Fahne eingerollt: Generalmajor Robert Löwenstein (links) löste den Einsatzführungsbereich auf und entband Kommandeur Engelmann von seiner Aufgabe. Foto: Holbein

Das "Unfassbare" ist jetzt geschehen: Bunker "Martin" ist nach 50 Jahren abgeschaltet, die Fahnen sind eingeholt.

Meßstetten - Der Hebel ist umgelegt, und die Flaggen sind eingerollt: Gestern endete der Einsatzauftrag des Einsatzführungsbereichs 1 in Meßstetten. Nach 50 Jahren Dienst "für den Frieden" schaltete Kommandeur Oberstleutnant Volker Engelmann den Bunker ab.

Es war "der Tag der Tage", wie es Oberstleutnant Volker Engelmann formulierte, kurz bevor er als "letzter Kommandeur unseres stolzen Verbandes" auf Englisch abschließend ein letztes Mal mit dem Hauptquartier kommunizierte und sich abmeldete. Dabei waren alle militärischen Luftraumüberwachungszentralen zugeschaltet und hörten europaweit mit. Mit dem Abschalten des Bunkers "Martin" fand eine 50-jährige Ära ihren Abschluss, für Engelmann "immer noch unfassbar": "Wir alle hatten gehofft, gefleht und gebetet, dass es nicht uns würde treffen, weil dieser Bunker Martin eben so besonders ist in Größe und Beschaffenheit. Am Ende hat es nichts genützt."

So leiteten die Soldaten an diesem Morgen den letzten Einsatzflugbetrieb im Bunker, auch wenn das Vorbeifliegen der Eurofighters und Tornados vor dem Bunker "Martin" wegen der tiefhängenden Wolken nicht klappte. Dann traten sie zum Flaggenappell vor der Einrichtung an, holten die NATO-Flagge ein zu den Trompetenklängen des katholischen Militärpfarrers Andreas Vogelmaier und übergaben sie an das vorgesetzte Einsatzkommando aus Uedem in Person des Generalleutnants Joachim Wundrak.

"Bundeswehr hat ein Arbeitspferd außer Dienst gestellt"

"Sie haben sich auch dem NATO-Verbund abgemeldet. Meldungen mit dem Rufzeichen ›Sweet Apple‹ aus dem Bunker ›Martin‹ gehören damit der Vergangenheit an. Die Bundeswehr hat ein Arbeitspferd außer Dienst gestellt", sagte der Generalleutnant. So gebe die Bundeswehr eine "beeindruckende Anlage" auf, die 50 Jahre rund um die Uhr zur Sicherheit der Menschen in Deutschland und Europa beigetragen habe, nun aber nicht mehr benötigt werde. Der letzte Biss in den süßen Apfel sei deshalb eine sinnige Konsequenz, wenn auch für Meßstetten ein tiefer und schmerzlicher Einschnitt.

Das zeigte sich auch nachmittags beim Auflösungsappell, bei dem Engelmann und Generalmajor Robert Löwenstein, stellvertretender Kommandeur des Kommandos Einsatzverbände der Luftwaffe, die Fahne des Verbandes einrollten und Engelmann von seinem Kommando entbunden wurde. Diesmal gelang es, dass zwei Eurofighter und ein französischer Alpha-Jet am Appell-Platz vorbei flogen, wo Generalmajor Löwenstein den Einsatzführungsbereich 1 mit Wirkung zum 31. Dezember auflöste: "mit Wehmut". Er verhehlte dabei nicht, dass die Neuausrichtung der Bundeswehr Kraft koste. Es werde nicht ausbleiben, "dass wir den Verlust des Control and Reporting Center ›Sweet Apple‹ nachhaltig spüren werden". Der Stadt Meßstetten wünschte der Kommandeur der bodengebundenen Verbände, dass sie die Folgen der Auflösung löst. Der Generalmajor forderte dazu auf, sich weiterhin in Meßstetten an die Luftwaffe zu erinnern. "Nun ist es vorbei", sagte Engelmann. Jetzt drehe sich hier am Geißbühl alles nur noch um das Abwickeln des Restbetriebes, ums Aus- und Wegräumen. Und für viele beginne ein neuer Lebensabschnitt mit tiefgreifenden Veränderungen.

Abschied von einem "sehr erfolgreichen Verband der Bundeswehr" nahm beim Empfang im Albcasino auch Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall. Das Auflösen des Verbandes sei besonders bedauerlich, betonte Gall, der die militärische Begründung, warum der Standort Meßstetten aufgegeben wird, nicht vollständig nachvollziehen kann. Schweren Herzens nehme die Kommune Abschied von einer Tradition, das sei ein herber Verlust: "Die Bürger werden die Garnison in Meßstetten vermissen." Der Tag, so Bürgermeister Lothar Mennig, gehe in die Geschichte Meßstettens ein. "Die Bundeswehr hatte erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Stadt; sie war eine feste Größe im Gemeinwesen und ein wichtiger Arbeit- und Auftraggeber." Der Abzug stoße auf Unverständnis. Eine sinnvolle Nachnutzung der Zollernalb-Kaserne stehe noch in den Sternen.

Auch die Patenschaftsverbände aus Frankreich und Österreich waren mit Delegationen vor Ort. Diese guten Beziehungen wollen die Verantwortlichen "hinüber retten". Der Einsatzführungsbereich 2 übernimmt. Dafür gab es Urkunden.