Der Airbus 340 der Luftwaffe auf dem militärischen Teil des Flughafens in Berlin-Tegel. Mit ihm ist Bundeskanzlerin Merkel zu einem Kurzbesuch in die USA gejettet. Foto: dpa

Unterwegs in heikler Mission - Es ist der erste Besuch der Kanzlerin in Washington nach Bekanntwerden der NSA-Affäre. Im Mittelpunkt steht die Ukraine-Krise. Doch beim Spionagethema geht es um die Zwischentöne zwischen Merkel und Obama.

Unterwegs in heikler Mission - Es ist der erste Besuch der Kanzlerin in Washington nach Bekanntwerden der NSA-Affäre. Im Mittelpunkt steht die Ukraine-Krise. Doch beim Spionagethema geht es um die Zwischentöne zwischen Merkel und Obama.

Berlin/Washington - Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geht knapp ein Jahr nach Beginn der NSA-Spionageaffäre mit Gesten des Guten Willens in ihre Gespräche mit US-Präsident Barack Obama. Die Bundesregierung lehnt eine Vernehmung des US-Enthüllers Edward Snowden im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages aus politischen und rechtlichen Gründen ab. Andernfalls wäre mit schweren und dauerhaften Belastungen des Verhältnisses zu den USA zu rechnen. Das geht aus dem Entwurf einer Stellungnahme der Regierung für den NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags hervor. Eine Vernehmung Snowdens im Asyl in Moskau wäre aber möglich. Die Kanzlerin flog am Nachmittag zu ihrem zweitägigen Arbeitsbesuch in die USA ab. An diesem Freitag gibt es ein rund vierstündiges Treffen mit Obama. Merkel wurde von Forderungen aus ihrer Partei begleitet, einen Schlussstrich unter die NSA-Affäre zu ziehen. Sie ist allerdings selbst betroffen - die NSA hatte bis 2013 auch ihr Handy abgehört. Die US-Regierung hat weitreichende deutsche Vorschläge für Konsequenzen aus der Affäre bislang zurückgewiesen.

Zunächst hatten die „Bild am Sonntag“ sowie der NDR, WDR und die „Süddeutsche Zeitung“ über den Entwurf der Stellungnahme zur Snowden-Vernehmung berichtet. Nach dpa-Informationen soll das Papier lediglich noch in kleinen Details überarbeitet werden. Die Stellungnahme wird dem Ausschuss an diesem Freitag zugeleitet.

In der Bundesregierung waren seit längerem erhebliche Belastungen des Verhältnisses zu Washington befürchtet worden, würde Snowden etwa freies Geleit nach Deutschland erhalten und hier um Asyl bitten. Die USA suchen Snowden per Haftbefehl, derzeit ist er im russischen Asyl. Kann die Kanzlerin Obama signalisieren, dass Snowden nicht nach Deutschland kommen soll, dürfte das die Beziehungen entspannen.

Grünen-Chefin: Merkel zeigt Feigheit vor USA

Grünen-Chefin Simone Peter sagte „sueddeutsche.de“ zum Nein einer Vernehmung in Deutschland: „Merkel zeigt Feigheit vor dem Freund USA.“ Grünen-Ausschussmitglied Hans-Christian Ströbele pochte im dpa-Gespräch auf eine Vernehmung in Deutschland: „Wenn sich die Bundesregierung verweigert, wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden müssen.“ Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte die Kanzlerin auf, gegenüber Obama „Klartext zu reden und keine Konflikte zu scheuen“. Man werde es ihr auch nicht durchgehen lassen, eine Vorladung Snowdens kategorisch auszuschließen. Linken-Chef Bernd Riexinger verlangte im „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Online), Merkel müsse substanzielle Ergebnisse mitbringen. „Es muss verbindliche Zusagen für das Ende der Ausspähung deutscher Bürger geben.“

Der Unions-Innenpolitiker Stephan Mayer (CSU) sagte der dpa: „Die Strategie der Opposition ist durchsichtig, den Erwartungsdruck auf die Bundeskanzlerin vollkommen zu überhöhen.“ Merkel werde im Gespräch mit Obama „deutliche Worte zur NSA-Affäre finden“.

Die Regierung argumentiert laut „Bild am Sonntag“, die USA seien ein Rechtsstaat, es gebe dort einen Haftbefehl gegen Snowden, zudem bestehe ein Auslieferungsabkommen. Auch Schutz durch Asyl komme nicht infrage, weil der Amerikaner juristisch betrachtet kein politisch Verfolgter sei, sondern ein Straftäter. NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ berichten, im 27-seitigen Entwurf heiße es, eine Vernehmung Snowdens in Deutschland würde die außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik erheblich gefährden. Es wäre „sehr wahrscheinlich mit schweren und dauerhaften Belastungen des Verhältnisses zu den Vereinigten Staaten von Amerika zu rechnen“.

Der CDU-Wirtschaftsrat forderte Merkel auf, einen Schlussstrich unter die Verstimmungen wegen der NSA-Affäre zu ziehen. „Wir müssen das NSA-Thema emotional ausräumen“, sagte Verbandspräsident Kurt Lauk der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Ich war da immer realistisch: Jeder spioniert gegen jeden - auch in der westlichen Welt. Die Wirtschaft hat darunter nicht nachhaltig gelitten. Sie ist gewachsen. Das Vertrauensverhältnis ist da.“

Merkel und Obama wollen in Washington auch in der Ukraine-Krise Einigkeit demonstrieren. Merkel will zudem in einer Rede vor der US-Handelskammer für das Freihandelsabkommen werben. Bei einem Treffen mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds IWF, Christine Lagarde, zum Abschluss des Besuches dürfte es auch um die russischen Milliarden-Forderungen für Gaslieferungen gehen. Der IWF hatte am Mittwoch (Ortszeit) Hilfen in Höhe von 17 Milliarden Dollar (12,3 Milliarden Euro) für zwei Jahre für die Ukraine freigegeben.