Im Amtsgericht Hechingen standen zwei Angeklagte vor Gericht. Foto: Maier

Drei Tatverdächtige, aber vorerst nur zwei Angeklagte: Wer der mysteriöse Dritte war, der am 29. Februar kurz nach einer Uhr morgens an einer Messerstecherei beteiligt gewesen sein soll, ist nicht bekannt. Ein 20-Jähriger, derzeit in U-Haft, und ein 38-Jähriger stehen nun vor Gericht.

Hechingen/Albstadt - Dem 20-jährigen polnischen Staatsangehörigen wird gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt. Darüber hinaus soll er zwei Frauen – beide Italienerinnen, beide Ex-Freundinnen des Angeklagten – mit Sprachnachrichten unter anderem als "Hurentöchter", "Nutten" und "ekelhafte Fotzen" beleidigt und mit dem Tod bedroht haben. Stimmt, räumt der junge Mann vor dem Amtsgericht Hechingen ein. Er sei von den Frauen immer wieder "provoziert" worden.

Später entschuldigt er sich bei der 24-jährigen, mit der er vier Jahre lang befreundet gewesen war: "Ich habe es nicht so gemeint, ich war in jener Zeit anders." Damit nicht genug: Mit einer Bekannten – die Freundin des mitangeklagten 38-Jährigen – und einem Kumpel war er zur Wohnung der Frau gefahren, um "ein paar Sachen zu holen". Weil sie dort seit dem Tod ihres Vaters nicht mehr wohnte und das Türschloss ausgetauscht worden war, hatten sie bei einem Nachbarn geklingelt und ihn gebeten, aufzuschließen.

Angeklagter und Zeugen sagen Unterschiedliches aus

Was dann geschah, wurde vom Angeklagten und von den einzelnen Zeugen unterschiedlich geschildert. Der 48-jährige Mann habe ihnen "mit einem Stock in der Hand" geöffnet und sie bedroht, sagte der Angeklagte: "Er war aggressiv." Er selbst sei kampfsporterfahren, habe dem anderen den Stock weggenommen und ihn zu Boden gedrückt, "damit er sich beruhigt".

Während sein Kumpel den Liegenden bewachte, seien er und die Frau in deren Wohnung gegangen und hätten geholt, was sie brauchte. Schulsachen, sagte er. Babysachen für ihr neugeborenes Kind, sagte die Frau später im Zeugenstand. Den Ring ihres verstorbenen Vaters, heißt es in der Anklageschrift.

Die schwarze Pistole am Kopf

Der 20-Jährige habe ihm eine "schwarze Pistole" an den Kopf gehalten, schildert der 48-jährige Arbeitslose den Vorfall. "Ich hatte Angst, dass er abdrückt." Was immer sie gesucht haben: Der 48-Jährige trug bei der Aktion Prellungen davon, musste Schmerzmittel nehmen.

Am schwerwiegendsten war jedoch die Aktion vor dem "Trödler": Mit zwei weiteren Männern – den unbekannten Dritten beschreibt ein Zeuge als "älteren Mann" – war der 20-Jährige nach Mitternacht in der Stadt unterwegs, und vor dem Gasthaus kam es zu einer Auseinandersetzung, bei der ein 19-jähriger mit einem Messer schwer verletzt wurde: Zwei Arterien und ein Nerv wurden durchtrennt, in der Uniklinik in Tübingen wurde der junge Mann notoperiert, musste monatelang eine Schiene tragen, das bevorstehende schriftliche Abi war versaut.

Angerempelt und attackiert

Er sei, erzählt er im Zeugenstand, mit mehreren Schulkameraden von einer Geburtstagsparty gekommen. Vor dem Gasthaus habe er mit einem Kumpel eine geraucht, dann sei der Kumpel von dem Trio angerempelt und attackiert worden. Er sei dazwischen gegangen, ein Messer wurde gezückt, und was danach passiert sei, wisse er nicht mehr. Er sei erst im Rettungswagen wieder aufgewacht.

Gedächtnislücken hat auch der 20-Jährige: Er sei "besoffen" gewesen, zu dritt habe man zwei Flaschen Wodka getrunken. Er wisse nicht mehr, was passiert sei, sei "irgendwann halb nackt daheim auf dem Tisch erwacht". Er habe das Blut an seiner Hose gesehen und gewusst, dass etwas geschehen war. Ein Einhand-Messer? Habe er nicht. Eine Pistole? Schon gar nicht. Drogen? Keine Ahnung.

Cannabis im Rucksack

Die Polizeibeamten, die den jungen Mann gefilzt hatten, schildern es anders: In dessen Rucksack sei Cannabis gefunden worden, im Obergeschoss seiner Wohnung auch. Zudem ein Messer und eine Axt. Die, konterte der Angeklagte, hätten nicht ihm, sondern einem Kumpel gehört. Er habe sie nur ausgeliehen. Und der Kumpel habe gesagt, dass er "etwas rauchen" wolle. "Da hab ich ihm halt was besorgt." Die Axt? "Zum Holzspalten", sagt der Polizist, "hatte er sie sicher nicht."

Was die Pistole angeht: Die war bei den Durchsuchungen nicht gefunden worden. Fotos auf dem Handy des Angeklagten zeigen ihn mit einem Schulterholster, wie die Polizei es hat. Zur möglichen Tatbeteiligung des Mitangeklagten, der am ersten Verhandlungstag von keinem Zeugen eindeutig identifiziert oder gar belastet worden ist, sollen weitere Zeugen gehört werden. Dann sollen auch der Gutachter und die Jugendhilfe zu Wort kommen. Dazu hat Richterin Laub einen weiteren Verhandlungstermin angesetzt: Dienstag, 19. Juli, 9 Uhr.