Gegner zeigen bei Aktion mögliche Ausmaße der JVA beim Geißbühlhof. Transparente symbolisieren das klare Nein.
Meßstetten - Die Botschaft ist eindeutig und auf dem Plakat zu lesen, das die Verantwortlichen der Bürgerinitiative "für ein lebenswertes Meßstetten ohne JVA" haben drucken lassen: "kein Gefängnis". Deshalb haben sie am vorgesehenen Standort der Justizvollzugsanstalt eine Aktion gestartet, um die Ausmaße des Baus zu demonstrieren.
Die rot-weißen Absperrbänder an den 20 bis 25 Pfählen flattern mit einem knisternden Geräusch im lauwarmen Wind: Um die Größe des Gefängnisareals und den Eingriff in die Natur zu zeigen, haben fünf bis sechs Helfer der Bürgerinitiative an zwei Tagen etwa zehn bis 15 Stunden darin investiert, das Gelände für die JVA beim Geißbühlhof abzustecken.
"Es ist uns wichtig, den Menschen in Meßstetten zu verdeutlichen, wie weit dieses Gefängnis in die Natur hineingebaut werden soll", sagt BI-Sprecher Tobias Conzelmann. "Wir wollen die Dimensionen klar machen." Die Bürgerinitiative sei angesichts dieses Standortes "völlig erschrocken" gewesen, was das für die Bürger bedeute, sei das Areal doch ein "wichtiges Naherholungsgebiet", dessen Weg von Sportlern und Spaziergängern genutzt werde – mit dem Wildgehege in der Nachbarschaft und mit Loipen, die auch Touristen aus der Region, etwa aus Albstadt, anlockten.
In dem Bereich, der sich außerhalb des bestehenden Zauns der ehemaligen Kaserne befindet, haben die Helfer Pfähle in den Boden gerammt, welche die sechs Meter hohe Gefängnismauer darstellen sollen. Angedeutet mit Plakaten ist zudem der Parkplatz der JVA, der sich laut Plan bis zum Waldrand erstrecken wird. Die "Installation" lockt die Bürger an: "Viele Menschen bleiben stehen und fragen nach", erzählt Conzelmann. "Das Ausmaß erschreckt und schockiert die Menschen, so dass viele möglicherweise ihre bisher positive Haltung gegenüber dem Bau des Gefängnisses überdenken werden. Wir jedenfalls wollen kein Gefängnis auf der grünen Wiese."
Der Bürgerinitiative ist es bei ihrer Aktion wichtig, zu dokumentieren, dass es in Meßstetten nicht nur Bürger gibt, die "Hurra" zum Bau einer JVA schreien, sondern auch Andersdenkende. Sollte das Gefängnis kommen, so ist sich Gerold Huber vom Geißbühlhof sicher, siedelten sich auch keine Firmen mehr auf dem Gelände der früheren Kaserne an. "Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass viele Unternehmen herkommen", meint auch Conzelmann. Das Thema Freigänger will die BI dabei gar nicht so hoch hängen, auch nicht die direkte Nachbarschaft zum Hof der Hubers. Inzwischen folgten dem Anliegen der BI zwischen 170 und 200 Leute, die nicht direkt neben einer möglichen JVA wohnten und dennoch gegen das Vorhaben seien.
"Wir stehen hinter dem Gedanken der Resozialisierung und einer zweiten Chance für Straftäter, aber die Kinder hier in Meßstetten sind anders sozialisiert als die Kinder in einer Großstadt, und die Häftlinge werden auf dem Land anders betrachtet als in einer Großstadt. Es gibt bei uns noch das Heile-Welt-Gefühl und andere Sozialisationsbedingungen, eine solche JVA wäre eine Belastung", betont Conzelmann. Und eine wirkliche Nachnutzung der Kaserne sei das Gefängnis auch nicht, sagt Huber: "Es werden weder die Gebäude noch der Großteil des Geländes genutzt." So sieht Conzelmann die beiden Argumente, die für Meßstetten in die Waagschale geworfen wurden, entkräftet: "Bestehende Einrichtungen werden nicht eingebunden in das Projekt."
Derweil ist die Bevölkerung eingeladen, sich den Komplex anzuschauen und Fragen zu stellen, entweder bei den Ansprechpartnern auf dem Geißbühlhof oder via Internet und E-Mail an die Bürgerinitiative. Etwa zu den Biotopen und zum Wasserschutz- und Landschaftsschutzgebiet. Alexandra Huber denkt dabei an die Zukunftsperspektive für ihre drei Kinder. Die sollen einmal den landwirtschaftlichen Betrieb übernehmen, der seit mittlerweile 40 Jahren besteht. Eine JVA in der Nähe könnte die Entwicklung des Hofes einschränken: "Ich bin als Mutter gegen ein solches Großgefängnis."
Die Pfähle und Plakate werden so lange stehen bleiben, "wie es nötig ist", sagt Huber. Mindestens also die nächsten sechs Wochen werden die rot-weißen Absperrbänder weiter im Wind knistern.