Die Meßstetter bauen ihren Wald um, damit er den Klimawandel besser verkraftet. Archiv-Fotos: Eyrich Foto: Schwarzwälder Bote

Waldeinrichtung: Forstamt will mit mehr Laubholz gegensteuern / Die Esche verabschiedet sich

Wie geht es in den nächsten zehn Jahren im Meßstetter Stadtwald weiter? Die Mitarbeiter des Forstamtes haben eine Strategie festgelegt, die auch den aktuell sehr niedrigen Holzpreis und die Anpassung an den Klimawandel berücksichtigt.

Meßstetten. Für nicht weniger als zehn Jahre gilt das Forsteinrichtungswerk, dem der Gemeinderat Meßstetten in seiner jüngsten Sitzung für den Gemeindewald einstimmig zugestimmt hat. Nachdem Klaus Richert, Leiter des Forstbereiches Albstadt, und Forsteinrichter Andreas Kaphegyi – begleitet von den Revierleitern – es ausführlich erläutert hatten.

Kaphegyi als früherer Wahl-Tieringer kennt den Stadtwald gut, hat ihn sich aber zusammen mit den Revierleitern Klaus Dreher, Thomas Holl und Franz Maier 2019 genau angesehen, um für jeden einzelnen Bestand genau planen zu können, wie Kaphegyi sagte.

Von den 1857 Hektar Stadtwald dienen 742 dem Wasser-, 555 dem Bodenschutz und 598 Hektar der Erholungsfunktion, so Kaphegyi. 1854 Hektar sind Naturpark, 1777 Hektar Landschaftsschutzgebiet, 283 Hektar Flora-Fauna-Habitat-Fläche, 62 Hektar umfassen die Biotope. 31 Hektar Betriebsfläche sind im zurückliegenden Forsteinrichtungszeitraum durch Kauf und Neuzuordnung der Wald-Feld-Grenze hinzugekommen.

Bereits stark verändert haben sich seit 2010 die Flächenanteile der Baumarten: So ist die Fichte von 42 auf 36 Prozent geschrumpft, die Nadelbäume insgesamt von 54 auf 47 Prozent – ein Prozess, der sich fortsetzen soll: Langfristig strebt das Forstamt nurmehr 38 Prozent Anteil an, an reiner Fichtenfläche gerade noch 18 Prozent. Einzig der Weißtannen-Anteil, der mit sechs Prozent minimal zurückgegangen ist, soll wieder steigen: auf elf Prozent.

Mehr als ein Prozent ist langfristig nicht drin

Der Laubbaum-Anteil hingegen soll von aktuell 53 auf 62 Prozent steigen – 2010 hatte er noch bei 46 Prozent gelegen. Besonders die Buchen sind im Vormarsch: 33 Prozent Anteil 2010, 38 Prozent derzeit, 42 Prozent sollen es werden. Im selben Zeitraum soll der Bergahorn-Anteil von fünf über aktuell sieben auf zehn Prozent wachsen. Eichen – solche sind derzeit praktisch nicht zu finden – sollen langfristig drei Prozent des Baumbestandes ausmachen. Nur für die Gemeine Esche sieht es düster aus: Das Eschentriebsterben geht laut Kaphegyi weiter und ihr Anteil ist von sechs bereits auf fünf Prozent gesunken. Mehr als ein Prozent Anteil wird langfristig nicht drin sein.

Ob alle Stadträte das komplizierte Diagramm zur Altersklassenverteilung der einzelnen Baumarten verstanden hatten? Für Kaphegyi und seine Kollegen ist es das wichtigste Diagramm, wie er betonte, ist die richtige Balance zwischen altem Holz und Verjüngung doch ein bedeutender Faktor für die Waldgesundheit und die Waldwirtschaft.

Die gute Nachricht mit Blick auf Letztere: Der Starkholzvorrat ist von 2010 bis 2020 von 21 auf 28 Prozent Anteil gestiegen. Gleichwohl hat der Holzvorrat insgesamt abgenommen: 2010 waren es noch 634 900 Festmeter, 2020 sind es nurmehr 609 200. Beim Verjüngungsvorrat machen die Buchen mit 49 Prozent 2020 den Löwenanteil aus, gefolgt vom Bergahorn mit 17 und der Esche mit zwölf Prozent. Gerade mal noch sieben Prozent stellen die Fichten – die Tanne ist mit einem Prozent abgeschlagen.

Der Wildverbiss bleibt ein Dauerthema

Der Wildverbiss ist ein Dauerthema für Forstleute und Jäger, denn er schädigt vor allem die Naturverjüngung, weshalb die Forstleute vor allem Tannen, Bergahorn und Fichten, Douglasien und alles Laubholz außer den Buchen schützen müssen, speziell an schwierigen Standorten. Dass die Jagdintensität gesteigert werden muss, gehört zu den Zielen des Forsteinrichtungszeitraumes 2020 bis 2029, denn die Schäden durch Trockenheit und – wie 2019 besonders groß – Schneebruch werden ob des Klimawandels schon schlimm genug, ließ Kaphegyi durchblicken.

Die Ernte liegt knapp unter dem Plan

Im zurückliegenden Einrichtungszeitraum hat das Forstamt 98 Prozent der geplanten Ernte eingeholt: 116 900 Erntefestmeter hätten es sein sollen, 114 200 sind es geworden, wobei 13 200 Erntefestmeter – zwölf Prozent – auf die zufällige Nutzung entfallen: Nach Schneebrüchen, Stürmen und Käferbefall muss das beschädigte Holz raus aus dem Wald.

Weil die Forstleute mehr Altholz genutzt haben als vorgesehen, haben sie der Verjüngung mehr Raum gegeben: auf 41,5 Hektar waren Setzlinge geplant, auf 108,2 Hektar sind sie gewachsen. Auch in der Jungbestandspflege liegt die Fläche mit 77,6 Hektar weit über dem Plan von 15,6 Hektar. 1179 Bäume haben die Waldarbeiter geästet, was die Qualität des Holzes steigert – vorgesehen war das bei nur 600 Bäumen. Das Betriebsergebnis liegt bei 123 Euro pro Jahr und Hektar, also bei 204 000 Euro jährlich im Durchschnitt der Jahre seit 2010.

Für die nächsten zehn Jahre plant der Forst eine Nutzung von 115 500 Erntefestmetern – das ist weniger als von 2010 bis 2019. Der Schwerpunkt liegt auf der Verjüngungsnutzung und dem Abbau der Starkholzvorräten bei der Fichte, um das Risiko einer weiteren Entwertung zu minimieren. Dem Klimawandel geschuldet ist das Ziel, weitere Mischbaumarten wie Douglasie, Eiche, Lärche und Edelkastanie einzubringen und eine möglichst breite Baumpalette anzustreben.

Die Verjüngungsflächen sollen wieder zunehmen: insgesamt um 89,4 Hektar, von denen 72,2 Hektar durch Naturverjüngung und 17,2 Hektar durch Pflanzungen, 1,7 Hektar durch Vorbau und 2,3 Hektar durch Saat hinzu kommen sollen.

Ein schwarzes Ergebnis ist möglich

Was den Hiebsatz angeht, so halten die Forstleute – trotz des Klimawandels und seiner Folgen auf Waldschäden – ein durchschnittliches positives Betriebsergebnis für möglich, wie Kaphegyi und Richert deutlich machten. Dass der Holzmarkt derzeit "stark gestört" sei, auch durch die Coronavirus-Pandemie, fügten sie aber ausdrücklich hinzu. "Inwieweit wir das coronabedingte Sinken der Nachfrage und die Trockenheitsproblematik in den Griff bekommen, weiß bisher niemand", mahnte Richert. "Der Waldertrag wird in ganz Europa nicht rosig sein."