gute Gemeinschaft, miteinander und füreinander zu spielen: "Nur so entsteht gute Musik. Die Leute wissen, dass ich sie akzeptiere, so wie sie sind." Die Meßstetter Musiker jedenfalls sind willig, treffen sich selbstständig zu Registerproben und zeigen ein hohes Engagement. Bott will dabei das Repertoire nicht verbreitern. Ihm gefällt es, in seiner Musikerarbeit breit aufgestellt zu sein: am Freitagabend bei der Musik-Gala, am Samstag im Rockkonzert und am Sonntagmorgen bei der Bach-Matinee. Doch konzertant soll die Musik schon sein: "Wir wollen in Meßstetten nicht im Bierzelt einfach so nebenher die Polka spielen."
Für Bott soll das Dirigentenamt beim Musikverein ein längerfristiges Engagement sein. Seine erste große Bewährungsprobe hat er jetzt beim Konzert am Samstag, 5. April, ab 20 Uhr in der Meßstetter Festhalle.
(hol). Auch wenn seine musikalische Karriere bereits in den frühesten Kinderjahren auf den Instrumenten der Mutter begonnen hatte, wählte Andreas Bott nicht den direkten Weg, sondern ließ sich zunächst als Krankenpfleger mit Staatsexamen ausbilden, ehe er sich komplett für die Musik entschied: Seit 2002 ist er hauptberuflich Musiker.
1973 in Ebingen geboren, erhielt der heute 40-Jährige mit sieben Jahren Blockflöten-Unterricht, wechselte mit zwölf dann zur Klarinette und widmete sich dem Saxophon in seinen drei Stimmlagen Sopran, Alt und Tenor sowie Schlagwerk und Percussion. Mit 16 Jahren verschrieb er sich dem E-Bass und begann mit 19 Jahren, Kontrabass zu spielen. Von 1998 bis 2001 studierte er E-Bass an der Bass-Schule in München und schloss mit Diplom ab. Von 2003 bis 2008 war er Student bei Professor Mini Schulz an der staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Stuttgart im Fach Jazz und Popularmusik sowie Kontrabass, was er auch mit Diplom beendete.
Seine ersten Unterrichtserfahrungen sammelte Bott mit 15 Jahren, als er die Klarinettenzöglinge der Stadtkapelle Tailfingen betreute. Mittlerweile ist er Dozent für E-Bass, Kontrabass und Bandcoaching an der Musik- und Kunstschule Albstadt, tätig an der Musikschule Silbernagel unter anderem im Bereich Akustik-Gitarre und an der Musikschule Siber in Stetten am kalten Markt. Zudem hat er private Schüler etwa im Saxophon.
Als Bassist verweist er auf zahlreiche Engagements als Musiker bei Musicals, Musical-Shows, Opern und in Orchestern sowie bei regionalen und überregionalen Bands und auf Auftritte unter anderem mit Xavier Naidoo, Ben, Judie Baily und Franco do Violao.