Oroginell dekoriert sind die DRK-Container für Altkleider.Foto: Eyrich Foto: Schwarzwälder Bote

Altkleider: Ortsvereine des Roten Kreuzes nehmen auch größere Mengen gerne an / Einnahmen sind wichtig

Während das Landratsamt Sigmaringen inzwischen Schwierigkeiten hat, Altkleiderspenden zu entsorgen, sind die DRK-Ortsvereine auf die Einnahmen daraus angewiesen.

Meßstetten/Winterlingen/Sigmaringen. Die Zeit des Lockdowns und jetzt die Urlaubszeit nutzen offenbar mehr Menschen als üblich, um zu Hause alte Sachen auszusortieren und aufzuräumen – auch Kleidung, die nicht mehr passt, unmodern geworden ist oder aus anderen Gründen in die Altkleidersammlung wandert. Corona-bedingt sei eine Verwertung aber lange nicht möglich gewesen, etwa weil Läden und Grenzen geschlossen gewesen seien, berichtet Holger Kumpf, Leiter der Kreisabfallwirtschaft im Landratsamt Sigmaringen. "Die Entsorgungsstrukturen standen kurz vor dem Kollaps." Und auch aktuell sei eine Verwertung nur eingeschränkt möglich. "Die Lager sind übervoll und Transportwege und Absatzmärkte immer noch gestört. Zudem wird neben brauchbarer Kleidung leider auch vermehrt Restmüll über die Altkleidercontainer entsorgt", so Kumpf. Dadurch würden brauchbare Textilien verunreinigt, was zu Problemen bei der Wiederverwendung führe. "Die Kleidung muss aufwendig nachsortiert und viele brauchbare Textilien als Müll über das Müllheizkraftwerk entsorgt werden", ärgert sich Kumpf.

Daher hat das Landratsamt Sigmaringen dazu aufgerufen, Textilien zu Hause zwischenzulagern, wenn die Container voll sind.

Das Rote Kreuz hingegen nimmt auch weiterhin Altkleider in seinen Sammelcontainern an. Ein halbes Dutzend davon hat etwa der DRK-Ortsverein Winterlingen in der Großgemeinde aufgestellt und nimmt dort Spenden an. "Man kann die Sachen aber auch bei uns vors Magazin legen", sagt Bereitschaftsleiter Stefan Wurster.

Denn das DRK Winterlingen hat ebenso einen Vertrag mit der Firma FWS, wie der Ortsverein Meßstetten, der ebenfalls in allen Stadtteilen Sammelcontainer hat. "Sie sind immer sehr voll", sagt Vorsitzender Felix Steidle, "und wir bieten auch an, größere Mengen zu Hause abzuholen." Sobald genug zusammen gekommen sei, informiere der Ortsverein FWS. "Dann wird das gleich am nächsten Tag geleert."

Sowohl Steidle als auch Wurster betonen, wie wichtig die Einnahmen aus den Altkleidersammlungen für die Arbeit des Roten Kreuzes seien, das damit "gut 30 Prozent, eher mehr", wie Steidle sagt, seiner Ausgaben für Material, Ausbildung und Betrieb finanziert. Die Größenordnung in Winterlingen sei die nämliche, bestätigt Wurster. "Deshalb freuen wir uns, wenn die Container voll sind, weil wir für jede Tonne einen kleinen Anteil bekommen."

Scholte-Reh: Jeder sollte sich Gedanken über die Folgen machen

Dass es früher mehr Geld gab für die Tonne Altkleider, weiß Friedrich Scholte-Reh, der im Zollernalbkreis das Abfallwirtschaftsamt im Landratsamt leitet. Der Trend zur "Fast Fashion" – billige Kleidung, mehr und mehr Kollektionen pro Marke und Jahr – wirke sich allerdings auf die Weiterverwendung von Kleidung aus, und nicht eben positiv. Denn das Wenigste lande heute noch in den Kleiderkammern, zumal sich auch weniger Betuchte heute neue Kleidung leisten könnten angesichts von Preisen bis hinunter zum einstelligen Euro-Bereich. Das Meiste lande heute in Osteuropa und vor allem in Afrika, wo die Flut getragener Kleidung aus Europa die heimischen Märkte kaputtmache.

Der Zollernalbkreis habe sich deshalb bewusst aus der Altkleiderentsorgung "rausgehalten", so Scholte-Reh – auch im Bewusstsein, dass es dann noch schwerer wäre für das Rote Kreuz und die Kirchen, damit einen Teil ihrer Arbeit zu finanzieren.

Aus seiner Hoffnung, dass der Trend zur "schnellen Mode" abebbt, macht Friedrich Scholte-Reh kein Hehl: "Jeder sollte sich selbst fragen, was er wirklich braucht, und wohin das Material geht, wenn man es wegwirft." Manches schon nach wenigen Malen des Tragens.

Das Aus- und Aufräumen in Corona-Zeiten habe übrigens nicht beim Kleiderschrank Halt gemacht, weiß Scholte-Reh: "Wir haben Abfallzuwächse von zehn bis 20 Prozent, und die Leute sind bereit, bis zu einer Dreiviertelstunde in einem der zehn Wertstoff-Höfe im Landkreis zu warten, bis sie an der Reihe sind." Doch der Amtsleiter betont: "Wir können die Entsorgung sicherstellen, denn wir haben sehr gute Verträge. Die Bürger können also ruhig ihre Wertstoffe bringen."