Flüchtlinge: Unbegleitete Minderjährige aus "Waldhorn" spielen bei Theaterproduktion des Gymnasiums mit
Von Christoph Holbein
Im Rahmen des Darstellenden Spiels bringt der gesamte achte Jahrgang des Gymnasiums Meßstetten das Theater-Projekt "Momo" auf die Bühne. Das Besondere daran: Zu den Darstellern zählen auch jugendliche Flüchtlinge aus Syrien.
Meßstetten. Hussein sitzt auf dem Aulastuhl, schaut dem Geschehen auf der Bühne zu und wartet auf seinen Einsatz. Zusammen mit dem 14-jährigen Isam – beide aus Syrien – spielt er mit beim Theaterprojekt "Momo", dass die achten Klassen des Meßstetter Gymnasiums realisieren. Die Beiden sind jugendliche Flüchtlinge, die minderjährig ohne erwachsene Begleitung nach Deutschland gekommen sind und derzeit in der Wohngruppe im "Waldhorn" leben.
"Es ist gut hier", sagt der 13-jährige Junge, der ein bisschen Deutsch kann, wenn er auch noch nicht mit den deutschen Schülern gesprochen hat, und interessiert das wilde Durcheinander des Probenchaos beobachtet. "Das hier ist eine Möglichkeit, Kontakte zu gleichaltrigen deutschen Kindern zu finden", erläutert Daniel Schoy, der als pädagogische Kraft im "Waldhorn" arbeitet: "Das Projekt ist deshalb eine sehr gute Sache."
Hussein und Isam freuen sich, dass sie dabei sein und mitspielen dürfen. In Syrien hatten sie noch nie Theater gespielt. Bei "Momo" sollen sie in zwei Szenen auftreten: Zum Schluss verteilen sie Blumen im Publikum und bei einer Demonstration wirken sie mit. Das Gymnasium war auf das "Waldhorn" zugekommen mit dem Anliegen, jugendliche Flüchtlinge in das Projekt zu integrieren. "Die Jungs waren gleich begeistert", erzählt Schoy.
Dass Jugendliche aus Syrien mitspielen, nennt auch der 14-jährige Marcel "gut". Die 15-jährige Neslihan, die im Wechsel "Momo" verkörpert, pflichtet ihm bei: "Das ist cool, das ist was Neues. Mal schauen, was daraus wird. Ich bin neugierig." Das sieht auch der 14-jährige Marco so: "Integration ist wichtig." Die 14-jährige Lea, die alternierend ebenfalls "Momo" spielt, ist da nicht ganz so euphorisch: "Das ist ganz ok, aber die verstehen ja nichts." So empfindet sie die Begegnung als etwas "seltsam". Die jungen Syrer ihrerseits haben ein bisschen Bammel davor, aber auch den Wunsch, mit den deutschen Jugendlichen zu sprechen.
Hussein möchte in Deutschland bleiben und später hier Medizin studieren. Deshalb ist sein Ziel, die Schule gut zu absolvieren. Auch Isam will weiter in Deutschland leben. Seine Leidenschaft ist die arabische Musik, zu der er singt. "Vielleicht mache ich später Musik", sagt er. Dann ist es so weit, die Szene mit den Beiden ist an der Reihe. Mit den anderen Schülern gehen sie auf die Bühne. Jeder wird bei der Aufführung fünf Blumen in die Hand bekommen und diese dann im Publikum verteilen.
"Aus diesen Kontakten zu den jugendlichen Flüchtlingen soll etwas erwachsen", hofft Lehrer Klaus Hertel, der die Theatergruppe leitet. So gibt Johannes Herre einen Sprachkurs in der Landeserstaufnahmestelle für Asylbewerber (Lea), wollen die Verantwortlichen zudem versuchen, noch kurzfristig ein paar weitere Flüchtlinge für das Projekt dazu zu gewinnen. Und mit den Erzieherinnen im Kindergarten der Lea stehen sie in Verbindung, dass auch noch ein paar Kinder mitwirken.
Hertel hat den Vorbehalt und die Scheu bei den Schülern gespürt, im Begegnungszentrum der Lea zu spielen. Eine Führung in der Einrichtung "hat das etwas abgebaut". So hofft er, dass zumindest ansatzweise Akzeptanz geschaffen wurde und etwas Verständnis. Allzu hohe Erwartungen hat er allerdings nicht: "Es sind ja nur kurzfristige Kontakte möglich." Ein positives Ergebnis wird das Theaterprojekt aber auf jeden Fall haben: Der Erlös geht an Bianca Nufer aus Obernheim, die sich mit einem multiresistenten Keim infiziert hat.