Mehrere Jugendliche waren gekommen, weil sie sich mehr Busverbindungen am Wochenende wünschen. Foto: Schwarzwälder Bote

Mobilitätsdialog: Ideen und Anregungen fließen zahlreich beim Abend in Meßstetten / Schüler unzufrieden

Von Karina Eyrich

Weil der Landkreis den Nahverkehrsplan fortschreiben will, nehmen sich Landrat Günther-Martin Pauli und Verkehrsplaner Roland Albert an 14 Abenden Zeit, um Anregungen in Gemeinden des Landkreises zu sammeln – auch in Meßstetten.

Meßstetten. Schwer bepackt mit Anregungen haben Landrat Günther-Martin Pauli und Roland Albert, Verkehrsplaner des Zollernalbkreises, das Rathaus Meßstetten am Mittwochabend verlassen. Denn Bürgermeister Frank Schroft hatte erfolgreich um eine hohe Beteiligung am "Mobilitätsdialog" geworben: Gut 30 Teilnehmer – darunter vor allem Eltern von Schülern und viele Jugendliche – waren ins Rathaus gekommen.

Sie wünschen sich vor allem an Wochenenden bessere Verbindungen nach Albstadt und Balingen – und Busse, die auch nach Mitternacht noch ihre Wohnorte auf dem Großen Heuberg ansteuern. Auch bei den vergangenen drei Jugendforen in Meßstetten sei das immer wieder Thema gewesen, betonte ein Vertreter.

Bernhard Deyhle, Leiter des Feriendorfes Tieringen, muss oft Gäste vom Bahnhof Balingen abholen, weil sie die Werbung für den Rufbus kaum wahrnehmen könnten und die Bus-Taktung zu lange Wartezeiten verursache. Wollten Jugendliche in die Stadt und dort auch noch zu Abend essen, sei das kaum möglich, da der letzte Bus um 18.30 Uhr fahre. Eine Zuhörerin beklagte, dass zu wenige Busse am Wochenende unterwegs seien und der letzte am Sonntag schon um 16.30 Uhr nach Meßstetten fahre. Mit dem Bus einen Premiumwanderweg anzusteuern und nach der Tour noch einzukehren, sei praktisch unmöglich.

Thomas Witzemann, Ortsvorsteher in Hossingen, regte an, mit den Firmen in Albstadt und Balingen Kontakt aufzunehmen, um passende Linien für die Pendler einzurichten.

Die zu hohen Preise für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) kritisierte ein Zuhörer ebenso wie die Tatsache, dass es kaum möglich sei, ein Fahrrad mitzunehmen – selbst in fast leeren Bussen ohne Schüler. Im Hartz-IV-Regelsatz liege der Verkehrsanteil bei 35 Euro – "das ist zu wenig für eine Monatskarte". Außerdem kritisierte er die hohen Subventionen für den Autoverkehr. Auch Parkplätze und die Beseitigung von Umweltschäden seien teuer. Hier gelte es, Prioritäten zugunsten des ÖPNV zu setzen.

Eine Mutter, deren Sohn eine Sigmaringer Schule besucht, beklagte die schlecht synchronisierten Anschlusszeiten. Oft verpassten die Kinder den Bus, weil der Zug fünf oder zehn Minuten nach dessen Abfahrtszeit eintreffe – und müssten dann stundenlang warten. Alle Versuche, auf die Busunternehmen einzuwirken, waren bisher gescheitert, denn diese regeln nicht die Zeiten, sondern sind lediglich Auftragnehmer und arbeiten den vom Kreistag beschlossenen Verkehrsplan ab, wie Pauli deutlich machte. So gut es geht in Fahrgemeinschaften behelfen sich die Eltern der betroffenen Schüler dann selbst und holen ihre Kinder abwechselnd ab.

Christine Fuchs nutzte die Gelegenheit, für den Verein "German Zero" zu werben, der an einem Klimaplan mit "echten Alternativen zum Auto" arbeite, um einen Gesetzentwurf für den Deutschen Bundestag vorlegen zu können. Halb-Stunden-Takte in jedes Dorf – in der Schweiz und Frankreich funktioniere das uns müsse folglich auch in Deutschland möglich sein. Mit Blick auf E-Mobilität appellierte sie an alle, eine "Lade-Infrastruktur zu schaffen, die den Namen verdient".

Eine weitere Mutter hatte sich viel Mühe gemacht und sogar fertige Buspläne in der Tasche, die sie dem Landrat anbot. Ihre Tochter besuche eine Schule in Balingen und komme so knapp aus Meßstetten an, dass man sie zu Klassenarbeiten in der ersten Stunde mit dem Auto bringen müsse. Auf dem Heimweg fahre der Bus dann über Tieringen, Oberdigisheim, Obernheim, Oberdigisheim, Unterdigisheim, Nusplingen, Heidenstadt und die Harthöfe bis nach Meßstetten – 80 Minuten verbrächten die Kinder so im Bus. Pauli lud die Mutter ein, sich mit ihm zusammenzusetzen und versprach: "Wenn der Regio-Bus kommt, wird es schneller funktionieren."

Wie der Landrat überhaupt sicher ist, dass der neue Nahverkehrsplan die Situation in den ländlichen Orten auf dem Großen Heuberg verbessern wird. Dennoch gab er zu bedenken, dass es nicht möglich sein werde, alle Wünsche zu erfüllen – aus Kostengründen.

Andreas Raschke appellierte in diesem Zusammenhang an Pauli, bestimmte Gruppen – Pendler, Schichtarbeiter, Schüler und andere auch direkt einzubinden, ebenso wie Bauleitplaner, um dem ÖPNV Vorrang zu verschaffen. Heinrich Stopper riet, nach Ravensburg zu blicken, wo der Zugverkehr durch das Engagement der Kommunen viel besser ausgebaut sei – Stichwort: BOB Oberschwaben.

Pauli und Albert konnten zu einigen Anregungen schon recht konkrete Verbesserungen in Aussicht stellen, wiesen aber darauf hin, dass sie zunächst alles sammeln müssten – und ermunterten die Teilnehmer, dafür zu werben, Ideen, Anregungen und Kritik einzureichen. Nach mehr als zwei Stunden lebhafter Diskussion betonte Pauli jedenfalls: "Es hat sich gelohnt, nach Meßstetten zu kommen."