Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Foto: dpa

Die Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank spülen neues Geld in Europas Märkte. Bundeskanzlerin Merkel warnt vor zu großer Euphorie über den Geldsegen und ruft zu Reformen und Sparprogrammen auf.

Davos - Ungeachtet der Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) zu milliardenschweren Anleihenkäufen bleibt Deutschland bei seinem Spar- und Reformkurs. Das betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor Top-Managern und Spitzenpolitikern beim Weltwirtschaftsforum in Davos.

"Ich lege Wert darauf, dass wir unser Feld eher noch entschiedener bestellen, als dass wir uns darauf verlassen, dass das Zeitkaufen durch andere Maßnahmen uns irgendwie von dem Thema Strukturreformen befreien wird."

Anleihekäufe - das spricht dafür, das dagegen

Merkel rief Europa zugleich zu entschlossenen Strukturreformen auf. "Jetzt ist die Zeit, die Haushalte auch durch die niedrigen Zinsen auf Staatsanleihen zu konsolidieren", sagte sie. "Wer jetzt nicht mit seinem Haushalt auskommt, bei dem weiß ich nicht, was passiert, wenn die Zinsen mal wieder ganz normale Werte annehmen."

Merkel warnt vor Blauäugigkeit

Es wundere sie nicht, sagte Merkel, dass es bei der EZB "kontroverse Diskussionen" über die Anleihenkäufe gegeben habe. "Denn die Welt ist jetzt ja relativ gut versorgt mit Liquidität." Dies habe dazu geführt, dass die realen Leistungsunterschiede verwischt wurden und nicht mehr klar zu erkennen sei, ob einzelne Länder ausreichend wettbewerbsfähig sind. "Man darf sich aber eines Tages nicht wundern, wenn es wieder sichtbar wird."

Die Regierungschefin lobte, dass Italien anspruchsvolle Reformen in Angriff genommen habe. Frankreich sei inzwischen auf dem richtigen Weg, was "sehr, sehr wichtig" sei. Zur am Sonntag bevorstehenden Wahl in Griechenland sagte Merkel, die übergroße Mehrheit der Bevölkerung wolle im Euroraum bleiben. "Dazu gehören zwei Dinge - die Bereitschaft zur Solidarität, die wir auch weiter zeigen werden, gekoppelt mit der Bereitschaft zur Eigenverantwortung, von der ich ganz sicher bin, dass Griechenland sie weiter zeigen wird."

Gabriel ruft EU-Länder zu Reformen auf

Zuvor hatte auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) Europa zu entschlossenen Reformanstrengungen aufgerufen. "Ich glaube, dass die europäische Politik insgesamt der Europäischen Zentralbank die Aufgabe, Wachstum und Beschäftigung zu stimulieren, nicht allein überlassen darf", sagte er bei einer Podiumsdiskussion des Weltwirtschaftsforums mit europäischen Spitzenpolitikern.

Die Bundesregierung sei der Überzeugung, dass das Programm der EU-Kommission für Milliarden-Investitionen eine Chance bietet, Strukturreformen und Wachstumsinitiativen miteinander zu verbinden. "Es ist allerdings wichtig, dass die Strukturreformen auch tatsächlich stattfinden."

Während die EZB-Anleihenkäufe nach Ansicht von Finanzexperten zur weiteren Schwächung des Eurokurses führen dürften, wurde dem US-Dollar in Davos ein anhaltender Aufwärtstrend prophezeit. Die Chefin der Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, rechnet bereits für diesen Sommer mit einer Zinswende in den USA. "Wir erwarten, dass es eher in der Mitte des Jahres als am Ende passieren wird", sagte sie.

Dass die US-Notenbank Fed erstmals seit der Finanzkrise wieder die Leitzinsen erhöhen werde, sei eine gute Nachricht. Es zeige, dass sich die US-Wirtschaft weiter erhole und an Stärke gewinne.

Dagegen warnte der Präsident der Investmentbank Goldman Sachs, Gary Cohn, vor einer Zinserhöhung in den USA zu einer Zeit, da in anderen Regionen der Welt die Geldpolitik noch weiter gelockert wird. "Schon jetzt hat der US-Dollar deutlich an Wert gewonnen und er wird nur noch stärker werden." Das könne der US-Wirtschaft einen schweren Schlag versetzen.